Zeit des Lavendels (German Edition)
Und Ihr werdet Euch mit mir treffen, mit mir sprechen. Es gibt einen anderen Weg. Gott wird ihn uns weisen. Versprecht es mir. Versprecht es mir sofort, oder ich schreie, so laut ich kann. Dann weiß mein Gatte, dass wir hier sind. Wollt Ihr das? Dann wird Eure ganze Rache unmöglich.«
»Verdammtes Weib! Das ist Erpressung.« Konz zögerte. »Also gut. Ich bin bereit, mit Euch zu reden — unter zwei Bedingungen. Ihr versprecht mir, dass Ihr Katharina niemals hierher bringen werdet. Ich will sie nicht sehen. Ich kann sie nicht sehen. Und Ihr schwört mir bei den Gebeinen des heiligen Fridolin, dass Ihr niemandem, ich betone, niemandem sagt, dass und wo Ihr mich gesehen habt.«
Magdalena schaute ihn lange an. In ihrem Blick lag Mitleid. »Oh, ihr Männer. Warum seid ihr so mutig, wenn es ums Töten und Verletzen geht, um Rache und Zorn; und so feige und kleinmütig, wenn es darum geht, zu lieben und zu verzeihen. Aber gut. Ich schwöre es beim Heil meiner Seele. Ich werde morgen wiederkommen. Dann reden wir.«
Konz nickte. »Aber nicht hier. Wir treffen uns am Ufer des Tiber, an der Brücke, die vor der Insel über den Fluss führt. Morgen, wenn die Sonne am Mittagshimmel steht. Aber kommt allein. Sonst garantiere ich für nichts.«
»Ich werde da sein. Allein. Auch wenn sich das für eine Frau nicht ziemt.« Magdalena zog den Schleier wieder vors Gesicht. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und war kurz darauf verschwunden.
Doch Magdalena von Hausen ging noch nicht zurück zum Konvent der Dominikanerinnen. Außer Sichtweite von Konz Jehle wartete sie in einem Hauseingang auf der gegenüberliegenden Seite des Petersplatzes. Sie hatte noch mit einem anderen Mann zu sprechen. Ihrem Mann. Auch wenn er nun das Habit der Theatinermönche trug, so hatte er sie doch einst zum Weibe genommen. Ihr Herz klopfte bis zum Halse, als sie darauf wartete, dass Thomas Leimer die Dombaustelle verlassen würde. Endlich, nach weiteren anderthalb Stunden, schien er mit seiner Liste fertig zu sein. Sie sah ihn ungeduldig einem Jungen winken, der sich bislang still im Hintergrund gehalten hatte. Diesem drückte er die Pergamente in die Hand und machte sich dann auf den Weg. Magdalena folgte ihm wie ein Schatten. Sie war enttäuscht. Sie hatte gehofft, ihn allein sprechen zu können.
Doch auch hier war ihr das Schicksal wieder hold. Sie kannte das prächtige Gebäude nicht, auf das er zustrebte. Doch gerade als er das mit christlichen Motiven verzierte, kunstvoll geschnitzte Eichentor öffnen wollte, wurde Thomas Leimer aufgehalten. Ein Passant rief ihm etwas zu. Ihr Gatte bedeutete dem Jungen, der mit drei Schritten Abstand hinter ihm hergetrottet war, schon einmal ins Haus zu gehen. Er wechselte einige Worte mit dem Fremden. Sie hörte ihn laut lachen. Als er sich zum Tor wandte und hineingehen wollte, trat sie hinter ihn: »Warte, ich muss dich sprechen.«
»Ich habe jetzt keine Zeit ...« Noch während er dies sagte, ungeduldig, endlich zu Cajetan von Thiene zu kommen, der schon eine halbe Stunde auf ihn wartete, durchfuhr ihn der Schock. Er wirbelte herum und erkannte sofort, wer die verschleierte Frau war, die da vor ihm stand. Zuerst starrte er sie nur sprachlos an, während Magdalena von Hausen zum zweiten Mal an diesem Tag ihren Schleier hob, diesmal um ihrem Mann ins Gesicht zu schauen. Sie sagte nichts. Doch was sie in seinen Augen las, erschreckte sie zutiefst. Keine Freude des Erkennens, nur eisige Abwehr; und tief in diesen blauen Augen, die sie einst so geliebt hatte, glitzerte die Angst.
»Was willst du hier?«, erkundigte er sich fast flüsternd. Sie konnte die Panik in seiner Stimme erkennen. Er sah sich hastig um. »Komm, wir können hier nicht bleiben.« Eilig führte er sie um die Ecke und blieb dann in einer Einfahrt stehen. Magdalena sagte nichts. Sie sah ihn nur an, zutiefst getroffen von seinem Verhalten.
Thomas Leimer hatte sich inzwischen wieder etwas gefasst. Es war eine Katastrophe, dass diese Frau hier aufgetaucht war.
Die Frau, von der er geglaubt hatte, er werde sie niemals wieder sehen. Sie sprach noch immer nicht, sah ihm nur weiter unverwandt in die Augen, so, als wolle sie auch die kleinste Einzelheit seines Gesichtes in sich aufnehmen.
»Weib, was willst du hier? Warum reist du mir nach? Hast du noch immer nicht genug von einem Mann, der so offensichtlich nichts mehr von dir wissen will?«
»Du bist mein Gatte«, erwiderte sie ruhig. »Ich habe das Recht und die Pflicht, bei dir zu
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