Zeit der Jaeger
nutzte die Bodenhaftung ihrer bloßen Haut und pflanzte den linken Fuß fest auf. Sie schwang die Faust geradewegs in seinen Angriffsweg. Überraschte ihn.
In einem Stakkato von Hieben und Konterhieben trieb sie ihn zurück, indem sie einfach nicht nachließ. Ihn zwang, auf ihre Attacken zu reagieren. Mit einer Finte auf ihren Kopf erreichte Corin eine Hauswand. Sie bewegte sich schräg nach links, glitt leicht nach rechts und fing mit der rechten Brust gezielt einen Fausthieb ab. Sie akzeptierte den Schmerz und blendete ihn aus, wie den Regen, der das Blut aus den Platzwunden auf ihrem Gesicht und den Schürfwunden an ihren Fäusten abwusch. Als Erwiderung hieb sie ihm die Handkante in die Kehle.
Jahre der Übung gestatteten ihr, den Hieb mit einer Präzision anzubringen, die nur wenige schafften. Sie fühlte den Knorpel knirschen und wusste: ihn durchzuckte jetzt gerade der blendende Schmerz einer kurz vor dem Bruch stehenden Luftröhre. Ein Winziges mehr an Druck hätte sie zerquetscht und ihm einen keuchenden, angsterfüllten Tod beschert. Schmerzen loderten in seinen Zügen wie Feuer durch altes Pergament. Er griff sich an den Hals und warf den Kopf in den Nacken, um den Druck zu reduzieren ... dabei rammte er seinen Schädel selbst in die Hauswand, die in seinem Rücken stand.
Wie eine Marionette, deren Fäden man durchtrennt hatte, klappte er zusammen.
Sie atmete flach, da sie wusste: zu tiefe Atemzüge hätten ihren rechten Brustkorb schmerzhaft gedehnt. In ein paar Stunden würde sie einen Bluterguss von Mechformat haben. Sie reckte die rechte Schulter und war überrascht, die alte Verletzung nicht mehr zu spüren. Einen Moment lang saugte sie an den Knöcheln ihrer Faust, dann beugte sie sich über ihn und legte seinen Kopf so, dass die Belastung seiner Luftröhre verringert wurde. Wenn er ihn zu lange gesenkt hielt, würde sie doch noch einknicken.
Sie konnte kaum fassen, wie schwer er war, und brauchte länger, als sie erwartet hätte, bis sie ihn in seinem neuen Zuhause hatte.
Jetzt lag er an den Tisch gefesselt vor ihr. Sie klopfte mehrmals auf die Spritze, um die letzte Luftblase zu entfernen und spritzte das Medikament gekonnt in die Infusionsleitung.
Dann stieg sie mit der trägen Eleganz einer Holter Präriekatze, die sich zum Fressen an ihre Beute schmiegte, auf den Tisch, setzte sich auf seine breite Brust und lachte, als immer noch ein warmes Gefühl in ihr aufstieg, über sich selbst. Dann senkte sie ihr Gesicht wenige Zentimeter über seines. Sie hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, sich abzutrocknen, und Wassertropfen fielen ihr aus dem Haar auf sein Gesicht, sammelten sich in den Augenwinkeln und liefen seine kantigen Züge hinab.
Langsam öffneten sich die benommenen Augen. Sie waren leer. Er begriff nicht, wie entscheidend sich seine Lage verändert hatte. Sie sagte kein Wort, während er sich zurück ins Bewusstsein kämpfte -zumindest so weit ins Bewusstsein, wie sie ihm gestattete. Er versuchte, seine Situation zu erkunden. Sie lächelte langsam, als auf seinem Gesicht Verwirrung und Wut miteinander stritten. Er wusste nicht, wer sie war.
Doch er versuchte etwas zu sagen, aber das ließen die Drogen nicht zu. Nach dem ersten Fehler hatte sie die Dosis erhöht. Noch nicht. Noch ein paar Sekunden tickten vorbei, bis sie wie das Morgenrot an bleiernem Himmel sah, dass er allmählich begriff. Er erkannte sie. Ihr wurde noch wärmer, als sich etwas in diesen leeren Augen regte.
Unter seinen Mitclannern war er sehr gesprächig gewesen - und hier würde er es ebenfalls sein. Schließlich wusste sie ja, dass er so viel zu erzählen hatte.
Jetzt sollte es wirklich lustig werden.
Clan-Seefuchs-Landungsschiff Ozean der Sterne, am Nadirsprungpunkt des Tania-Borealis-Systems Präfektur VII, Republik der Sphäre
10. August 3134
»Was hoffst du zu erreichen, o erhabenster obKhan?«, fragte Jesup, als er wenige Augenblicke vor dem planmäßigen Ende des Bremsschubs das Beobachtungsdeck der Ozean der Sterne betrat.
Haben wir dieses Gespräch seit dem Aufbruch von Adhafera nicht schon ein halbes Dutzend Mal geführt? Diesmal konnte Jesups Sarkasmus seine Verärgerung nicht verringern. Petr strich sich mit der Hand über die vernarbte Kopfhaut. Fühlte die entstellte Haut, die sich nicht mehr verändern würde, außer wenn sie im Alter noch faltiger wurde. Verzog das Gesicht beim Gedanken ans Altern. Spürte das Stechen in der Schulter - ein Schatten früherer Schmerzen. Er antwortete
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