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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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da­von, daß sei­ne ei­ge­ne Ar­mee ver­nich­tet wor­den war? Oder dach­te er über­haupt nicht nach? War auch er ein Zom­bie, ein teil­nahms­lo­ser Kre­tin? Viel­leicht war je­der­mann über der Ober­flä­che ein An­dro­id, der nur da­zu da war, de­nen dort un­ten zur Un­ter­hal­tung zu die­nen. Viel­leicht war er selbst ei­ner.
    Er stand ab­rupt auf und ging in dem klei­nen Zim­mer hin und her. Er ver­such­te, an et­was an­de­res zu den­ken. Zum Bei­spiel an die wirk­li­chen An­dro­iden: Wo­her wa­ren sie ge­kom­men? Viel­leicht hat­te An­ders es an­ge­zet­telt, und die Sa­che hat­te nicht rich­tig ge­klappt. Es war of­fen­sicht­lich, daß sie nicht von oben ge­kom­men sein konn­ten. Über der­ar­ti­ge Hilfs­mit­tel ver­füg­te selbst Flan­ders nicht, al­so blieb nur das Un­ten. Ir­gend je­mand von dort un­ten muß­te das ein­ge­fä­delt ha­ben. Das war die ein­zig mög­li­che Ant­wort. Er hat­te ins­ge­heim schon oft den Ver­dacht ge­habt, daß die Strei­te­rei­en un­ter den Na­tio­nen, die es in Eu­ro­pa noch gab, ein­zig und al­lein für die we­ni­gen tau­send Leu­te exis­tier­ten, die sich Be­ob­ach­ter oder Wäch­ter nann­ten. Al­le an­de­ren wa­ren Spiel­zeu­ge, die nur da­zu da wa­ren, mit Ge­schich­ten von Zwer­gen, Dra­chen und Ko­bol­den Furcht zu ver­brei­ten oder zu quä­len. Und die schwar­zen Rie­sen und Zwer­ge wa­ren nichts an­de­res als die phy­si­sche Ma­ni­fes­tie­rung sol­cher Le­gen­den.
    War Ers­ter da­für ver­ant­wort­lich? Die Ide­en quol­len aus Fells über­flie­ßen­dem Ge­hirn. Wenn man es von der Sei­te sah, stimm­te so vie­les. Und trotz­dem. Wie konn­te er sich nur da­zu brin­gen, sol­che… Blas­phe­mi­en zu glau­ben.
    Der Ers­te Wäch­ter soll­te das Ver­trau­en miß­brau­chen, das man in ihn ge­setzt hat­te? Die Zu­kunft der Welt? Si­cher nicht.
    Wer aber war Ers­ter? Wo­her war er ge­kom­men? Sei­ne Her­kunft war ein Ge­heim­nis. Zehn Jah­re muß­te es jetzt her sein. Der vor­her­ge­hen­de Ers­te war er­mor­det wor­den, und plötz­lich war er – der Ers­te – da und war bis heu­te ge­blie­ben. War Ers­ter, wer auch im­mer er sein moch­te, wie die me­cha­ni­schen Ne­ger von ir­gend­wo­her auf­ge­taucht? Nie­mand schi­en ihn näm­lich vor­her ge­kannt zu ha­ben. Ei­ni­ge hat­ten ver­sucht, ihn los­zu­wer­den, aber der Usur­pa­tor hat­te ver­schie­de­ne Kom­plot­te schad­los über­stan­den. Al­le an­de­ren, dar­un­ter auch Fell, hat­ten das mit Gleich­mut hin­ge­nom­men. Merk­wür­dig, wie sie das al­le so pas­siv er­tra­gen hat­ten, je­den­falls schi­en es zu­min­dest im Rück­blick so. Oder viel­leicht, so über­leg­te er sich, hat­te er es für das Klügs­te ge­hal­ten, die Si­tua­ti­on an der Spit­ze nicht nach­zuah­men – klein­li­che Strei­te­rei­en um ei­ne be­lang­lo­se Au­to­ri­tät.
    Wie kommt das ei­gent­lich, frag­te sich der falsche Zau­be­rer, daß ich dar­über vor­her noch nie in die­ser Art und Wei­se nach­ge­dacht ha­be? Es war, als sei ihm ei­ne Bin­de von den Au­gen ge­nom­men wor­den; die heu­ti­gen Er­eig­nis­se hat­ten sei­ne ein­ge­schla­fe­nen Ge­dan­ken wie mit ei­nem Tritt in Be­we­gung ge­bracht.
    Er be­schloß, an die fri­sche Luft zu ge­hen, um einen kla­ren Kopf zu be­kom­men. Es war fast so schlimm, hier in sei­nem Zim­mer her­um­zu­ho­cken, wie un­ter der Er­de zu le­ben. Er schloß die schwe­re, la­ckier­te Tür auf und ging in den dunklen Kor­ri­dor hin­aus. Er dreh­te sich um, um die Tür mit sei­nem Dau­men­ab­druck ab­zu­schlie­ßen, er­starr­te aber bei ei­nem lei­sen Ge­räusch. Er sah zu­rück. Es war ei­ner der an­de­ren Über­le­ben­den des Massa­kers. Der Hof­narr.
    Fell hat­te sich schon oft über At­ti­las Hof­nar­ren Ge­dan­ken ge­macht. Wie es ihm zum Bei­spiel ge­lun­gen war, die bei­den Mä­tres­sen des Kö­nigs zu ret­ten, da sie ihm viel wich­ti­ger wa­ren als der Ver­lust sei­ner Ar­mee. Lis­tig. Schlau. Mehr wie ein Wäch­ter als je­mand von der Ober­flä­che.
    In der letz­ten Se­kun­de kam ihm die Er­leuch­tung. Ge­ra­de als die dün­ne Klin­ge zwi­schen sei­nen Rip­pen nach oben glitt.
    Ers­ter. Er muß­te ei­ner von sei­nen

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