Zeit des Lavendels (German Edition)
zu sinken. Ohne ein weiteres Wort verbeugte sich Katharina vor Melchior Hegenzer, der sie ungeduldig aus dem Raum winkte.
Als sich die Türe hinter ihr schloss, musste Katharina sich erst einmal setzen. Ihre Knie zitterten. Das Gespräch hatte sie völlig erschöpft. Dann erhob sie sich energisch. Sie hatte viel zu tun, wollte noch an diesem Abend ihre Sachen packen, um möglichst schnell wieder mit der Nachricht in Seggingen zu sein. Viel hatte sie nicht erreicht. Aber wenigstens hatte der Statthalter des Kaisers versprochen, noch einmal über die Sache nachzudenken. Dass sich eine Delegation angesehener Bürger und Angehöriger des Stiftes zusammenfinden würde, die zu Gunsten Magdalenas von Hausen in Ensisheim vorsprach, daran zweifelte sie keinen Moment.
Frau Reinhild und ihr Sohn Reinhold sahen die junge Frau nur sehr ungern ziehen. Sie hatten sie in den Wochen lieb gewonnen, in denen sie nun in Ensisheim weilte. Katharina versprach, auf jeden Fall Nachricht zu senden, wie sich die Sache entwickelte.
12
A ls Katharina nach Seggingen zurückkam, hatte Hans Jakob von Schönau ebenfalls Neuigkeiten für sie: »Es gibt Nachrichten von Thomas Leimen«
Katharina erstarrte innerlich, doch sie ließ sich nichts anmerken, sondern zupfte nur ihren Rock zurecht. Doch dem Schönauer war die Verärgerung anzumerken. Der korpulente Mann stampfte wie ein Stier durchs Zimmer. »Dieser Leimer ist schon wenige Tage nach seiner Flucht in Radolfzell aufgetaucht und hat sich dort dem bischöflichen Gericht gestellt. Wohl nicht ganz ohne Hintergedanken. Konstanz ist gefallen, die Reformierten sind ausgezogen. Die Blarers, die eifernden, fanatischen Zwicks, all die einflussreichen wohlhabenden reformierten Familien der Stadt sind ins Exil gegangen. Einige unter Zurücklassung ihrer Schulden, andere verloren den größten Teil ihres Hab und Guts. Doch zuvor hat es viele Tote gegeben. Mord, Vergewaltigungen und Plünderungen säumten den Weg der spanischen Söldner unter dem kaiserlichen Obersten Alfonso de Vives bei ihrem Marsch auf die Stadt.« Die Stimme des Großmeiers stockte. Er kniff die Lippen zusammen und brauchte nichts weiter zu sagen. Katharina wusste, was er von einem solchen Vorgehen der Soldaten hielt.
Schönau war an seinen Schreibtisch getreten. Unbewusst hatte seine rechte Hand die Tischkante so fest gefasst, dass die Knöchel weiß hervortraten. »Und der neue Konstanzer Stadthauptmann, Freiherr Nikolaus von Poliweil, sitzt nun vor leeren Kassen. Die Zahlungen der Stadt an den Schmalkaldischen Bund haben die Schatullen geleert. Vom Domschatz des Bistums Konstanz ist auch nicht mehr viel übrig.« Wieder machte er eine Pause.
Katharina sah ihn fragend an. »Wollt Ihr damit sagen ...«
Der Schönauer nickte. Seine Stimme klang bitter. »Genau das will ich damit sagen, schwer genug fällt es mir. Die Kirche ist in diesen Zeiten froh über jeden, der sich freiwillig einsichtig zeigt und in ihre Arme zurückkehrt. Was zählt da die Verfehlung eines Einzelnen, wenn schon ganze Klöster samt Abt, Nonnen und Mönchen zur neuen Lehre konvertieren? Leimer fand jedenfalls offene Ohren, als er seinen Abfall widerrief. Mit einigen Auflagen, die nicht allzu streng waren, wurde er wieder als Kleriker am Busen von Mutter Kirche aufgenommen.« Er lachte hart und schaute Katharina an. »Das ist durchaus auch als ein Wink mit dem Zaunpfahl an andere Abtrünnige gedacht. Der Reichstag zu Augsburg hatte schließlich auch den Zweck, die Erneuerung des rechten Glaubens zu bringen, beide Seiten miteinander zu versöhnen, die Spaltung der Kirche abzuwenden. Noch immer hoffen die Kirchenfürsten, dass das gelingt. Und ihnen vor allem kräftige Entschädigungen für all das beschert, was ihnen die Reformation an Besitz genommen hat. Doch eigentlich ist niemand mit dem zufrieden, was die Verhandlungen in der Folge der Schmalkaldischen Kriege an Ergebnissen brachten ...« Hans Jakob von Schönau brach ab. »Aber was rede ich da. Was versteht eine so junge Frau wie Ihr schon von Politik.«
Katharina richtete sich auf. »Auch ich habe Augen und Ohren. Ich weiß sehr wohl, dass sich die hohen Herren der Kirche seit drei Jahren winden wie die Würmer, wenn es um die innere Erneuerung der Kirche geht. Da müssten sie ja Privilegien aufgeben. Glaubt Ihr, ich wüsste nicht, dass es sich angenehm lebt außerhalb der weltlichen Gesetze in den Armen der Kirche?«
Der Schönauer lachte schallend. »Höre ich da die Stimme Eures Mannes aus Euch
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