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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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hat­te. Nun war er nicht mehr der la­chen­de, hüp­fen­de Narr; jetzt ar­bei­te­te er eis­kalt und über­legt. Sein erns­ter Ge­sichts­aus­druck straf­te die Mas­ke, die auf sein Ge­sicht ge­malt war – der grin­sen­de ro­te Mund, die an­ge­mal­ten Wan­gen und das ge­färb­te Haar –, Lü­gen.
    Er zog der Lei­che die ho­hen schwar­zen Stie­fel aus, den Um­hang, den brei­ten, mit Ju­we­len ein­ge­leg­ten Gür­tel und das Stirn­band aus Me­tall. Dann zog er sei­ne ei­ge­nen wei­chen Pan­tof­feln aus, leg­te sei­ne Glöck­chen ab und zog die lan­ge, nach vorn her­ab­hän­gen­de Nar­ren­kap­pe ab. An­schlie­ßend zog er das an, was er ge­ra­de Fell ab­ge­nom­men hat­te. Er trug noch sei­ne Ho­sen und sein blau­wei­ßes Hemd, aber das mach­te nichts. An sei­nem blau­en Haar konn­te er eben­falls nichts än­dern. Er schnall­te das Schul­ter­half­ter über sein Hemd und wisch­te sich dann das Ma­ke-up weg. Er ging zur Tür und hob das Mes­ser mit der lan­gen Klin­ge auf, das er dort fal­len las­sen hat­te, nach­dem er den an­de­ren Mann ge­tö­tet hat­te. Er hack­te auf Fells Lei­che ein, als sei er ein Metz­ger, der ein Rind zer­teilt. Als er der Über­zeu­gung war, die töd­li­che Wun­de sei ge­nug ver­steckt, stieß er das Mes­ser in die Brust und klemm­te es mit ei­nem Stof­fet­zen fest.
    Fell war grö­ßer als der Narr ge­we­sen, und letz­te­rer fühl­te sich mehr als lä­cher­lich in sei­nem über­lan­gen Um­hang und den Stie­feln, die ihm zwei Num­mern zu groß wa­ren. Dar­an war nichts zu än­dern. Bis auf ei­ne blies er al­le Lam­pen aus, und die­se dreh­te er ganz klein. Er mach­te die Tür auf, ver­ge­wis­ser­te sich, daß nie­mand da war, und brann­te das Schloß her­aus. Er schloß die Tür, so gut dies mög­lich war, und ging durch den Gang zur Trep­pe hin.
    Für Sir Guy von An­gel war es die ers­te Schlacht. Er war an Stel­le sei­nes Bru­ders an­ge­tre­ten, den letz­te Wo­che ei­ne selt­sa­me Läh­mung sei­ner Glied­ma­ßen be­fal­len hat­te, der aber wun­der­ba­rer­wei­se ge­ra­de noch recht­zei­tig wie­der ge­ne­sen war, um ihm zum Ab­schied zu­zu­win­ken. Guys Bru­der hat­te ihm auch sei­nen leich­ten Pan­zer und das Pferd ge­lie­hen, das sein Va­ter ihm vor noch nicht lan­ger Zeit zu sei­nem zwan­zigs­ten Ge­burts­tag ge­schenkt hat­te. Un­glück­li­cher­wei­se ge­hör­te ihm das Roß nicht mehr, weil er es in ei­nem Wür­fel­spiel an Ba­ron Munch­bold ver­lo­ren hat­te. Das war am Vor­abend der Schlacht ge­we­sen, und der Ba­ron wür­de sich sei­nen Ge­winn ab­ho­len, so­bald die Aus­ein­an­der­set­zung zu En­de war. Guy hat­te auch in dem Kampf­ge­sche­hen kei­ne wich­ti­ge Rol­le zu spie­len, da At­ti­la XXI. sich ihn für sei­ne Leib­wa­che aus­ge­sucht hat­te. Al­so hat­ten Sir Guy und an­dert­halb Dut­zend wei­te­re Rit­ter nichts zu tun, als zu­zu­se­hen, denn wo­vor soll­ten sie denn den Kö­nig schüt­zen?
    Er starr­te un­gläu­big auf die Sze­ne, als die Loth­rin­ger von den schwar­zen Rie­sen und Zwer­gen nie­der­ge­met­zelt wur­den, zu ver­blüfft, um ir­gend et­was zu den­ken oder zu tun, als zu­zu­se­hen. Als aber die Saar­län­der an der Rei­he wa­ren, ver­folgt und ge­tö­tet zu wer­den, dreh­te er sein Pferd her­um und mach­te sich auf die Flucht. Der jun­ge Sir Guy war je­doch an die Rüs­tung, die er trug, noch nicht ge­wöhnt – ob­wohl sie aus kaum mehr be­stand als ei­nem Helm und ei­ner blau­en Fe­der, ei­nem dün­nen Brust­pan­zer und Me­tall­rin­gen, die auf die al­te Le­der­ja­cke sei­nes Va­ters an den Är­meln fest­ge­näht wor­den wa­ren. Er ver­lor das Gleich­ge­wicht und fiel aus dem Sat­tel, als sein Pferd von dem Kampf­ge­tö­se und den Ge­räuschen des To­des, die um es her­um er­klan­gen, scheu­te. Das ret­te­te ihm das Le­ben. Das Vi­sier sei­nes Helms fiel her­un­ter, und oh­ne sei­ne Hän­de be­kam er es nicht mehr hoch; sei­ne Hän­de aber steck­ten in en­gen Hand­schu­hen, die er oh­ne sei­ne Zäh­ne nicht her­un­ter­be­kam. Er schloß einen Kom­pro­miß, in­dem er sich auf die Knie er­hob, sein Schwert aus der Schei­de zog und durch die en­gen Seh­schlit­ze starr­te. Von der Grup­pe um At­ti­la, der

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