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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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trockenen Brotes, an den er sich erinnern konnte, hatte ihm eine mitleidige Römerin in der Nähe des jüdischen Viertels am Tiberufer in die Hand gedrückt. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, als er sich an den Geschmack erinnerte. Nun wollte er nach Trastevere. Manchmal fielen in den Küchen der Tavernen einige übel riechende, faulige Reste ab. Manchmal sogar die abgenagten Knochen eines Hühnchens oder eines Schweinebeins. Das war nicht viel, aber besser als nichts. Zumindest dann, wenn er schneller war als die streunenden Hunde oder die Ratten.
    Er griff in die Hosentaschen und zeigte dem Mädchen dann seine leeren Hände. Danach berührte er seine Magengegend und machte ein knurrendes Geräusch.
    Giovanna lachte lauthals. Diese Sprache verstand sie. Das da war einer, der hatte noch weniger als sie. Ohne viel Federlesens packte sie Konz bei der Hand. »Komm mit, dich werden wir schon satt bekommen«, kicherte sie und zog ihn mit sich fort.
    So lernten sich Konz Jehle von der Niedermühle und Giovanna, die Hure, kennen. Sie gab ihm zu essen. Er beschützte sie vor allzu rauem Liebeswerben. Während der Stunden am Tage, an denen sie schlief, durchstreifte er weiter die Stadt, schaute hinter alle Türen, die sich ihm öffneten. Doch nie fand er Thomas Leimer. Aber er gab nicht auf. Er wusste, dass der Mann, der ihm die Frau genommen und ihn niedergestochen hatte, nur in Rom sein konnte. Er hatte seinen Weg über die alte Handelsstraße durch alle Herbergen auf dem Weg nach Rom verfolgt, wie ein Hund, immer auf seiner Fährte. Thomas Leimer war ihm um Wochen voraus. Erst nachdem der Frühling die Pfade wieder einigermaßen vom Schnee freigeräumt hatte, konnte er ihm folgen. Doch Leimer hatte Spuren hinterlassen, Erinnerungen in den Köpfen der Menschen. Ein Mann wie er blieb nicht unbemerkt. Dieser charmante, zuvorkommende Mönch Benediktus, von dem die Schankmägde in einigen Herbergen schwärmten, das konnte niemand anders als Thomas Leimer sein, da war sich Konz Jehle sicher. Er würde ihn finden!
    Der Mann vom Rhein lernte die ewige Stadt am Tiber gut kennen bei seinen Streifzügen. Und mit der Zeit konnte er sich auch verständigen. In einfachen Worten zwar, aber es ging. So bekam er schließlich auch immer wieder Arbeit in den Tavernen und Schänken von Trastevere. Starke Männer waren überall gefragt. Er hätte sich nun allein durchbringen können. Doch er blieb bei Giovanna. Wohl auch in der Hoffnung, dass einer ihrer Liebhaber vielleicht irgendwann von Thomas Lei-mer oder Benediktus berichten würde. Und nach und nach erzählte er Giovanna seine Geschichte. Die kleine Venus von Trastevere war voller Mitgefühl. Der traurige Bär rührte sie zutiefst. Sie spürte, wie entwurzelt, verwirrt und voller Heimweh er war. Sie gab ihm, was sie ihm geben konnte. Am Weihnachtsabend des Jahres 1551 wurden Konz, der Sohn des Gehenkten, und Giovanna, die tiefgläubige Halbjüdin und Hure, ein Liebespaar. Beide waren einsam, beide sehnten sich nach Wärme. Aber Giovanna spürte mit dem Instinkt einer liebenden Frau: Die Gedanken und das Herz ihres Gefährten waren anderswo. Eines Tages würde sie ihn verlieren. Spätestens dann, wenn er diesen Mönch Benediktus gefunden hatte, nach dem er so verzweifelt suchte. Dieser Mann musste Konz etwas ganz Wichtiges weggenommen haben. So viel hatte sie aus seiner Erzählung begriffen. Auch wenn sie nicht ganz verstand, was es mit dieser Katharina, die er gleichzeitig hasste und liebte, und diesem Mönch auf sich hatte.
    Nachdenklich beobachtete Cajetan von Thiene Bruder Benediktus beim Unkrautjäten im Garten. Dieser konnte ihn hinter dem Fenster im zweiten Stock des Palazzo nicht sehen. Neben ihm stand Gian Pietro Carafa, ebenfalls mit gerunzelter Stirn.
    »Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll.« Cajetan von Thiene wandte sich dem kleinen, drahtigen, asketisch wirkenden Mann an seiner Seite zu. »Seit mehr als einem Jahr ist unser Bruder in Christo nun im Hause des Theatinerordens in Rom. Doch noch immer gelingt es mir nicht, zu einem Schluss zu kommen, was seine Persönlichkeit betrifft.« Der Generalpräpositus, der oberste Hirte der Theatiner, zuckte mit den Schultern und lachte. »Dabei habe ich so manchen Mann kommen und wieder gehen sehen, seit wir im Jahre 1524 zusammen den Orden gegründet haben, verehrter Freund. Erinnert Ihr Euch? Damals wart Ihr noch Bischof von Cieti. Doch keiner der Männer, die in unser Haus kamen, hat mir bislang solche Rätsel

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