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Zeit für Plan B

Zeit für Plan B

Titel: Zeit für Plan B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Tropper
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drein. »Ich wollte sie an Halloween tragen.«
    »Hör zu«, sagte ich. »Ich komme ein bisschen später vorbei und helf dir suchen, okay?«
    »Okay«, sagte er.
    »Wie geht’s deiner Mom?«, fragte ich.
    »Geht so«, sagte er und wandte sich zum Gehen. Die Art, wie er es sagte, verriet mir, dass man ihm in letzter Zeit ein bisschen zu viel abverlangt hatte. »Sie sagt, ich muss bald wieder in die Schule gehen.«
    »Tut mir leid, das zu hören«, sagte ich.

    Alison kam eine Stunde später wieder, beunruhigt und zerstreut. Inzwischen hatte ich Lindsey geweckt, die mich anlächelte und sagte: »Nach gutem Sex stehst du also immer noch auf und gehst. Wie lange bist du denn noch aufgeblieben?«
    »Lange genug«, sagte ich und ließ mich neben ihr aufs Bett plumpsen.Sie schlang die Beine um mich, und ich drückte mein Gesicht in die Vertiefung ihres Schlüsselbeins. »Jack ist verschwunden.«
    »Was?«
    »Er hat letzte Nacht die Tür aus den Angeln gehoben und ist abgehauen.«
    »Scheiße«, sagte sie.
    »Ja.« Ich merkte, wie ich egoistischerweise an die Konsequenzen dachte, die Jacks Verschwinden für Lindsey und mich haben würde. Wenn Jack getürmt war, dann gab es für uns keinen Grund mehr, noch länger im Haus der Schollings zu bleiben. Wir würden alle zurück nach Manhattan fahren, jeder zu sich nach Hause, zu seinem Leben, und die Details und Banalitäten des Alltags würden uns allmählich still und heimlich wieder in Besitz nehmen. Ich wollte mich dem noch nicht aussetzen. Lindsey und ich waren eben erst geformt worden, und wir hatten noch keine Zeit gehabt, hart zu werden. Wir waren noch verletzlich. Ich wollte uns die schützende Privatsphäre der Berge und des Sees noch eine Zeit lang erhalten, bis wir uns besser definiert hatten.
    Ich hatte eine Höllenangst vor der Wirklichkeit. Dass sie irgendwie anders sein könnte als das hier.

26

    O hne eine Vorstellung davon zu haben, wo wir auch nur anfangen sollten, nach Jack zu suchen, nahmen Chuck und ich den Taurus und fuhren in die Stadt, was uns eher das Gefühl gab, etwas zu tun, als wenn wir einfach nur dasaßen und warteten, ob Jack irgendwann wieder auftauchen würde – was wir daher Lindsey und Alison überließen. »Ich glaube, ich habe ihn gesehen«, sagte ich zu Chuck, der konzentriert über das Lenkrad in den Regen hinausstarrte.
    »Was? Wo denn?« Er bremste unvermittelt ab.
    »Nein, nicht jetzt. Ich glaube, ich habe ihn gestern Nacht gesehen.«
    Er warf mir einen harten Blick zu. »Du hast gesehen, wie er gegangen ist? Warum hast du ihn nicht aufgehalten?«
    »Ich hab auf der Couch geschlafen. Ich hab gedacht, ich träume.«
    Chuck sah mich stirnrunzelnd an, dann hantierte er an den Scheibenwischern herum. »Na wunderbar«, sagte er.
    »Vielleicht war es ja auch nur ein Traum«, sagte ich matt. »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Wie auch immer. Jetzt ist es ja sowieso hinfällig, denke ich«, sagte er, aber es war nicht zu überhören, dass er stocksauer war.
    Wegen des starken Regens lag die Main Street ziemlich verlassen da, aber wir fuhren sie trotzdem der Länge nach ab und beäugten jeden Menschen genau, den wir zwischen Gebäuden oder in parkende Autos huschen sahen. Jedes Mal, wenn wir an einem Restaurant oder Café vorbeikamen, hielt Chuck an und ich lief kurz hinein und sah mich um. Keiner von uns hegte ernsthaft die Hoffnung,wir würden irgendwann auf Jack stoßen, wie er gemütlich bei einem Sandwich und einem Kaffee in einer Nische saß, aber wie ich schon sagte, wir mussten eben irgendetwas tun. Nachdem wir die Main Street abgehakt hatten, begannen wir mit der Maple, überprüften jeden Laden und jede Seitengasse, aber von Jack fehlte jede Spur.
    »Das ist doch reine Zeitverschwendung«, beschwerte sich Chuck, als ich zum vierzigsten Mal wieder in den Wagen stieg. »Er ist doch schon vor Stunden abgehauen. Inzwischen könnte er überall sein.«
    »Hast du ’ne bessere Idee?«, fragte ich ihn, während ich mir das inzwischen durchnässte Haar aus dem Gesicht strich.
    »Alles wäre besser als das hier«, murmelte er.
    »Wenigstens bist du trocken«, sagte ich und wrang mein Hemd aus.
    »Ja, na und.«
    Ein paar Augenblicke lang fuhren wir schweigend. »Na schön«, sagte ich, während Chuck zackig in drei Zügen wendete und wieder die Maple hinunterfuhr. »Du bist Jack. Du bist eben aus dem Haus entwischt. Wo gehst du hin?«
    »Wenn ich das wüsste, dann würde ich jetzt wohl kaum hier Runden drehen, oder?«, fauchte Chuck mich

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