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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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sein.«
    Er lachte hämisch. »Gatte, ich höre immer Gatte. Die Ehe wurde nie vollzogen. Sie ist also ungültig im Angesicht des Herrn. Wenn sie es nicht ohnehin schon am Tag ihrer Schließung war. Ich unterzeichnete das Pergament zwar, aber wenn du genau hinschaust, wirst du erkennen, dass ich es nicht mit meinem richtigen Namen tat.«
    »Warum lügst du?« Ihre Ruhe wurde ihm langsam unheimlich. Sie atmete tief durch. »Wir müssen miteinander reden. Es gibt etwas, das ich dir sagen muss. Dringend. Wo und wann können wir sprechen?« Sie trat einen Schritt näher zu ihm hin.
    Er stieß sie zurück. »Überhaupt nicht. Ich bin Mönch, wie du siehst. Ich habe nichts mehr mit dir zu schaffen.«
    Doch sie gab nicht auf. »Du liebtest mich einst, auch wenn es jetzt nicht mehr so sein sollte. Ich flehe dich an, um dieser Liebe willen. Du musst mich anhören. Es könnte um dein Leben gehen.«
    Sein Gesicht verzog sich verächtlich. »Liebe! Was ist schon die Liebe zwischen Mann und Weib verglichen mit meiner Liebe zu Gott und dem Dienst an ihm, den ich jetzt tue? Wie kannst du auf etwas bestehen, das nie existierte? Auf einer Ehe, die es nie gab? Du hast kein Recht an mir. Du bist eine Irregeleitete, eine Ketzerin. Ich habe der Ehe mit dir nur zugestimmt, weil ich mir Macht erhoffte und Einfluss, den Reichtum einer rechtgläubigen Fürstin. Und was habe ich bekommen? Eine anhängliche, dumme Frau, die mir nachläuft. Eine Frau, die mir nichts bedeutet. Die mir nie etwas bedeutet hat angesichts der großen Aufgaben, die auf mich warten. Du bist ein hirnloses Weib, das den gefährlichen Lehren Luthers anhängt. Wie gefährlich sie sind, das habe ich erst hier in Rom erkannt. Also geh deiner Wege und lass mich meine gehen. Dein Glaube ist schon lange nicht mehr der meinige. Hier scheiden sich unsere Lebenspfade. Also verschwinde, geh mir aus den Augen!« Den letzten Satz hatte er fast gebrüllt.
    Magdalena von Hausen zuckte zusammen. Ihr Herz schmerzte, ihr Magen krampfte sich ein weiteres Mal zusammen. Das war nicht mehr der Mann, den sie einst gekannt hatte. Dieser hier, das war ein Fremder, kalt, verletzend, feindselig. Doch irgendwo unter dieser Hülle musste er sein, der begeisterungsfähige, idealistische, warmherzige Mensch, den sie einst zum Gatten gewählt hatte.
    Sie senkte den Kopf, zog zum zweiten Mal an diesem Tag den Schleier vor das Gesicht. Es hatte keinen Zweck, nicht jetzt. Freiwillig würde er niemals mit ihr reden. Doch sie würde einen Weg finden.
    Sie hielt den Schwur, den sie Konz Jehle gegeben hatte. Katharina erfuhr nichts von ihrer Begegnung mit ihm. Auch nicht, dass sie ihren Gatten gesehen und was er gesagt hatte. Magdalena war ohnehin viel zu aufgewühlt über diese beiden so unerwarteten Begegnungen, um all das ausdrücken zu können, was ihr Herz bewegte. Doch sie war auch von etwas anderem überzeugt. Nur Gott der Herr konnte ihre Schritte an diesem Tag gelenkt haben. Schon am ersten Morgen in Rom hatte sie die beiden Männer gefunden, um derentwegen Katharina und sie diese weite, beschwerliche Reise auf sich genommen hatten. Das konnte kein Zufall sein. Dahinter steckte der Wille des Herrn. Er würde sie auch weiter leiten in ihrem Tun.
    Als sie am Abend vor ihrem Lager kniete, betete sie um Kraft. Um so viel Kraft wie möglich, um alles in seinem Sinne zu beenden. Sie hatte das Gefühl, Gott spreche zu ihr. Heiße gut, was sie vorhatte: der Liebe und der Vergebung zu ihrem Recht zu verhelfen. Und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich nicht mehr allein, sondern wieder vollkommen eins mit ihrem Gott. Das gab ihr Mut, trotz ihrer Angst vor der nächsten Begegnung mit ihrem Gatten. Aber auch der würde sie sich stellen; zur rechten Zeit, am rechten Ort, mit der Hilfe des Allmächtigen.
    Pünktlich um die Mittagszeit stand Magdalena von Hausen an der vereinbarten Stelle am Tiber. Konz war noch nicht da, also wartete sie geduldig, voller Vertrauen, dass Gott dafür sorgen würde, dass er kam. Sie beobachtete die Menschen bei ihren täglichen Verrichtungen. Die junge Frau, die den Inhalt eines Nachtgeschirrs aus dem oberen Fenster eines Hauses kippte, die vielen Kleriker, die scheinbar geschäftig von einem Ort zum anderen unterwegs waren, Nonnen mit ihren schwarzweiß gerahmten Gesichtern, den verkrüppelten Bettler an der Ecke und die Obdachlosen, die sich im Schatten der Brücke am Tiberufer aus Lumpen ein Lager gebaut hatten. Essensreste, Abfall, wo immer sie hinsah, und dazwischen

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