Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
Vom Netzwerk:
ich mir fast wieder vor wie auf dem College, und ich schloss die Augen und versuchte, mich ins Déjà-vu zu versenken. Ich atmete sanft ein, roch die einzigartig vertraute Mischung aus Bier, Rauch, Sägemehl und Shampoo, und für einen kurzen Augenblick war die Illusion vollkommen. Doch dann war das Lied zu Ende, und Third Eve Blind kam mit »Semi-Charmed Life«, ein Neunziger-Jahre-Lied in Reinkultur, und Chucks Ausgewählte begann, vor Entzücken hin und her zu wirbeln und zu flattern, während sie mit den Händen durch die Luft fuchtelte und einen Freudenschrei ausstieß, als ihr Jahrzehnt sich wieder behauptete, und der Augenblick war vorbei.
    Später:
    McAvov’s machte dicht, und wir waren alle zu erledigt, um uns noch ans Steuer zu setzen. Ich schlug vor, die Reporter zu bitten, uns mit nach Hause zu nehmen, da sie uns doch zweifellos sowieso folgen würden, aber als wir die Bar verließen, stellten wir fest, dass sie für den Abend bereits Schluss gemacht hatten. Deputy Dan schlief auf der anderen Straßenseite in seinem Wagen, und wir beschlossen, ihn sich selbst zu überlassen. Schließlich bot Paul, der Türsteher, an, uns nach Hause zu fahren. Wir kletterten alle in seinen alten blauen Kleinlaster, in dem es nach Hefe und Kaffee roch. Don lehnte die Mitfahrgelegenheit ab und erklärte, dass er in einer Pension am Ende des Blocks abgestiegen sei. Wir beobachteten ihn vom Rückfenster des Kleinlasters aus, wie er unswehmütig nachwinkte, bis wir um die Ecke bogen. Die Sitzbänke in dem Kleinlaster waren nicht allzu fest verschraubt und wackelten jedes Mal, wenn Paul Gas gab. Erst nachdem er uns abgesetzt hatte, dämmerte es mir, dass wir nur zu dritt waren. Chuck und seine neue Freundin waren verschwunden.

36

    A ls ich am nächsten Morgen in die Küche torkelte, mit flauem Magen und dehydriert, traf ich auf das Mädchen, das Chuck am Abend zuvor aufgegabelt hatte. Sie saß auf einem Küchenstuhl, aß ein hartgekochtes Ei und blätterte in einem Sharper-Image-Katalog. »Hi«, sagte sie, und ihre Stimme hallte von meinem Trommelfell wider, als sei es aus Gummi. Ich murmelte ein Hallo und schenkte mir einen Becher Kaffee ein. Bart Simpson starrte von dem Becher zu mir hoch und empfahl mir, jetzt bloß nicht durchzudrehen. Mein Gehirn schien gegen den Drang anzukämpfen, aus meinem Kopf hervorzuplatzen und sich eine dunkle, stille Höhle zu suchen, in der es sich verkriechen konnte.
    »Kater?«, fragte sie fröhlich. Ich wusste nicht, ob es ihr Mund oder mein Kopf war, bei dem die Lautstärke leiser gestellt werden musste. Vermutlich beides.
    »Danke, ich hab schon einen«, antwortete ich und setzte mich auf den Stuhl ihr gegenüber, während ich den Becher in beiden Händen hielt, als könnte ich den Kaffee auf diese Weise schneller in mich aufnehmen.
    Sie lachte hell und biss ein winzig kleines Stück von ihrem Ei ab.
    »Wo ist Chuck?«, fragte ich nach einem langen Schluck.
    »Wer? Ach, der schläft wie ein Toter.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. »Du hast ihn doch nicht etwa umgebracht, oder?«
    »Nicht ganz«, sagte sie mit einem lasziven Grinsen. »Ich glaube, deinen Namen habe ich nicht ganz mitbekommen.«
    »Jenna.«
    »Ich bin Ben.«
    »Hi«, wiederholte sie überflüssigerweise. »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«
    »Ich wurde so geboren.«
    »O Scheiße, tut mir leid«, rief sie aus, bevor sie es kapierte und zu kichern begann. »Oh. Sehr komisch.«
    Einen Augenblick lang saßen wir schweigend da. Ich nippte in raschen Zügen an meinem Kaffee, und sie biss lächerlich kleine Happen von ihrem Ei ab, das sie zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, als hätte sie Angst, sie könnte es zerquetschen. »Wer zum Teufel kauft eigentlich diese Dinger?«, fragte sie, und einen Augenblick lang überlegte ich, ob sie das Ei meinte, doch dann sah ich, dass sie auf einen der Gegenstände in dem Katalog deutete, eine Art Kombination aus Schlüsselkette, Reizspray und Laserpointer, und ich entschied, dass die Frage lediglich rhetorisch gemeint war. Im Gegensatz zu der nächsten. »Sag mal, Ben, meinst du, du könntest mich im Auto mitnehmen?« Ich sah, dass sich etwas Eigelb unter der metallenen Kugelstange in ihrer Zunge verfangen hatte, und erkannte auf einmal den Grund für ihre ungewöhnlich kleinen Bissen.
    Es war noch immer recht früh, und die Medienleute, die gegenüber der Straße ihr Lager aufgeschlagen hatten, saßen noch zitternd bei ihrem ersten Kaffee, so dass es uns gelang, in Chucks Wagen

Weitere Kostenlose Bücher