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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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würde er Bruder Benediktus allein treffen. Dann konnte er ihn endlich zur Rede stellen, notfalls die Wahrheit aus ihm herausprügeln. Er spürte, wie der alte Zorn, die Verletztheit in ihm aufloderten, ihn auch nach so vielen Jahren noch beinahe verbrannten.
    Niemals in seinem Leben würde er den Moment vergessen, als er Katharina in den Armen dieses Mannes gesehen hatte. In einer dunklen Ecke verborgen wie eine Hure. Seine Katharina!
    Er fühlte eine leichte Hand auf seiner Schulter, hörte eine sanfte Stimme. »Konz Jehle von der Niedermühle, wenn Ihr nicht aufhört, diesen Steinblock zu malträtieren, dann wird bald nicht mehr genug von ihm übrig sein, um in den Mauern des Petersdomes der Ehre Gottes zu dienen.«
    Er hätte beinahe laut aufgeschrien. Mit einem Ruck flog sein ganzer Körper herum. »Allmächtiger, Magdalena von Hausen. Was tut Ihr denn hier?«
    »Euch heimholen. Zurück dorthin, wohin Ihr gehört.«
    Der Hüne senkte den Blick. Er blinzelte mit den Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Dieses Wiedersehen erschütterte ihn zutiefst. Er wischte sich mit dem nackten Unterarm den Staub aus dem Gesicht, dann schüttelte er langsam den Kopf. In seinem Blick lag tiefe Trauer, als er auf Magdalena von Hausen hinabschaute. »Nein, hohe Frau. Ich habe keine Heimat mehr. Nicht, bevor ich getan habe, was ich tun muss.« Unwillkürlich glitt sein Blick zu Thomas Leimer hinüber, der gerade in ein Gespräch mit dem Zunftmeister der Steinmetze vertieft war.
    Magdalena von Hausen ergriff beschwörend Konz' Hände, drehte seine harten, hornigen Handflächen gen Himmel. »Konz Jehle, schaut Euch diese Hände an. Es sind gute Hände. Hart von der Arbeit, von einem Leben im Sinne des Allmächtigen, ausgerichtet nach seinen Regeln. Hände, die Ihr dem Herrn entgegenstrecken könnt, wenn Ihr ihn anruft. Wollt Ihr sie mit Blut beflecken, sodass Ihr sie hinter Eurem Rücken verstecken müsst, wenn der Herr Euch einst zu sich ruft?«
    Konz Jehle knirschte mit den Zähnen, so laut, dass er selbst zusammenschrak. »Auge um Auge, Zahn um Zahn, auch das sagt der Herr. Lasst mich in Frieden. Lasst mich tun, was ich tun muss. Geht heim. Was versteht eine Frau wie Ihr denn schon davon, was ein Mann tun muss!«
    Magdalena seufzte. »Oh, ihr kleingläubigen Männer! Warum ist euer Herz so eng? Warum öffnet ihr es nicht für die Gerechtigkeit des Allmächtigen. Auch mir wurde Übles angetan. Schreie ich deshalb nach Rache? Ändert Rache irgendetwas? Macht sie die Dinge ungeschehen? Ist das, was uns in unserem Leben geschieht, nicht vielmehr eine Prüfung des Herrn, an der wir wachsen und im Glauben stark werden sollen? Denn wisset, dass kein Blatt vom Baume fällt, ohne dass Gott der Allmächtige es so bestimmte. Sind wir denn vor seinem Angesicht nicht nur Kinder, die er leiten und führen muss zu seinem Ruhme? Wie könnt Ihr Euch anmaßen, seinen Ratschluss infrage zu stellen. Die Gerechtigkeit liegt in seiner Hand, nicht in der schwachen eines Menschen. Vertraut auf ihn.«
    »Eine schöne Predigt ist das, die Ihr mir da haltet, hohe Frau. Doch eine vergebliche«, knurrte der große Mann. »Lasst den Menschen tun, was des Menschen ist, den Mann, was er tun muss. Geht jetzt endlich, bevor dieser Mönch dort hinten auf uns aufmerksam wird. Kümmert Euch um Eure Angelegenheiten. «
    Magdalena von Hausen schob den Schleier hoch und schaute dem Mann fest in die Augen. »Das sind meine Angelegenheiten, Konz Jehle von der Niedermühle. Der, den Ihr verletzen oder gar töten wollt, der ist mein Gatte. Lasst uns in Ruhe darüber reden. Katharina ist auch in der Stadt. Sie hat Angst um Euch. Bringt mit Eurem Zorn nicht noch mehr Unglück über uns alle.« -
    »Katharina ist hier? Mir bleibt auch nichts erspart«, flüsterte er rau. »Ich will sie nicht sehen. Geht. Geht alle beide. Das Weib ist die Sünde, das steht schon in der Bibel. Sie ist es, die all dies zu verantworten hat. Nehmt sie und geht. Ich will sie nicht sehen!« Er schrie es fast, die Köpfe der Arbeiter neben ihnen flogen herum.
    Konz' Stimme wurde leiser. »Ist denn nicht schon genug geschehen, dass Ihr sie jetzt auch noch nach Rom bringen müsst? Geht doch. Geht endlich. Ich will nicht mit Euch sprechen.« Tränen zogen ihre Spuren durch den Staub auf seinen Wangen. »Was ich tue oder auch nicht, ist eine Sache zwischen Gott und mir. Lasst mich endlich in Ruhe.«
    »Nein«, sie schüttelte den Kopf. »Das werde ich nicht tun, solange noch ein Funken Leben in mir ist.

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