Zeit der Gespenster
mess- und überprüfbar ist, doch nichts ist, an das wir vorbehaltlos glauben sollten. Ohne mir in diesem Buch über die Eugenik oder die Abenaki ein Urteil anmaßen zu wollen, glaube ich, dass die Menschen es einfach verdienen zu wissen, was geschehen ist … auch wenn es in eine fiktionale Erzählung verpackt wurde.
Wie konnte Vermont dieses Eugenik Projekt so lange geheim halten? Gab es vergleichbare Projekte in anderes Teilen des Landes?
Ich würde nicht sagen, dass Vermont diese Projekte verheimlicht hat. Ich denke vielmehr, dass sie einfach irgendwie auf der Strecke geblieben sind. Sobald der Geldhahn abgedreht war, gab es niemanden mehr, der für die Sache der Eugenik vor Gericht gegangen wäre. Und ich nehme an, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg ein gewisses Unbehagen gab, beim Gedanken daran, diese Geschehnisse zu diskutieren. Jedenfalls wurden die Listen mit den Stammbäumen der betroffenen Familien und die übrigen Dokumente jahrelang vergessen, bis sie von einem Mann namens Kevin Dann ausgegraben wurden, einem Historiker aus Vermont. Und die traurige Wahrheit ist, dass mehr als die Hälfte der amerikanischen Staaten irgendwann ein Sterilisierungs-Gesetz in ihre Gesetzbücher aufgenommen hatten.
In Vermont hat sich übrigens nie jemand entschuldigt. Und weil das nördliche Neuengland einer dieser Landstriche ist, dessen Bewohner nicht unbedingt dafür bekannt sind, viel herumzukommen, leben die Nachfahren beider Gruppen, sowohl der Fürsprecher der Eugenik-Bewegung wie ihrer Opfer, noch immer in unmittelbarer Nachbarschaft. Einige Familien der Wissenschaftler empfinden sowohl Scham als auch Wut, Wut darüber, dass ihre Verwandten nicht selten als böse und größenwahnsinnig dargestellt werden. Einige Abenaki-Familien haben mit der Sache abgeschlossen, sie sind verbittert und ziehen es vor, keine alten Wunden aufzureißen. Aus diesen und anderen Gründen war es für beide Gruppen einfacher, die Ereignisse unter den sprichwörtlichen Teppich zu kehren, statt sie ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.
Sie haben sich in »Zeit der Gespenster« auch eingehend mit Geisterjagd und paranormalen Erscheinungen beschäftigt. Gibt es wirklich so etwas wie Geisterjagd? Sind Sie tatsächlich auf Geisterjagd gegangen?
Um die Wahrheit zu sagen: Ich dachte ich, ich könne bei dieser Geistersache ein bisschen schummeln, statt die Recherche-Heldin zu sein, die ich sonst immer bin. Doch dann wurde mir klar, dass ich so Gefahr lief, mir von jedem Leser, der schon mal eine Geistererscheinung hatte, anhören zu müssen, dass ich alles falsch verstanden habe, und ich entschloss mich dazu, einen Experten auf dem Gebiet zu suchen, der mir etwas über Geisterjagd erzählen kann. Ich habe im Internet recherchiert und bin auf The Atlantic Paranormal Society (TAPS) gestoßen. Ich schrieb an jedes Gründungsmitglied eine E-Mail. Ich hätte geglaubt, dass es eine Weile dauern würde, jemanden zu finden, der an Geister glaubt – aber innerhalb weniger Stunden hatten mir alle geantwortet. Jason Hawes und Grant Wilson waren gerne bereit mit mir über den Forschungsstand zu übersinnlichen Erscheinungen zu sprechen. Sie machten mir den Vorschlag, sie auf Rhode Island zu besuchen, um sie auf einer Geisterjagd zu begleiten.
Das war eine ganz besonders interessante Erfahrung. Ich meine, einerseits erzähle ich meinen Kindern zu Hause, dass es so etwas wie Geister gar nicht gibt … andererseits mache ich mich schwarz gekleidet, mitten in einer Januarnacht mit einem Grüppchen von Forschern auf den Weg zu einer verlassenen psychiatrischen Anstalt in Neuengland. Das Gebäude war zugenagelt – es war das ehemalige Anstaltsschwimmbad, und ich konnte das leere Becken sehen, der Boden war bedeckt von Blättern und Unrat. Im Hintergrund sah ich etwas, das wie Glühwürmchen aussah – die Forscher erklärten, es seien Streukügelchen oder Energie wechselnde Formen. Später liefen wir über ein Feld auf dem ein Gebäude inklusive der darin untergebrachten Patienten bis auf die Grundmauern abgebrannt war. Ich lief zusammen mit einem »Fühlenden« (jemand, der Geister »fühlen« kann). Die Nacht war extrem kalt und sehr klar, und wir konnten unseren Atem vor uns sehen. Plötzlich stellten sich mir die Nackenhaare auf. Bevor ich das meinem Begleiter gegenüber auch nur erwähnen konnte, zückte er die Digitalkamera und hielt sie zwischen uns nach hinten gerichtet, über unsere Schultern und schoss ein Foto.
Also es ist wichtig daran zu
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