Zeit der Jaeger
bist.
Die Worte stiegen aus den Tiefen seines Unterbewusstseins auf. Er weigerte sich, sie zu beachten, sich damit jetzt auseinander zu setzen. Falls es stimmte, hatte er später immer noch Zeit, sie zu über denken und seine Beziehungen zu analysieren. »Sha und ich sind einander in tiefem Hass verbunden, aber ich weiß sehr wohl, dass sich das nicht auf den Rest unserer Aimags erstreckt. Du magst glauben, mir wäre das nicht bewusst, aber da irrst du dich. Ich weiß, dass die unteren Kasten frei miteinander umgehen, und ich bin ziemlich sicher, dass für viele unserer Krieger dasselbe gilt. Ich möchte, dass du ein paar diskrete Nachforschungen anstellst.«
»Und welche geheime Mission, o großmächtiger obKhan, hast du für mich vorgesehen?«
Die Verärgerung, die Jesups Sarkasmus in ihm auslöste, wirkte vertraut und behaglich, beinahe sogar angenehm. Die Stimme in seinem Innern lachte bei der Vorstellung, dass er Jesups Respektlosigkeit vermissen würde, wäre er gezwungen, auf ihn zu verzichten. Er schluckte, um den Staubgeschmack von der offenen Fahrt aus dem Mund zu bekommen. »ObKhan Sha hat sich insgeheim mit den Jadefalken getroffen.« Eine besonders tiefe Spurrille auf der Fahrbahn ließ den Schweber seitlich abkippen, und Petr übersah den Schock, der über Jesups Züge huschte.
»Was interessiert uns das?«, fragte sein Adjutant. »Es wäre sicher gut zu wissen, welches Geschäft sie ausgehandelt haben, um darauf antworten zu können, aber weshalb beauftragst du mich damit? Diese Information solltest du doch leicht von den unteren Kasten erhalten können, frapos?«
»Neg. Die unteren Kasten wissen nichts davon. Der größte Teil der Krieger weiß es auch nicht. Aus welchem Grund hält er es geheim, vor allem vor seinen eigenen Leuten?« Es behagte Petr nicht, Sha diese Anerkennung zuzugestehen, aber er sprach trotzdem weiter. »Wenn man bedenkt, wie schlecht unsere Verhandlungen hier verlaufen sind, hätte obKhan Sha einen Abschluss mit den Jadefalken durch die Tiefen des Alls posaunt, frapos?«
»Pos«, bestätigte Jesup zögernd. Er schien nachzudenken. Petr zuckte zusammen, als ein besonders abstoßender Käfer so groß wie sein Handteller auf der Windschutzscheibe zerplatzte. An der schmutzabweisenden Beschichtung rutschte das Insekt sofort in Schlieren aus zerborstener violetter Schale und beinahe leuchtend grünen Gedärmen nach unten weg.
»Es könnte ohne jede Bedeutung sein«, bemerkte Jesup schließlich, als Petr das Stadtgebiet erreichte. So früh am Morgen war kaum Verkehr auf den Straßen, und er betrachtete das Risiko eines Unfalls als annehmbar gering. Ohne abzubremsen schoss er mit dem kleinen Schweber durch die Häuserschluchten. Die örtliche Polizei würde es ohnehin nicht wagen, sie anzuhalten.
»Pos. Aber es könnte auch eine gewaltige Bedeutung haben.«
»Woher hast du diese Information?«
»Das braucht dich nicht zu interessieren.« Nicht einmal der loyale Jesup hätte dieser Information die geringste Beachtung geschenkt, obKhan hin, obKhan her, hätte er nur gewusst, von wem Petr sie bekommen hatte. Und hätte Jesup von der seltsamen Beziehung erfahren, die sich zwischen Petr und dieser Snow entwickelte ...
»O gewaltiger obKhan, ich flehe um deine Vergebung, falls ich dich beleidigt haben sollte. Dieses Insekt ist deiner Beachtung nicht würdig.« Der Mann schaffte es tatsächlich, sich trotz der Enge des Schwebers umzudrehen und mehrmals zu verbeugen. Wieder lag Humor in seinen Worten, und Petr wurde warm ums Herz.
Möglicherweise konnte er sich jetzt gestatten, eine Freundschaft aufzubauen, ohne sich um die tieferen Fragen zu kümmern, die ihn bewegten. Zumindest, bis er das Nötige herausgefunden hatte.
»Dann tust du es?«
»Pos, obKhan.«
»Sei vorsichtig - und diskret.«
»Ich bin immer vorsichtig und diskret, obKhan.«
Petr schaute zu Jesup hinüber und blickte in ein breites Grinsen. Vorsicht und Diskretion waren für seinen Adjutanten Fremdworte, das wussten sie beide. Als sie an den letzten Häuserblocks der Innenstadt vorbeibrausten und in der Ferne die DeltaLandungsschiffe in Sicht kamen, machte sich Petr klar, dass er keine Wahl hatte.
Und was noch wichtiger war: Er wusste, dass er sich auf Jesup verlassen konnte. Er verließ sich schon seit Jahren auf ihn, ohne ein Wort der Aner-kennung oder des Lobes. Das entsprach zwar dem Wesen der Clans, denn ein Dienst in dessen Wohl war selbstverständlich, doch plötzlich erkannte er, dass dies nicht alles
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