Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit des Aufbruchs

Zeit des Aufbruchs

Titel: Zeit des Aufbruchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
nicht wirklich. Er hatte einen gefährlichen Stand zwischen den beiden Feinden, die eine Blutfehde trennte, und das wußte er auch. Die Familienehre mochte zwar vertrauenswürdig sein, doch wo zwei solch altehrwürdige Geschlechter betroffen waren, genügte schon ein einziger Hitzkopf in den Reihen der gewöhnlichen Soldaten, um ein furchtbares Massaker in Gang zu setzen. Er benötigte seine ganze Erfahrung, um weiterhin mit fester Stimme zu denen in Hörweite zu sprechen. »Was ist die höchste Pflicht?«
    Jeder Mann, jede Frau und jeder anwesende Krieger antwortete mit dem gleichen Satz: »Dem Kaiserreich zu dienen.«
    Der Herold verschränkte die Arme und bedeutete damit den beiden Parteien näher zu treten. In diesem Augenblick trieb der Butana in einer peitschenden Bö heran, mit einem Geräusch, das wie das Stöhnen eines Klagegesangs klang. Der Herold bemühte sich, diesen Zwischenfall nicht als Omen zu nehmen, und vollendete seine Aufgabe. »Mylady, Mylord, ich werde in einiger Entfernung warten, damit Ihr ungestört verhandeln könnt.«
    Er zog sich in einem Tempo zurück, das die Grenzen des Anstandes strapazierte, und ließ Mara und Tasaio nur etwa zwei Schritt voneinander entfernt zurück.
    Unwillig, sich der Unwürdigkeit zu beugen und gegen den Wind anzuschreien, überließ Mara es Tasaio, das Gespräch zu eröffnen. Wie vorhersehbar begann er nicht mit einer Höflichkeit oder einem Gruß. Seine dünnen Lippen verzogen sich spöttisch in den Mundwinkeln, und im unruhig flackernden Flammenlicht schimmerten seine Augen beinahe wie die eines Sarcats. »Mara, dies ist eine Situation, die ich nicht erwartet hatte.«
    Er hob seine Hand und deutete auf die merkwürdige Umgebung, die wartenden Soldaten und die flatternden Banner. »Ich könnte mein Schwert ziehen und dies jetzt sofort beenden.«
    Mara fühlte sich herausgefordert, seiner Bösartigkeit zu begegnen. »Und den Namen Eures Hauses entehren? Ich glaube nicht, Tasaio.« Ihr Ton war trocken. »Das wäre zuviel« – sie starrte ihn mit dunklen Augen an – »selbst für einen Minwanabi.«
    Tasaio lachte, und der Klang wirkte unerwartet hell vor dem unharmonischen Geräusch des Butana. »Ihr werdet eine Wahrheit anerkennen müssen. Ein Mann mit Format kann ungestraft tun und lassen, was er will, Mara.« Er betrachtete sie unter leicht gesenkten Lidern, die seinen Blick ein wenig verschleierten. »Wir verlieren Zeit. Weswegen seid Ihr hier?«
    »Zum Wohle des Kaiserreiches«, wiederholte Mara. »Ihr bringt Eure Armee und den gesamten Clan Shonshoni nach Kentosani. Ich glaube, Ihr seid gekommen, um Krieg gegen den Kaiser zu führen.«
    Tasaios Haltung verriet Interesse, doch unter dem Anschein von Zivilisiertheit spürte Mara eine beinah körperlich greifbare Welle von Haß. Sie widerstand dem spontanen Instinkt, einen Schritt zurückzutreten, und konnte nur mit Mühe ihre Beherrschung aufrechterhalten. Sie spürte, es war wie bei Hunden, die sich vor einem Kampf gegenseitig umkreisten: Wer immer sich zuerst umdrehte, würde auch den Angriff auslösen.
    »Ihr habt den ganzen Clan Hadama hinter Euch«, erwiderte der Lord der Minwanabi in täuschend lässigem Tonfall. »Doch ich klage Euch nicht an, einen verräterischen Angriff auf das Licht des Himmels vorzubereiten.«
    Mara sprach das Offensichtliche aus: »Ich bin nicht in der Position, nach dem Weiß und Gold zu greifen.«
    Als würde er auf ein Kompliment reagieren, neigte Tasaio den Kopf. Doch seine katzenhaften, argwöhnischen Augen verfolgten jede ihrer Bewegungen, suchten nach einer Blöße.
    Die Lady der Acoma nahm ihren Mut zusammen und fügte noch eine Spitze hinzu: »Hört auf, Euch zu brüsten, Tasaio. Eure Vormachtstellung hat nichts mit einem Verdienst zu tun. Die anderen Anwärter sind verwirrt wegen des Umgangs mit Axantucar.«
    »Gut gesprochen«, zischte Tasaio. Dann lächelte er. »Doch am Ende gewinne ich, warum auch immer.«
    »Nein.« Mara ließ eine kleine Pause entstehen. »Ein Patt könnte unendlich dauern. Und es würde dem Licht des Himmels dienen, denn jede Verzögerung erlaubt ihm, das Kaiserreich unter seine Kontrolle zu bringen. Die Kaiserliche Regierung mag im Schlaf liegen, doch sie ist nicht tot. Im Laufe der Zeit würden sich mehr und mehr Lords dem Zuständigkeitsbereich des kaiserlichen Hofes und der Gouverneure zuwenden, und immer weniger Macht würde im Hohen Rat verbleiben. Sollte Ichindar den kleineren Lords einem nach dem anderen befehlen, seine Kaiserlichen

Weitere Kostenlose Bücher