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Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber

Titel: Zeitenzauber - Völler, E: Zeitenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Dann rief er über die Köpfe der Umstehenden dem alten Mann in der Gondel etwas zu und der rief zurück. Es klang wie eine Aufforderung.
    Frau Tasselhoff machte einen großen Schritt nach vorn und kletterte in die Gondel. »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!« Sie blickte zu uns hoch. »Kommt schon, worauf wartet ihr! Einen besseren Platz zum Gucken kriegen wir im Leben nicht!«
    Herr Tasselhoff und Matthias stiegen folgsam ebenfalls in die Gondel und setzten sich. Unterdessen schob der Drängler in der Menge, von dem ich nur einen dunklen Haarschopf sah, die letzten Leute, die ihm noch im Weg standen, zur Seite. Dummerweise waren das meine Eltern und ich.
    Papa fing an zu schimpfen, weil Mama um ein Haar gestürzt wäre. Er konnte sie gerade noch festhalten.
    Ich selbst verlor das Gleichgewicht, und flog in hohem Bogen ins Wasser. Platschend landete ich im Kanal und versank wie ein Stein.

    Das Wasser war nicht allzu kalt, jedenfalls nicht kälter als im Freibad, doch nach der schwülheißen Spätsommerhitze war es trotzdem ein ziemlicher Schock. Ganz abgesehen davon, dass es die reinste Kloake war. Irgendwo mussten die Venezianer ihr Abwasser lassen und da boten sich natürlich die Kanäle an. Sie lagen schließlich direkt vor der Haustür, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Prustend kam ich wieder hoch und schnappte nach Luft.
    »Anna!«, hörte ich meine Mutter schreien. »O Gott, sie ist ins Wasser gefallen!«
    Sehen konnte ich nichts, denn meine Haare hingen mir wie ein Bündel Algen vor dem Gesicht. O Gott, vielleicht waren es Algen! Stinkende, grüne, giftige Kanal-Algen!
    Hände griffen nach mir und zerrten mich aus dem Wasser in ein Boot, mitsamt meiner Tasche, die ich eisern festhielt. Schließlich befand sich mein neuer iPod darin. Hoffentlich hatte er nichts abgekriegt!
    Hastig wischte ich mir die Algen aus den Augen, wobei ich feststellte, dass es sich zum Glück doch nur um meine Haare handelte. Als Nächstes merkte ich, dass man mich in die rote Gondel gezogen hatte, in der ich nun der Länge nach lag wie ein gestrandeter Fisch. Schräg über mir sah ich Matthias’ erschrockenes Gesicht, auf den Kopf gestellt, weil er von hinten auf mich herabblickte. »Alles in Ordnung, Anna?«
    »Das war nur Ihre Schuld, Sie Flegel!«, hörte ich Frau Tasselhoff zetern. »Hätten Sie nicht alle Leute weggestoßen, wäre das nicht passiert. Dabei haben Sie doch gesehen, dass wir die Gondel schon gemietet hatten!«
    Gemietet fand ich nach Lage der Dinge nicht gerade passend. Beschlagnahmt hätte es eher getroffen.
    »Immerhin hat er Anna gerettet«, sagte Matthias.
    Er? Wer? Ich setzte mich auf und blickte aus verklebten Augen umher. Als Erstes sah ich die Parade der historischen Boote, die neben uns durch das Wasser zog. Dann fiel mein Blick auf den alten Gondoliere, dessen eines Auge mich ausdruckslos betrachtete. Oben auf dem Kai entdeckte ich in der Menge die erleichterten Gesichter meiner Eltern.
    Und dann drehte ich mich zu meinem Retter um, der mich deutlich verärgert anschaute.
    Es war Winner.

    Der alte Gondoliere sagte etwas zu ihm, es klang wie eine Warnung.
    »Sie sollten sofort aussteigen«, wandte sich Winner auf Englisch an mich. Er wirkte nervös.
    »Das können Sie vergessen«, versetzte Frau Tasselhoff. »Wir waren zuerst hier. Wenn jemand auszusteigen hat, dann Sie!«
    »Sie können hierbleiben, aber das Mädchen nicht!«
    »Kein Problem, ich hatte sowieso keine Lust aufs Gondelfahren«, erklärte ich. Mein Englisch war nicht berauschend, aber ich hoffte, dass dieser Winner es verstand. Soeben hatte ich nämlich gesehen, dass er immer noch das Messer am Gürtel stecken hatte, das er dem anderen Typen beim Kampf angenommen hatte. Und er machte ganz den Eindruck, als wolle er keinen Widerspruch dulden.
    Er war historisch kostümiert, genau wie der alte Gondoliere, nur dass es bei Winner deutlich besser aussah. In den engen Strumpfhosen wirkten seine Waden sehr muskulös und auch das bestickte rote Seidenwams kleidete ihn vorzüglich. Die Schuhe sahen ein bisschen albern aus mit den schnabelförmigen Spitzen, aber sie passten zu dem übrigen Kostüm. Genau wie der Hut, der neben ihm auf der Sitzbank lag.
    All das sah ich aus dem Augenwinkel, während ich mich bereit machte, aus der Gondel zu steigen. Das war jedoch nicht so einfach, denn alles, was ich trug, einschließlich der Umhängetasche, hatte sich bis in die letzte Faser mit Wasser vollgesogen. Es fühlte sich an, als wöge ich doppelt so viel wie

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