Zeit des Aufbruchs
eines Sklaven keine große Sache. Die unrechtmäßigen Kinder von Edlen wuchsen oft in ihren eigenen Häusern in hohe Ämter hinein. Doch Kevin würde die Angelegenheit mehr am Herzen liegen als sein eigenes Leben. Nein, der Mann, den sie liebte, durfte es niemals erfahren, und das bedeutete, daß ihre Tage mit ihm gezählt waren.
Die Zofe erschien und trat nach dem ersten Blick auf ihre Herrin rasch näher. »Lady, was kann ich für Euch tun?«
Mara hielt ihr die Hand entgegen. »Hilf mir einfach, damit ich aufstehen kann, ohne daß mir übel wird.« Sie hatte die Bitte in betontem Flüsterton ausgesprochen.
Als die Lady der Acoma auf zittrigen Füßen stand, begriff sie, daß die Schwangerschaft nur zu einem kleinen Teil der Grund war, weshalb es ihr so schlechtging. Sie fühlte sich angespannt wie eine Bogensehne, als würde sie jeden Augenblick zerreißen.
Eines Tages, so hoffte sie, würde Hokanu das Kind in ihrem Bauch als seinen Sohn anerkennen, und er könnte zum Lord der Shinzawai aufsteigen … Daß er – sie rechnete bereits mit einem Jungen – Kevins Sohn war, würde ihre Art sein, dem Barbar endlich die Ehre zukommen zu lassen, die sie ihm, der ihr Herz gewonnen und mehrmals ihr Leben gerettet hatte, schuldete. Sein Geschlecht würde in einem hohen Rang auf der Erde Kelewans weitergeführt, und sein Schatten würde verehrt werden.
Doch Mara wußte, zuerst einmal würde sie dafür sorgen müssen, daß sie die nächsten drei Tage überlebte. Selbst ein mächtiger Lord wie Kamatsu würde seinen Erben nicht an ein Haus mit einem so bedrohlichen Feind wie Tasaio binden. Inzwischen von mehr als nur Bauchkrämpfen blaß geworden, stützte Mara sich auf den hilfreichen Arm ihrer Zofe. Sie mußte einen Plan ausarbeiten, um den Minwanabi den beinahe schon sicheren Sieg zu entreißen. Sie mußte es einfach – als Alternative blieb nur die vollständige Vernichtung ihres Hauses und die Auslöschung ihres Sohnes und des ungeborenen Kindes von Kevin.
Der Sonnenuntergang warf rotes Licht durch die weit geöffneten Läden seines Gemachs. Tasaio von den Minwanabi thronte wie ein Kaiser auf einem Stapel Kissen im größten und stattlichsten Gemach seiner Residenz in der Heiligen Stadt. Im Gegensatz zu den anderen Herrschern, deren Häuser in der Stadt lagen, besaßen die Minwanabi ein großes Herrenhaus auf einem Hügel oberhalb der Stadt, von dem aus er das Herz des kaiserlichen Viertels überblicken konnte. Er blinzelte durch zusammengekniffene Augen auf den Wachwechsel der weiß gerüsteten Wachen am inneren Tor des Palastes und warf kaum einen Blick auf die Nachricht, die sein Erster Berater ihm reichte.
Incomo drängte seinen Herrn mit größtmöglicher Geduld. »Lord, Mara steht nicht weit vom Stadttor entfernt mit ihrer Ehrengarde. Sie wird außerdem von einem kaiserlichen Boten mit Amtsstab begleitet, und der Kaiserliche Friede hegt über der Stadt. Auf Euer Wort wird sie sich zu dem angegebenen Treffpunkt begeben.«
»Es wird sie nicht retten, daß sie den Zeitpunkt bestimmt hat.« Tasaio fuhr mit dem Daumen über sein Kinn, als er den Bewegungen der Wachen in ihren weiß aufblitzenden Rüstungen folgte. »Dieser dumme Junge, der sich selbst Kaiser nennt, kann sich noch ein paar weitere Tage etwas vormachen, doch niemals wird ein Kaiserlicher Friede mich davon abhalten, einen Feind zu vernichten.« Er ließ einen Moment verstreichen. »Wie auch immer, möglicherweise schieben wir unseren Streich besser auf bis zu einem Zeitpunkt und Ort unserer Wahl. Möglicherweise ist es unterhaltsam, sich anzuhören, was die Acoma-Hexe wünscht – damit ich weiß, wie ich sie enttäuschen kann.«
Incomo versteifte sich besorgt. »Mylord, ich wäre nachlässig in meinen Pflichten, wenn ich Euch nicht vor einem solchen Treffen warnen würde. Diese Frau ist gefährlicher als jeder andere Herrscher im Kaiserreich, wie sie mehrmals bewiesen hat.«
Nun wandte Tasaio seine Aufmerksamkeit vom Kaiserlichen Palast ab und brachte den Ersten Berater mit einem Blick zum Schweigen. »Ich habe eine Armee bei mir, Incomo.«
»Aber gewinnt Ihr dadurch auch etwas?« drängte der Erste Berater, der sich nur zu gut daran erinnerte, daß der Onkel seines Herrn unter seinem eigenen Dach gestorben war, obwohl seine gesamte Armee um ihn herum war. »Wenn die Lady der Acoma reden möchte, wird alles, was sie sagt, ihren eigenen Zielen dienen. Ich sehe nicht, wie das den Minwanabi nützen könnte, Mylord.«
Tasaio trommelte mit den
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