Zeit der Jaeger
wieder, wütend über seinen unterbewussten Versuch, einer einfachen Frage auszuweichen.
»Es ist nichts vorgefallen, das ihr nicht beide verzeihen könntet. Nehmt Surkai und gestattet euren Schwüren, die Jahre des Streits hinwegzuwaschen.«
Petr erstarrte. Seine Wut loderte in einem Inferno auf, das Jesup für diese Frechheit jederzeit zu Asche verbrennen konnte. Aber er konnte nicht darauf reagieren, nicht hier. Die Begegnung mit saKhan Sennet stand bevor, und in seiner wachsenden Gewissheit über Shas Schuld dachte er nicht daran, sich auf diese Diskussion einzulassen. Nicht jetzt.
Er drehte sich abrupt um und setzte den Weg fort. Wie ein Mantra antwortete er Jesup: »Ich hoffe, den saKhan überzeugen zu können, dass Sha eine Gefahr darstellt.«
»Wie?«
Noch mehr Fragen! Eine wütende Zurechtweisung erstarb ihm auf der Zunge. Seine Wut richtete sich gegen ihn selbst, nicht gegen Jesup. Ich weiß nicht, wie ich ihn überzeugen soll.
Bei diesem Gedanken juckte seine Kopfhaut, und der Phantomschmerz in der Schulter loderte heiß auf. Als er die letzte Kreuzung erreichte und sich an den Abstieg zur Dockschleuse zwischen der Ozean der Sterne und der Poseidon machte, hallte der Gedanke durch seinen Kopf wie das Stakkatohämmern von Autokanonengranaten auf Mechpanzerung.
Ich weiß es nicht.
Nach so langer Zeit dort unten - zwischen Sphä-rern - war es eine Erlösung, wieder in das vertraute Gewimmel der Menschheit (seiner Menschheit) einzutauchen.
Petr bewegte sich mit schneller Eleganz. Er schwamm den enormen Hauptkorridor der Poseidon entlang, parallel zum gewaltigen K-F-Triebwerk. Ringsum glitt eine Schule von Menschen vorbei, in einem Regenbogen von Farben und Schemen. Mit Hilfe der Haltegriffe und Kabel - unaufdringlich auf nahezu allen Oberflächen des Ganges in bequemen Abständen platziert - schossen Seefuchsclanner mit erstaunlicher Geschwindigkeit und Eleganz durch die Hauptströmung und Seitenausläufer zu den verschiedenen Decks.
Voraus füllte Hauptgemeinschaft Alpha das ehemalige Frachtdeck Alpha, bis es übervoll war: fast fünfzigtausend Zivilisten. Und vier weitere halb so große Gemeinschaften bewohnten die übrigen ehemaligen Frachträume. Ganz zu schweigen von den Dutzenden von Landungsschiffsgemeinschaften.
Ehrfurcht erweckend.
Wieder drängte sich ihm dieser Begriff auf, als er in den Frachtraum glitt und den von Aktivität wimmelnden Bienenstock erblickte, buchstäblich Tausende Menschen in Bewegung sah. Doch so sehr er sich auch gewünscht hätte, anzuhalten und es auf sich wirken zu lassen, er durfte seine Mission nicht verzögern.
Erstaunlicherweise hatte saKhan Sennet Petr nicht befohlen, ihn auf seinem BefehlsLandungsschiff oder sogar seiner BefehlsKabine aufzusuchen. Stattdessen hatte der saKhan eine Zweitunterkunft in Hauptgemeinschaft Alpha bezogen, und dorthin war Petr nun unterwegs. Sennet hatte erklärt, diese Unterbringung erinnere ihn an seine Verpflichtungen den Zivilkasten gegenüber, aber das hielt Petr nur für vorgeschoben.
Er war schon oft genug auf diesem Schiff gewesen und bewegte sich mit entsprechender Sicherheit. Er wusste die verwirrende Vielfalt der Hinweise zu lesen, die in Form von Symbolen auf allen Wohnblök-ken angebracht waren. Es dauerte nicht lange, bis er den gesuchten Block gefunden hatte, und kurz darauf klopfte er kräftig an die korrekte Luke, während er sich mit der anderen Hand an einer der Stangen zu beiden Seiten des Eingangs festhielt.
Mehrere Sekunden verstrichen, bis die Luke entriegelt wurde und aufschwang. Der sichtbar werdende Kopf allein schien die ganze Öffnung zu füllen.
SaKhan Mikel Sennets Statur war eine Legende für sich. Er war ein Riese von einem Mann, zwei Meter vierzig groß, mit breitem, fahlem Gesicht, schmutzigbraunem Haar und Augen von derselben Farbe. Seine Gegner flüsterten, seine Mutter musste eine Elementarin gewesen sein.
Niemand wagte das lauter als im Flüsterton zu bemerken.
»Herein.« Die tiefe Stimme passte perfekt zu seiner Körpergröße.
Petr glitt durch die Lukenöffnung, als sich Mikel von der Tür entfernte und in einem Stuhl an einem kleinen Tisch zog. Petr schwebte zu dem zweiten Stuhl und setzte sich ebenfalls. Die Statikautomatik beider Sitzgelegenheiten schaltete sich automatisch ein und hielt sie fest. In der Schwerelosigkeit wäre es eine unnütze Angewohnheit gewesen, auf eine Aufforderung, sich zu setzen, zu warten.
Petr sah sich um und fand die spartanische Einrichtung lobenswert.
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