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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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Branche verschweigt, dass sie keine wirksamen Rezepte gegen das Versagen findet. Sie hat alles probiert – und nichts hat gefruchtet.
    Auf Computer jedweder Sorte geht ein Hagelsturm schädlicher Programme nieder. Sie sind tausendfachen Versuchen ausgesetzt, ihnen Daten zu entlocken und sie an Cyberverbrecher in Kasachstan, China oder der USA zu mailen. Die Cybersicherheitsfirma Symantec meldete, dass sie 2010 mehr Softwareschädlinge gefunden hätten als in allen anderen Jahren ihres Bestehens zusammen. Diese seien immer trickreicher programmiert. Sie lauerten überall. In E-Mails. Auf Webseiten. In Chaträumen. In den Suchergebnissen bei Google & Co. Eingeschmuggelt zwischen alarmierende Nachrichten auf Informationsportalen, versteckt zwischen dem Klatsch und Tratsch auf sozialen Netzwerkseiten wie Facebook.
    Dass es die Bürocomputer trifft und die Tischrechner daheim, ist bekannt. Genauso verletzlich aber sind die neuen Kultgeräte, die so viele Leute mit sich herumschleppen und begeistert herzeigen. Kaum kam das neue iPad auf den Markt, da warnte Apple seine Kunden: Besser erst eine aktualisierte
Version des Betriebsprogramms herunterladen! Eine ganze Reihe Fehler und Schwachstellen war entdeckt worden. So gab es ein paar Methoden, mittels derer ein Hacker Kontrolle über iPad-Geräte erlangen konnte.
    Wenn es derartige Lücken im Sicherheitssystem der Geräte gibt, dann gibt es »eigentlich keine Grenzen, was ein Hacker tun kann«, sagt ein Sicherheitsexperte aus Seattle. Dann sei es auch möglich, dass ein unbefugter Nutzer das iPad belauschen kann – Aufenthaltsorte, Nutzungsgewohnheiten, Chats und E-Mails, Bank- und Kreditkartendetails. Demonstrationsprogramme, wie so etwas gemacht werden kann, kursieren reichlich in Hackerkreisen und im Internet. Ob und in welchem Umfang sie schon benutzt wurden, ist unbekannt – das liegt in der Natur der Sache.
    Von vergleichbaren Fehlern wie beim iPad waren gleich nach ihrem Erscheinen das Apple-Telefon iPhone (alle Modelle) und das Apple-Musikabspielgerät iPod betroffen, die diversen Telefone und Tablettcomputer mit dem brandneuen Android-Betriebssystem der Firma Google, auch die neuen Fernseher mit eingebautem Internetzugang – ach, für nahezu jedes neue Gerät erschienen recht bald nach ihrem Erstverkauf die ersten Anleitungen zum »Hacken« in einschlägigen Internetforen, und bald auch einschlägige Schadprogramme. Dienste wie Facebook und Twitter und GoogleMail samt des Universums ergänzender Dienstleistungen ringsherum – angreifbar und von Bösewichten »geknackt«.
    Sämtliche heutzutage eingesetzten Schutzmechanismen – Virenscanner, Firewalls, trickreiche Verschlüsselungstechniken, doppelte und dreifache Absicherungen bei den Onlineshops und Onlinebanken – erweisen sich bisher als unzureichend. Sie funktionieren, aber sie funktionieren nicht gut genug. In den USA hat der Datendiebstahl derartige Dimensionen erreicht, dass eine Epidemie des »Identitätsdiebstahls« ausgebrochen ist, die Menschen quasi über Nacht in den Bankrott treibt. Sie schwappt gerade nach Europa herüber. Hierzulande schnellt die Zahl der Diebstähle im Onlinebanking in die Höhe (siehe Kapitel 2), weil kein Schutzmechanismus
der Banken, keine noch so lästige Verwaltung von Passwörtern und iTAN-Nummern und virtuellen Tastaturen sicher ist. Adam Shostack, ein anderer Cybersecurity-Experte bei Microsoft, sagt: »Das Internet macht jedermann effizienter. Vielleicht besonders die Verbrecher.«
    Im digitalen Untergrund herrscht gute Laune. Erpresser drohen inzwischen damit, Produktionsstraßen und Stromnetze aus der Ferne abzuschalten oder Großunfälle auszulösen. Militärs schlagen Alarm: Feindliche Hacker könnten inzwischen Kraftwerke infiltrieren, Krankenhäuser lahmlegen und Flugzeuge abstürzen lassen – überlebensrelevante Technik, sagen ihre Experten, müsse dringend wieder vom Netz!
    Eine wachsende Zahl unabhängiger Experten und Wissenschaftler sagt inzwischen: Das Internet, so wie es heute konstruiert ist, hat seine besten Zeiten hinter sich.
    Ein neues Netz muss her.
    Am angesehensten Technologieinstitut der USA, dem MIT in Cambridge (Massachusetts), hat sich kürzlich einer der Miterfinder der Internet-Protokolle zu Wort gemeldet. David D. Clarke nimmt keine Hand vor den Mund: »Das Internet ist kaputt«, stellte er lakonisch in den

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