Zeiteise in Technicolor
Mastspitze.
»Es wird spät«, sagte Ottar. »Wenn wir heute segeln, müssen wir bald losfahren.«
»Wir sind fast fertig«, erklärte Barney. »Nur noch eine Szenenfolge, wie du die Bucht verläßt.«
»Das hast du schon heute morgen gemacht.«
»Ja, aber das war ein Blick vom Ufer aus. Jetzt möchte ich, daß du dich zusammen mit Slithey an die Ruderpinne stellst. Ihr segelt gemeinsam in ein unbekanntes Schicksal …«
»In meinem Schiff steht keine Frau an der Ruderpinne.«
»Sie soll das Schiff ja auch nicht steuern. Sie steht nur neben dir und hält deinen Arm. Das ist doch nicht zuviel verlangt, oder?«
Ottar brüllte eine Reihe von Befehlen, als das Segel entfaltet war. Das Ankerseil wurde an der Winde befestigt. Gino filmte das Hieven des Ankers. Der Wind spannte das Segel.
»Slithey!« rief Barney. »Du bist an der Reihe. Beeil dich!«
Es war nicht leicht, vom Vorderdeck auf das hintere Deck zu gelangen. Da das Schiff keine Laderäume und nur zwei winzige Schlafkabinen besaß, waren nicht nur die Vorräte an Deck verstaut, sondern zusätzlich vierzig Mann, sechs Kühe und ein gefesselter Bulle, eine kleine Schafherde und zwei Ziegen. Das Muhen, Mähen und Rufen machte es Barney schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Slithey stolperte über den Wirrwarr, und Barney half ihr auf das winzige Steuerdeck. Sie trug ein weißes Gewand mit einem tief ausgeschnittenen Mieder und sah mit ihren blonden Zöpfen und den vom Wind geröteten Backen sehr attraktiv aus.
»Stell dich hier neben Ottar«, sagte Barney und trat einen Schritt zurück. »Kamera!«
»Schöner Blick auf die Hinterköpfe!« rief Gino.
»Ottar!« schrie Barney. »Bei Thor, dreh dich um! Du siehst in die falsche Richtung.«
»Zum Steuern muß ich nach hinten sehen«, meinte Ottar widerspenstig. »Nur am Land erkenne ich, ob Richtung stimmt.«
Nach vielem Bitten und Betteln gelang es Barney, Ottar und Slithey zum Umdrehen zu bewegen. Gino konnte die Szene endlich knipsen.
»Schnitt!« seufzte Barney schließlich, und Ottar drehte sich erleichtert um.
»Ich setze euch hinter der Landzunge ab«, sagte er.
»Gut«, erwiderte Barney. »Ich verständige einen der Laster, damit man uns abholt.«
Schwierig wurde es lediglich, als sie die Kamera an Land schafften. Barney blieb an Bord, bis alles abgeladen war. »Gute Reise«, sagte er zu Ottar. »Und auf Wiedersehen in Vinland.«
»Natürlich«, sagte Ottar und quetschte seine Hand. »Suche guten Platz für mich. Wasser, Gras für die Tiere, viel Holz.«
»Ich werde mein möglichstes tun«, versprach Barney und rieb sich die klammen Finger.
Der Wikinger verschwendete keine Zeit. Sobald Barney am Ufer war, steuerte er das Schiff auf die offene See hinaus. Die Rufe der Männer verklangen allmählich in der Ferne.
»Sie müssen es schaffen«, murmelte Barney halblaut vor sich hin. »Sie müssen es schaffen.« Er wandte sich abrupt ab und stieg in den Wagen. »Zur Zeitmaschine«, befahl er dem Fahrer. »So schnell wie möglich.« Er konnte zumindest sofort erkunden, ob Ottar sicher in Island angekommen war. Die Zeitmaschine vereinfachte die Probleme nicht, aber sie ersparte einem zumindest das nervenaufreibende Warten.
Das Lager befand sich in einem häßlichen Zustand, als sie ankamen. Die meisten Zelte waren abgebrochen und wurden verladen – aber Barney hatte keine Augen dafür. Die ganze Arbeit war verschwendet, wenn das Schiff nicht ankam. Er rannte auf die Plattform, sobald der Wagen anhielt. Der Jeep war bereits startbereit, und Tex und Jens Lyn sahen zu, wie der Professor die Batterien des Vremeatrons wechselte.
»Wo ist Dallas?« fragte Barney.
Tex deutete mit dem Daumen nach hinten. »In der Falle.«
»Um diese Tageszeit?«
»Wir können auch ohne ihn fahren«, meinte Tex. »Einer genügt für den Job. Schließlich sollen wir bei Ottar doch nur die Winterration an Whisky abliefern, sobald wir ihn gefunden haben.«
»Ihr tut, was ich sage. Ich will, daß zur Sicherheit zwei Leute mitfahren. Es darf jetzt keine Schnitzer mehr geben. Da kommt er ja.«
Barney trat schnell von der Plattform weg, als der Professor die Maschine einschaltete. Wie immer schien die Reise nur Bruchteile von Sekunden gedauert zu haben. Die Plattform verschwand und tauchte ein paar Schritt weiter hinten wieder auf.
Aber das Bild hatte sich verändert. Professor Hewett hielt sich in seinem Instrumentenraum auf, und die anderen hatten sich in den Jeep zurückgezogen. Auf der Plattform lag eine dicke
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