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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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aufgegeben. Wie seid Ihr nur an diesen Mann geraten, wo kommt er her? Manchmal scheint es mir, als fehle es ihm an der nötigen Demut für den Dienst des Herrn.«
    Kardinal Carafa setzte ein geheimnisvolles Lächeln auf und wischte die Frage mit einer Handbewegung zur Seite. »Die nach der Regel der Augustiner ausgelegte, einfache Lebensweise, der Dienst an Kranken und Leprösen ist offenbar nicht jedes Mannes Sache. Vielleicht hat er sich in den Armen des Ordens ein leichtes, behagliches Leben versprochen, einen gelegentlichen Besuch bei den offenherzigen römischen Huren. Nun, er hat auf jeden Fall noch einiges zu lernen.« Carafas Stimme klang hart.
    »Mein Freund, meint Ihr nicht, Ihr seid vielleicht manchmal etwas zu pessimistisch und unnachgiebig in Euren Forderungen an einen Theatiner? Es ist nicht für jeden so leicht wie für Euch, auf den Pfaden des Herrn zu wandeln.« Der Generalpräpositus schaute wieder auf den Mann im Garten hinunter.
    Im Grunde hatte Carafa Recht, dachte Cajetan von Thiene. Gottesdienst war auch Menschendienst und umgekehrt. Es schickte sich nicht für einen Mann, der sein Leben und sein Herz dem Allmächtigen darbrachte, dem Müßiggang zu frönen und den großen Herrn zu spielen. Eine Neigung, die er in diesem Bruder Benediktus ganz deutlich zu spüren meinte. Andererseits: Wie sollten die einfachen Menschen recht handeln, wenn selbst der Papst sich schamlos und offen seinen Gespielen in die Engelsburg holte und die Mitglieder seiner Familie und Freunde mit hohen Ämtern ausstattete, gleichgültig ob sie dazu befähigt waren oder nicht. Das trieb dem manchmal zugegebenermaßen recht unduldsamen und strengen Bruder in Christo an seiner Seite trotz seiner vorgerückten Jahre durchaus zu Recht die Zornesröte ins Gesicht. Nun ja, auch Carafa war nicht ganz ohne Ehrgeiz. Der kleine asketische Mann wollte alles oder nichts. Und er hatte wohl auch gute Aussichten, einmal der nächste Bischof von Rom zu werden. Aber etwas mehr Demut und etwas weniger Unnachsichtigkeit gegenüber den Fehlern anderer hätten auch Kardinal Carafa gut zu Gesicht gestanden, befand Cajetan von Thiene im Stillen.
    Der Generalpräpositus fragte sich erneut, woher dieser Bruder eigentlich kam, der wie aus dem Nichts in Rom aufgetaucht war. Und er hatte Carafa schon oft danach gefragt. Doch immer war es ausgegangen wie heute: Der Weggefährte langer Jahre hatte gelächelt und wich aus. Vielleicht kam Bruder Benediktus aus den Reihen jener Gefolgsleute, jener verborgenen Armee Gottes, über die der Kardinal nicht sprach. Carafa war es nicht gegeben, in der Stille des Ordens zu leben. Er wollte mehr. Und inzwischen konnte der Kardinal auf die unbedingte Gefolgschaft einer ganzen Reihe von intelligenten Klerikern bauen. Sie waren wie er der Meinung, nur eine Erneuerung der Kirche von Rom, die Unterstützung der Ziele des Konzils von Trient, könnten letztendlich die Spaltung des Glaubens verhindern. Diese guten Beziehungen hatte der Kardinal schon mehr als einmal zum Nutzen des Theatinerordens spielen lassen. In Italien gab es inzwischen mehrere Klöster der noch recht jungen Gemeinschaft.
    Jedenfalls hatte ihm Carafa diesen Benediktus geschickt — mit der etwas vage formulierten Bitte, ihn sich genauer anzuschauen und den Mann vielleicht sogar in den Orden aufzunehmen, sollte er sich eignen.
    »Warum habt Ihr mir diese Seele anvertraut?« Dieses Mal wollte der Generalpräpositus seine Antwort. Vielleicht brachte die Frage Licht in die geheimnisvolle Beziehung zwischen diesen beiden Männern.
    Wieder wich Carafa aus. »Ich halte ihn für einen Menschen mit viel versprechenden Gaben«, erklärte er ausweichend.
    Der Generalpräpositus schluckte. »Gaben hat dieser Bruder sicherlich. Und wenn es nur der kaum verhüllte Zorn ist. Schaut hinunter, wie er mit der Hacke in den Boden drischt, als müsse er den Vermaledeiten daraus vertreiben.« Unwillkürlich musste Cajetan von Thiene beim Anblick des zwar gebeugten, aber störrisch wirkenden Rückens von Benediktus lachen.
    Selbst Carafas Miene zeigte den Anflug eines Schmunzelns. »Christliche Demut und Duldsamkeit gehörten offenbar wirklich nicht zu seinen Tugenden. Unser Bruder schwingt die Hacke in der Tat wie ein äußerst ungeduldiger Mann«, bestätigte der Kardinal trocken.
    »Ist er nicht einigen harten Prüfungen unterzogen worden, so wie ich Euch bat? Der Wert eines Menschen zeigt sich erst, wenn er geschliffen worden ist. Darin gleicht er diesem Diamanten.« Er

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