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Zeit des Lavendels (German Edition)

Zeit des Lavendels (German Edition)

Titel: Zeit des Lavendels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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sprechen?«
    Katharina wurde wütend. »Auch Frauen können denken, Großmeier von Seggingen, nicht nur Männer. Wer war es denn, der die Welt in diesen Glaubenskrieg stürzte, der Soldaten in Marsch setzte, brave Bürger ausraubte, mordete, vergewaltigte? Etwa die Frauen?«
    »Hoppla, ich wusste ja nicht, dass Ihr Euch für solche Dinge interessiert.« Hans Jakob von Schönau sah Katharina mit neu erwachtem Interesse an. »Aber Ihr habt schon Recht, bislang hat das Konzil von Trient zwar viele Worte geboren, aber keine zündenden Ideen.« Er runzelte die Stirn. »Und jenseits des Rheins, bei den Eidgenossen, scheint sich zudem eine zweite starke Allianz gegen den rechten Glauben aufzubauen. Die Anhänger Zwinglis und Calvins kommen einander näher. Wie zu hören ist, arbeiteten sie derzeit an einem gemeinsamem reformiertem Bekenntnis. Wie auch immer, die Kirche kann offenbar jeden Mitstreiter brauchen ...«
    »Und sei er noch so liederlich«, unterbrach ihn Katharina. »In dieser Situation ist Milde für die sonst so gerechten Herren offenbar plötzlich ein Gott gefälliges Mittel. Sie entdecken die Nächstenliebe und die christliche Vergebung, wenn es gilt, die eigenen Reihen wieder zu stärken, die sich bedenklich gelichtet haben. Ein Streiter Gottes mehr — wer fragt da schon, was der geschenkte Gaul im Maul hat.«
    Wieder dröhnte das Lachen des Schönauers. »Ich hätte nicht gedacht, dass Ihr so temperamentvoll seid in Eurem Gerechtigkeitssinn. Nun, ganz so einfach haben es die hohen Herren diesem Leimer nicht gemacht, trotz aller christlichen Nächstenliebe. Er muss natürlich aufhören, die ketzerischen Reden der Protestanten weiterzuverbreiten und sich für eine Weile ganz vom Predigen zurückziehen — bis sich die gnädige Mutter Kirche wieder von seiner Treue überzeugt hat.« Der Sarkasmus und die Verachtung in der Stimme des Schönauers waren nicht zu überhören.
    Katharina war entsetzt. Thomas Leimer verriet wirklich alles, was anderen teuer war — nachdem er sie zuvor ins Verderben getrieben hatte. Doch er hatte offenbar seine Überzeugungskraft noch nicht eingebüßt und auch nicht seine Selbstsucht und Eigenliebe. Moral und Charakter kannte dieser Mann wohl nicht. Er hatte gesehen, dass die Situation günstig war, und die Chance ergriffen. Sein Überlebensinstinkt war unfehlbar, ebenso wie sein Gespür dafür, wie er andere am besten für seine Bedürfnisse und Zwecke ausnutzen konnte.
    Der Großmeier betrachtete die junge Frau neugierig. Sie schien jedenfalls recht aufgeweckt zu sein. Allerdings wüsste er zu gerne, was sie an diesem Thomas Leimer wirklich so aufregte. Nur weil er der Mann der Äbtissin von Seggingen war ... Er räusperte sich. »Nun, ich denke, Ihr wollt schnellstens zu Magdalena von Hausen. Sie wartet schon auf Euch.«
    Katharina nickte und schaute den Schönauer besorgt an. »Wie hat sie die Nachricht aufgenommen?«
    Hans Jakob von Schönau schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Bei Gott, ich kann es nicht sagen. Wer kann schon die Frauen verstehen?« In komischer Verzweiflung hob er die Hände. Trotz ihrer Beunruhigung musste Katharina lachen. Mit jedem Tag wuchs ihre Zuneigung und Achtung gegenüber diesem Mann.
    Besorgt eilte sie zu Magdalena von Hausen. Nun hatte Thomas Leimer nicht nur seine Ehefrau im Stich gelassen, sondern auch alles verraten, wofür sie beide gemeinsam hatten kämpfen wollen. Zu ihrer Überraschung war Magdalena trotz aller schlechten Nachrichten guten Mutes und keineswegs bereit, ihr tiefes Vertrauen in diesen Mann aufzugeben. »Er weiß schon, was er tut«, erklärte sie gelassen der fassungslosen Katharina.
    Die junge Frau war versucht, der älteren ins Gesicht zu schreien, sie solle doch endlich aufhören, so gutgläubig und naiv zu sein. Dieser Mann sei ein Taugenichts — nichts weiter. Einer, der sein Fähnchen nach jedem Wind dreht, egal woher er weht. Doch sie beherrschte sich. Es stimmt wohl, dachte sie für sich. Liebe macht blind! Sie war das beste Beispiel dafür.
    Magdalena von Hausen war trotz aller Versuche des Schönauers auch später nicht dazu zu bringen, ihrem neuen Glauben abzuschwören. Und sie stand unverbrüchlich zu dem ihr von Gott gegebenen Ehemann, da half auch diese Nachricht nichts. All die Argumente, die Hans Jakob von Schönau dazu vorzubringen hatte, prallten an der Äbtissin ab. Magdalena blieb fest. Auch die Nachrichten, die Katharina aus Ensisheim mitbrachte, konnten sie darin nicht erschüttern. Ebenso wenig

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