Zeit des Aufbruchs
für sein Überleben übernommen. Obwohl sie immer noch keinen blassen Schimmer hatte, was sie tun würde, zog sie es vor auszuweichen, bevor die Zweifel der anderen Lords die Grundfesten der neugeschmiedeten Allianz erschütterten. »Nicht mehr lange, und Tasaio wird nur noch Würmer befehligen, Mylord.«
Blicke flogen zwischen den anderen Lords hin und her. Da eine solch deutliche Aussage nicht in Frage gestellt werden konnte, ohne die Ehre zu berühren, widersprach niemand. Nach einer unangenehmen Minute erhoben sich die Lords des Clans Hadama und verabschiedeten sich von ihrer Clanlady. Alle wußten, daß vor Ablauf der Woche Tasaio in die Stadt marschieren würde, um sich dem Kaiser entgegenzustellen und von ihm zu verlangen, den Hohen Rat mit seiner alten Macht wiedereinzusetzen. Doch wie Mara ihn davon abhalten wollte, entzog sich ihren Vorstellungen; ganz sicher fehlte ihr die militärische Macht, den Lord der Minwanabi im Feld herausfordern zu können. Aber sie besaß einen scharfen Verstand und so viel Ausstrahlung, daß selbst Lord Benshai von den Chekowara es nicht wagte, ihr unter ihrem eigenen Dach zu widersprechen.
Der letzte Lord ging, und Saric kehrte zurück, nachdem er die Herrscher zur Tür gebracht hatte. Er betrat den Garten und war überrascht, seine Lady in Gedanken versunken am Springbrunnen vorzufinden. Inoffiziell in Nacoyas Rolle als Erster Berater fragte er sie leise, ob sie irgendeinen Wunsch hätte.
Mara brauchte etwas Zeit, ehe sie antworten konnte. Das Gesicht, das sie ihm dann zuwandte, war kreidebleich. »Schickt bitte meine Zofe zu mir.«
Der Satz klang ungewöhnlich aus ihrem Mund. Saric war sich bewußt, daß er in mancher Hinsicht niemals in Nacoyas Fußstapfen treten konnte, und er hatte das deutliche Gefühl, daß seine Mistress im Augenblick etwas mehr Verständnis brauchte, als er ihr von seinem Wissen her hätte geben können. So stocherte er ein wenig hilflos weiter herum. »Seid Ihr krank, Lady?«
Mara schien nur mit großer Mühe sprechen zu können. »Nur eine Magenverstimmung. Es wird vorübergehen.«
Doch Saric kannte das Gefühl nackter Angst. Sie sah plötzlich sehr zerbrechlich aus. Er hatte Sorge, daß das Sommerfieber sie erwischt hatte, oder schlimmer noch, daß es jemandem gelungen war, ihr Essen zu vergiften. Der Berater der Acoma machte einen schnellen Schritt auf sie zu.
Seine Besorgnis war groß genug, daß Mara es bemerkte. »Ich werde mich in der nächsten Stunde wieder erholen«, versicherte sie ihm und machte eine abwehrende Geste mit der Hand. »Meine Zofe weiß, was sie tun muß, damit es mir wieder gutgeht.«
Sarics zunächst wachsamer Blick bekam jetzt etwas Prüfendes, und die Lady wich ihm kommentarlos aus. Sie hatte nicht gelogen. Zumindest hatte sie erkannt, daß die Erschöpfung der letzten Tage nicht einfach nur Müdigkeit war; die Magenprobleme am Morgen waren das vertraute Zeichen einer Schwangerschaft. Bei Ayaki hatte sie die ersten neun Wochen das Frühstück nicht bei sich behalten können. Plötzlich fiel ihr ein, daß Saric lange genug Soldat gewesen war, um den Zustand von den dem Heer folgenden Frauen zu kennen, und sie befahl ihm zu gehen, bevor er Zeit hatte, seine Vermutung zu bestätigen. Bis zur Ankunft der Zofe war Mara allein, und sie spürte Traurigkeit in sich aufsteigen. Sie versuchte nicht, ihre Tränen zurückzuhalten, sondern gestattete ihnen freien Lauf, sich bewußt, daß ihre Gefühle durch die Veränderungen in ihrem Körper noch verstärkt wurden. Sie würde sich ihnen jetzt hingeben, während sie über die bittere Wahl nachdachte, denn schon bald würde die Zeit kommen, wenn sie mit … wie hatte Kevin es genannt? Nerven aus Stahl! Ja, sie mußte ihre Seele abhärten. Und als sie an ihren Geliebten dachte, der ruhig in ihren Gemächern auf ihren Ruf wartete, flossen die Tränen ungehindert über ihr Gesicht.
Niemand, erst recht nicht Kevin, durfte erfahren, daß sie ein Kind von ihm erwartete. Es würde ihn in einer Weise an sie binden, die sie niemals lösen könnte, ohne grausam zu sein. An seiner Ergebenheit gegenüber Ayaki erkannte sie, wie sehr er Kinder mochte. Und obwohl sie niemals über das Thema gesprochen hatten, konnte Mara den Wunsch in seinen Augen sehen. Sie wußte, er sehnte sich nach einem eigenen Sohn, einer eigenen Tochter, und sie wußte auch, daß nach den Maßstäben seiner Heimatwelt solche Dinge nicht auf die leichte Schulter genommen wurden. Auf Kelewan war das uneheliche Kind
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