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Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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markerschütternden Schrei aus, alsmeine Finger seine geschwollene Nase trafen, und wir rollten ins grelle Licht der niedrigen Scheinwerfer des Taurus, während wir miteinander rangen und wild um uns schlugen.
    Der Schuss war absolut ohrenbetäubend, und seine Kraft riss uns mit einem Ruck auseinander. Über uns, unter dem Vordach des Bistros, stand ein hochgewachsener, stämmiger Mann in einem Jeansoverall, mit einem wolligen, leicht ergrauten Bart und einem Gewehr, das in diesem Augenblick genau auf uns gerichtet war. Seine fleischigen Arme waren von oben bis unten mit Tätowierungen bedeckt, und um den Kopf gewickelt trug er ein buntes Halstuch. Er sah aus wie eine Hell’s-Angels-Version von Paul Bunyon. »Was zum Teufel bildet ihr euch eigentlich ein, euch hier vor meinem Lokal zu prügeln?«, fragte er. Wir saßen auf dem nassen Asphalt und starrten zu dem Mann und seinem Gewehr hoch. Meine Ohren dröhnten noch von dem Schuss. »Wollt ihr mir nicht antworten?«
    Ich sah zu Chuck hinüber, dann hob ich die Hände über meinen Kopf und erhob mich langsam, was nicht so einfach war, wie es klingt. Ich schaffte es auf ein Knie, bevor ich wieder umkippte und mit einem nassen Plumps mit dem Po auf dem Asphalt aufschlug. »Ich hab nicht gesagt, dass du aufstehen sollst«, sagte der Mann. Er machte keine Anstalten, das Gewehr sinken zu lassen, was ich als äußerst beunruhigend empfand.
    »Sir«, sagte ich. »Ich entschuldige mich für die Belästigung. Wir hatten lediglich eine kleine Auseinandersetzung.« Er wandte sich zu mir um, was bedeutete, dass er auch die Waffe genau auf mich richtete. Es schien zwar höchst unwahrscheinlich, dass er auf mich schießen würde, aber andererseits hatte ich noch nie in die Mündung eines Gewehrs geblickt, und ich spürte, wie sich ein ziemlich mulmiges Gefühl in meinem Magen breitmachte. Hilfesuchend sah ich mich um, aber die Straße war leergefegt von Fußgängern. Nur ein absoluter Vollidiot würde bei diesem Regen einen Fuß vor die Tür setzen.
    »Ihr hattet eine kleine Auseinandersetzung«, äffte er mich nach. »Ich weiß ja nicht, woher zum Teufel ihr seid, aber mit Sicherheit nicht von hier.«
    »Nein, sind wir nicht.«
    »Woher denn dann?«
    »Könnten Sie vielleicht diese Flinte sinken lassen?«, fragte ich ihn.
    »Ich habe keine Flinte«, sagte er herablassend. »Was ich hier habe, das ist eine zwölfkalibrige 24-Zoll-Winchester, und dazu ein verdammt leichtes Ziel.«
    »Na ja, meinen Sie, Sie könnten sie vielleicht woandershin richten?«
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, sagte er und spannte den Hahn, der bedrohlich klickte.
    »New York«, sagte ich. »Manhattan.«
    »Schwerer Fehler«, murmelte Chuck in sich hinein.
    »Hast du was gesagt?«, sagte der Mann und richtete das Gewehr auf Chuck.
    »Nein, Sir.«
    Paul Bunyon sah uns nachdenklich an, während wir im Regen allmählich zu zittern begannen. »Und ihr Stadtjungs glaubt also, es ist okay, wenn ihr hierher in die tiefste Provinz kommt und euch vor einem Geschäft so aufführt?«
    »Nein, Sir«, sagte Chuck. »Es tut uns sehr leid. Wirklich. Und wenn Sie uns gestatten würden, aufzustehen, werden wir sofort von hier verschwinden, und Sie werden uns nie wieder sehen.« Im eisigen Regen begann er nun schon mit den Zähnen zu klappern.
    Der Mann betrachtete uns einen Augenblick lang nachdenklich. »Ich werde jetzt zurück in mein Restaurant gehen«, sagte er. »Ich denke, ihr beide solltet noch ein bisschen hier draußen sitzen und über das nachdenken, was ihr da getan habt. Ich kann euch von meinem Fenster aus beobachten. Wenn einer von euch von dieserStraße aufsteht, bevor ich es euch sage, komme ich raus und jage euch ein bisschen Schrot in die Hosen. Alles klar?«
    Wir sahen ihn ungläubig an. »Sie wollen uns bestrafen?«, fragte Chuck.
    »Allerdings«, sagte Paul Bunyon, während er sich die Winchester bequem über die Schulter schlang. »Euch beibringen, Respekt vor dem Geschäft anderer Leute zu haben.« Und mit diesen Worten ging er zurück in sein Restaurant und starrte uns von seinem Hocker hinter dem Tresen stirnrunzelnd an.
    »Ich fasse es nicht«, sagte ich. »Wir werden von einem Redneck gemaßregelt. Das ist doch wohl ein Witz.«
    »Willst du als Erster aufstehen?«, fragte Chuck.
    »Nach dir.«
    Keiner von uns rührte sich vom Fleck. Wenn es für uns beide schon demütigend genug war, sich von einem einzelnen Mann einschüchtern zu lassen, so fühlten wir uns nun, als wir vor Angst

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