Zeit für Plan B
Duschköpfen an jeweils gegenüberliegenden Wänden, so dass man sich von fünf Stellen aus gleichzeitig berieseln lassen konnte. Ich stand in der Mitte, das Kinn auf die Brust gesenkt, und genoss den dampfenden Beschuss durch den heißen Sprühnebel. Wenn ich von der Existenz dieser Dusche schon gewusst hätte, als wir hierherkamen, hätte ich mit Sicherheit bereits etliche Stunden darin verbracht.
Eine Viertelstunde später stand ich immer noch unter der Dusche, ließ das Wasser auf Brust und Kopfhaut trommeln und summte dazu einen alten Thompson-Twins-Song, als ich plötzlich hörte, wie die Badezimmertür auf- und zuging. Ich sah auf, in der Hoffnung, dass es Lindsey war, die sich zu mir gesellen wollte, aber dann schwang die Tür zur Dusche auf, und Chuck steckte den Kopf hinein und sagte: »O Mann, für was brauchst du denn hier so lange?«
»Hast du was dagegen?«, erwiderte ich und rammte die Tür gegen seinen Arm.
»Sei doch nicht so empfindlich«, sagte er kichernd. »Ich bin sicher, es ist sehr beeindruckend, wenn du erregt bist.«
»Fick dich.«
»Mit dem Ding? Das würde ich vermutlich gar nicht bemerken.« Dann setzte er sich auf den Toilettendeckel, nachdem er seine Quote an niveaulosen Witzen fürs Erste erfüllt hatte. »Hör zu«, sagte er. »Ich weiß, ich hab da ein bisschen über die Stränge geschlagen, aber trotzdem habe ich schon ernst gemeint, was ich gesagt habe.«
»Welchen Punkt genau?«
»Den Punkt, dass diese ganze Sache hier inzwischen zu weit gegangen ist. Den Punkt, dass es an der Zeit ist, dass wir uns unsere Niederlage eingestehen und nach Hause fahren.«
»Oh«, sagte ich. »Den Punkt.«
»Ja. Na ja, jedenfalls finde ich, wir sollten uns alle darüber aussprechen, weißt du? Einfach allen Ansichten Luft machen und dann entscheiden, was am besten ist.«
»Einverstanden. Aber diesmal ohne Ringkampf.«
»Abgemacht. Ich finde, wir sollten es jetzt sofort erledigen.«
»Na ja, jetzt sofort bin ich noch ein bisschen nackt«, sagte ich.
»Ein bisschen ist genau das richtige Wort«, sagte er verächtlich, stand auf und klappte den Toilettendeckel hoch. »Ich meinte, wenn du fertig bist. Du hast doch vor, irgendwann in absehbarer Zeit da rauszukommen, oder? Du stehst jetzt schon seit einer halbenStunde unter der Dusche.« Ich hörte, wie die Schnalle seines Gürtels klirrte.
»Ich gehe davon aus, dass du hier drinnen nicht pinkeln wirst, solange ich dusche«, brüllte ich ihn an.
»O Mann, sei doch froh, es hätte ja noch schlimmer kommen können.«
Ich steckte den Kopf unter den Hauptduschkopf und versuchte, Chuck zu ignorieren. Ich hielt die Augen geschlossen, während mir das Wasser übers Gesicht lief, lehnte mich gegen die kalte, geflieste Wand und glitt mit einem Fingernagel über den Mörtel.
»Mit Lindsey und dir scheint’s ja prima zu laufen, oder?«, meldete sich Chuck erneut.
»Äh, ja,«
»Das ist gut. Freut mich für dich, Ben. Sie ist wirklich viel besser für dich als Sarah.«
»Danke.«
»Und schärfer.« Er schwankte ein bisschen hin und her und zog sich dann die Hose hoch.
»Noch mal danke«, sagte ich und stellte widerstrebend die Dusche ab, als er die Spülung zog.
»Ich habe zu Sarah eigentlich nie einen Draht gehabt. Ich weiß nicht, wieso«, überlegte Chuck, während er sich im Waschbecken energisch die Hände abrubbelte. Er wusch sich die Hände auf die Art, die er vermutlich in der Chirurgie gelernt hatte, etwas, was mir bis dahin noch nie aufgefallen war.
»Sarah hat dich gehasst«, sagte ich und trat aus der Dusche.
»Das könnte dazu beigetragen haben«, räumte Chuck ein und reichte mir ein Handtuch. »Hier, bitte sehr, Kleiner«, sagte er mit einem anzüglichen Blick zwischen meine Beine, und das in genau dem Augenblick, als Lindsey ins Bad kam, deren Augen sich verwirrt weiteten.
»Störe ich bei irgendwas?«, fragte sie mit einem ironischen Lächeln.Ich konnte nackt vor Lindsey sein, und ich konnte nackt vor Chuck sein, aber nackt vor beiden zu stehen, das war mehr, als ich verkraften konnte. Ich wickelte mir rasch das Handtuch um die Hüfte, wobei ich mich fragte, wie oft einem das Leben doch genauso vorkam wie eine Folge von
Herzbube mit zwei Damen
.
»Ein Gespräch unter Männern«, sagte Chuck auf dem Weg nach draußen. An der Tür wandte er sich noch einmal um und warf mir einen bedeutungsvollen Blick zu. »Sehen wir uns in ein paar Minuten unten?«
»Na klar«, sagte ich, während ich mir das nasse Haar aus dem Gesicht
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