Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
Vom Netzwerk:
in Richtung Verdun unterwegs war. Auch jemand anders hatte gemerkt, was das hieß, und ein Bote hatte Resnais gewarnt.
    Resnais war gescheitert. Hatte David aber Erfolg gehabt? Statt nach unten zurückzukehren, hatte er Verdun zu Pferd verlassen. Hatte er für den Ersten noch etwas zu erledigen, oder desertierte er? Das wußte keiner. Ein Bericht war abgefaßt worden, aber vom Ersten Wächter kamen keine Anweisungen. Kannte er ihre Pläne? Er mußte Verdacht geschöpft haben, und wenn es nur wegen der Wächter war, die an den Höfen Attilas und Napoleons umgebracht worden waren. Irgendwie hielt sie das für einen Fehler. Sie hatten ihre Karten aufgedeckt, aber das war alles ein Teil des größeren Plans: den Ersten zu beunruhigen, ihn dazu zu bringen, seine Verteidigung zu weit auszubreiten, und seine Aufmerksamkeit von der wirklichen Gefahr abzulenken.
    Sie konnte nicht wissen, ob es auch so klappte. Wohin ging David? Und was war mit der neuen Terrorwaffe des Ersten: die Einschüchterung der Leute an der Oberfläche mit Menschen und Tieren, die Androiden waren? Woher hatte er die Hilfsmittel und die Sachkenntnis, um sie zu konstruieren? Unter der Erde war das unmöglich, das wußte sie. Das ließ als Möglichkeit nur noch Flandern – war das vielleicht das Ziel Davids?
    Und was war, wenn diese künstlichen Lebewesen weder vom Ersten noch von den Renegaten stammten? Darüber hatte sie sich bisher noch nie Gedanken gemacht, und sie tat es auch jetzt nicht gern.
    Ich hatte noch keinen einzigen Elefanten gesehen, der die Langeweile hätte durchbrechen können. Ich hätte zurückgehen oder dort, wo ich war, stehenbleiben können, um darauf zu warten, daß von Angel das Mädchen fand, oder sonst etwas. Angeblich war ich frei in meinen Entscheidungen. Nachdem ich aber den Ersten gefragt hatte, fühlte ich mich verpflichtet, meine jetzige Politik weiterzuverfolgen. Ich ritt weiter, und…
    … nachdem ich die Nacht in meinem aufblasbaren Kuppelzelt verbracht hatte, aufgestanden war und gefrühstückt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg…… bis:
    Ssssummmm.
    Ein Summer ertönte.
    Ich zog den Kommunikator aus einer meiner zahlreichen Taschen, drehte ihn herum und fragte: „Ja?“
    Darauf antwortete mir der Anrufer, von Angel habe die jüngste, erweiterte Grenze nach Flandern überschritten, und er nannte mir die genaue Stelle. Dies bedeutete, daß ich von ihm nichts mehr zu hören bekommen würde – von denen da unten –, bis er wieder herauskam. Wenn er wieder herauskam. Ich würde auch nicht erfahren, ob das Mädchen bei ihm war oder nicht.
    „Danke“, sagte ich, machte mir eine Notiz auf meiner photokopierten Karte und fragte dann noch zusätzlich: „Noch irgendwelche Elefanten?“
    „Nein“, sagte der Beobachter. „In Ihrer Gegend nicht.“
    Meiner Meinung nach bedeutete dies, daß es woanders welche gab.
    Falls jemand den Posten vermißte, würde es nicht sehr schwierig sein, ihn zu finden, sofern sich jemand die Mühe machte, ihn zu suchen. Würde das jemand tun? Oder würden sie denken, daß er zu früh nach Hause gegangen war? Wieviel Zeit blieb ihm also noch? Würden die Flamen annehmen, daß der Mörder – so bezeichnete er sich gern in Gedanken selbst; das verwies auf einen neuen Reifegrad – wieder dahin zurückgeritten war, wo er herkam? Der Verdacht würde ihnen nie kommen, daß er noch tiefer in das verbotene Gebiet hineingeritten war… oder doch?
    In seinem eigenen Land schien der Hofzauberer – und eigentlich auch jeder andere, denn die meisten wichtigeren Adligen und Städte hatten einen Zauberer eingestellt – zu wissen, was sich irgendwo anders im Saarland abspielte, ja sogar in den Nachbarländern. War das nicht in Flandern genauso, wo es mehr Zauberer gab als irgendwo sonst? Wenn das der Fall war, dann wußten sie über ihn schon Bescheid und waren auch darüber unterrichtet, was er getan hatte. Dann wäre es sinnlos gewesen, die Leiche zu verstecken. Vor denen, die überall Augen hatten, konnte bestimmt nichts verborgen werden.
    Ja, sie wußten Bescheid. Warum aber hatten sie nichts unternommen? Oder vielleicht hatten sie das doch, und genau in diesem Augenblick war ein Reitertrupp auf der gleichen Straße unterwegs, um ihn umzubringen. Wäre es da nicht leichter, einen dienstbaren Geist aus der Erde heraufzubeschwören, der ihn vom Pferd herabzerren und ihm die Kehle durchschneiden würde? Der junge Ritter rieb seinen Hals und betastete seinen Adamsapfel, der beim Schlucken

Weitere Kostenlose Bücher