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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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auszusehen, als stammte ich von der Oberfläche; ich trug die richtigen Kleider, wie sollte ich mich da von den anderen unterscheiden? Ich könnte ein Kaufmann oder sonst jemand sein, der reich genug war, um ein Pferd zu besitzen. Und ich sollte einen guten Grund haben, um hierherzukommen.
    Von Angel mußte auf dieser Straße entlanggeritten sein, aber ich hatte jetzt keine Möglichkeit mehr, ihm durch dritte zu folgen. Ich trieb mein Pferd zu einer schnelleren Gangart an. Ich wollte den Ritter nicht verlieren; das hätte bedeutet, daß ich selbst nach dem Mädchen suchen mußte. Warum er allerdings überhaupt nach Flandern gekommen war, das konnte ich mir nicht vorstellen. Es sei denn, er war ihr gefolgt, und sie war gegen ihren Willen in dieses Land gebracht worden. Selbst dann mußte sie recht nahe der Grenze gewesen sein, wenn eine Bande von Flamen sie entführt hatte. Und warum war das von den Beobachtern nicht bemerkt worden? Vielleicht waren die Sichtschirme defekt oder nicht besetzt; vielleicht hatten die Beobachter geschlafen; vielleicht hatte man es mir aus irgendeinem Grund nicht erzählt; vielleicht war sie nicht in Flandern oder war nicht einmal entführt worden oder existierte nicht und hatte es nie getan…
    Schließlich erreichte ich eine Stadt, beziehungsweise das, was hierzulande als eine Stadt galt.
    Ich überlegte, wie einfach es wäre, eine Invasionsarmee nach Flandern zu schicken. Nicht so leicht, wie es für mich gewesen war, bis hierher zu kommen, aber auch nicht allzu schwer. Sie hatten sich doch sicher inzwischen zuviel vorgenommen, und ihre ,Streitmacht’ entlang der Grenze war zu weit auseinandergezogen und deshalb zu dünn. Wenn sich die benachbarten Länder verbündeten, konnten sie die flämische Armee besiegen; die einzige Schwierigkeit betraf die Waffen, die die Rebellen hatten. Aber wenn sich genügend viele Beobachter und Wächter zusammentaten, könnten sie damit fertig werden, vielleicht, indem sie sich durch vergessene, nicht blockierte Tunnels hinter ihre Reihen schlichen. Gab es genug Beobachter und Wächter und wären sie bereit zu kämpfen? Konnten sie kämpfen? Sie waren dazu nicht ausgebildet, und die Renegaten hatten nur deshalb Erfolg gehabt, weil bei ihnen Pistolen gegen Schwerter gestanden hatten.
    Ich stieg vor einem Haus ab, das romantischerweise als Schenke bekannt war, eine Art von Einrichtung, die es unten nicht gab – ein Pluspunkt für die Oberfläche.
    Von Angel kam heraus und wollte gerade an mir vorbeigehen: Ich versperrte ihm den Weg.
    „Halt, von Angel“, sagte ich zu ihm. „Ich weiß, was Ihr sucht.“
    Ich kann mich nicht daran erinnern, daß ich mich bewußt dazu entschlossen hätte, ihn anzusprechen – dieser Impuls kam wie von selbst.
    Er starrte mich an, Augen und Mund aufgerissen, und griff eine Sekunde später nach seinem Schwertgriff. Ich erreichte sein Handgelenk mit meiner Hand zuerst und versuchte ein beruhigendes Lächeln. Als er wieder sprach, kam mir der Gedanke, wie günstig es war, daß wir alle – mehr oder weniger – die gleiche Sprache benutzten.
    „Keine Angst. Ich bin auf Eurer Seite. Ich bin auch hinter dem Mädchen her. Wir können uns gegenseitig helfen.“
    Er machte zwar keinen Versuch mehr, seine Waffe zu ziehen, aber mein Lächeln schien auf der anderen Seite nicht den beabsichtigten Effekt zu erzielen. Vielleicht war ich doch falsch vorgegangen; vielleicht war an der alten Vorstellung etwas dran, daß man es sich überlegen sollte, bevor man etwas tat.
    Die Schenke würde warten müssen. „Kommt mit“, sagte ich und fügte dann mit einem leichten Anflug von Genialität hinzu: „Befehl von Attila.“
    Die drei magischen Worte. Von Angel machte seinen Mund zu und nickte. Wir stiegen auf unsere Pferde und machten uns auf den Weg aus der Stadt heraus, nicht zu schnell und nicht zu langsam.
    „Habt Ihr sie schon gesehen?“
    „Nein.“
    „Seid Ihr sicher, daß sie in Flandern ist?“
    „Das scheint wahrscheinlich. Seid Ihr nicht dieser Meinung?“
    „Doch. Ich halte es auch für wahrscheinlich.“
    „Ich nehme an, daß Ihr sie noch nicht gesehen habt?“
    „Nein, jedenfalls nicht, wie ich Euch sehe.“
    „Oh.“
    „Was habt Ihr herausgefunden?“
    „Seit wann?“
    „Seit der König Euch hinter ihr hergeschickt hat.“
    „Ich habe herausgefunden, daß sie eine kurze Zeitlang in Verdun war, dann aber weitergezogen ist. Von ein paar Bauern habe ich gehört, daß die Flamen Frauen aus den Nachbarländern rauben,

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