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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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letzten Sommer zum Eklat?«
    »Waren Sie bei ihr? Dann wissen Sie doch Bescheid. Sie ist dement. Und ich habe im August die Rolle bekommen. Das war viel Arbeit. Ich musste doch … ich muss doch auch einmal leben. Einmal
ich
sein und Erfolg haben dürfen!«
    »Wie stehen Sie zu Frau Berger?« Das Thema Erfolg würde sich sicher klären lassen.
    »Sie ist eine Freundin. Wir kennen uns, seit ich meinen ersten Aushilfsjob hier am Theater hatte. Sie war schon fest im Ensemble. Wir haben uns gut verstanden. Und« – er stützte sich von hinten auf das Kreuz – »sie kannte Annika. Darauf wollen Sie doch hinaus, oder? Sie wurde von Krenz damals mindestens dreimal befragt. Wollen Sie sie jetzt wieder belästigen?«
    »Sie empfinden es als Belästigung, nach Ihren Kindern zu suchen?«
    Polternd kam Assmann hinter dem Kreuz hervor und stellte sich direkt vor Ehrlinspiel. Die Männer fixierten sich wie zwei Tiger vor dem Kampf. »Ich lasse einen Vaterschaftstest machen.« Er rief zu Ehrlinspiels Kollegen hinunter: »Geben Sie mir mein Handy. Ich rufe meinen Hausarzt an. Und bis ich irgendetwas sicher weiß, ignoriere ich diesen Scheiß!«
    »Ein Vaterschaftstest ist nicht so einfach, wie Sie sich das vielleicht vorstellen.«
    »Ach nein?«
    »Marius ist achtzehn Jahre alt. Er müsste zustimmen. Das ist seit 2007 so geregelt. Und selbst wenn er das täte: Das Ergebnis dauert mehrere Tage.« Es sei denn, dachte er, die Polizei gibt den Test in Auftrag und macht dem Labor Dampf. Was bereits passiert war. Noch auf der Fahrt aus dem Tunnel heraus und zum Treffen mit dem Hundeführer hatte er Lorena Stein, die Oberstaatsanwältin, angerufen und ihr Okay erhalten. Jo hatte die Proben im Haus genommen. Ohne Wissen der Eltern. Der berühmte Trick mit dem Badezimmer, den Ehrlinspiel in Fernsehserien zwar hasste, der aber durchaus Realität sein konnte. Die Haarproben waren bereits im Institut für Rechtsmedizin, das die Vaterschaftstests durchführte. Bis die DNA -Zellen aus dem Speichel und den Haaren der vier Familienmitglieder gereinigt und verglichen wären, würde es bis zu achtundvierzig Stunden dauern. Zu lange für die Kinder.
    »Und was nun?« Assmann starrte in die Ferne.
    »Sie müssen mit uns zusammenarbeiten. Die Hundertschaft hat den Sternwald durchkämmt. Nichts. Aber ein Spezialhund konnte die Spur aufnehmen.«
    »Spur? Wohin?«
    »Zu einem kleinen Parkplatz nahe der Straßenbahn-Haltestelle.«
    »Verdammt!« Sein Kopf sank auf seine Brust zwischen die Schöße des Umhanges. Ein Bild des Elends.
    »Lassen Sie uns zu Ihrer Frau fahren.«
    In dem Moment ging die graue Tür auf, und Assmanns Kollegen kamen auf die Bühne zurück. »Geht’s weiter?«, fragte einer und grinste. »Assmann, Kattastroffe«, ahmte ein anderer den kleinen Pjotr, der vermutlich der Regisseur war, nach.
    »Ich muss jetzt proben!«, sagte Assmann zu dem Kommissar. »Und Sie gehen besser. Die Generalprobe darf nicht unterbrochen werden.«
    »Wie Sie meinen«, sagte Ehrlinspiel und stieg die Stufen in den Zuschauerraum hinunter. Dort setzte er sich vorn in die Mitte und schlug die Beine übereinander. Er hatte den
Faust
ohnehin noch nie im Theater gesehen.

    Zwei Stunden später folgten Ehrlinspiel und Freitag Assmann durch die Tür an der Bühnenseite. Assmanns Handy hatte der Kommissar an sich genommen. Bisher war keine neue Nachricht eingegangen, auch war Rebeccas Mobiltelefon nicht mehr eingeloggt gewesen.
    Sie liefen durch einen Gang, der mit grauem Linoleum belegt war. Grüne Blechspinde standen an Betonwänden, Sandalen, Stiefel und altmodische Pumps reihten sich an der Wand entlang. Kleine Safes mit gelben Türchen zeugten davon, dass auch unter Kollegen Ehrlichkeit nicht an erster Stelle stand. Es roch fast wie in der Schule – nach Staub und essighaltigem Putzmittel. Anders als dort aber erfüllte kein Stimmengewirr die Szene. Im Gegenteil: Die anderen Schauspieler, die nach der Probe ebenfalls in ihre Garderoben wollten, gingen leise oder standen einfach nur da und beobachteten Assmann und die Polizisten. Niemand sprach mit dem Faust-Darsteller. Nur vereinzelt tuschelten sie untereinander, verschwanden dann hinter Türen mit Strukturglasfenstern. Vor der letzten Tür blieb Assmann stehen. »Ich werde nicht nach Hause gehen.«
    Sie traten in das Zimmer. Ehrlinspiel schluckte. Theater war für ihn Glanz und buntes Leben. Hier aber war nichts von Glitzer und Applaus zu spüren. Die Wände waren mit zerschrammten Holzpaneelen verkleidet,

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