Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
wir werden Dich wohl bestrafen müssen«, fiel ich in Maddys Singsang ein. Lanark blickte panisch zu meinem Gesicht hoch, das für ihn gut zehneinhalb Fuß über dem Boden zu schweben schien, da ich nach wie vor auf dem hohen Kaminsims stand.
Maddy hielt sich inzwischen auch eine brennende Kerze unter ihr Gesicht. »Was könnte wohl die gerechte Strafe für Dich sein, Emerson?«, fragte sie singend.
Lanark stieß einen markerschütternden Schrei aus und stürzte zur Tür.
Doch da stand ich schon wieder parat, hatte die durch meine schnelle Bewegung erloschene Kerze bereits erneut angezündet und versperrte ihm den Weg. Der Gutsherr stand nun zwischen Maddy und mir eingekeilt und blickte zwischen uns hin und her.
»Ihr seid es!«, rief er mit zwischen Angst und Hass schwankender Stimme. »Ihr müsstet tot sein! Ihr seid tatsächlich Hexen!«
»Richtig, Emerson«, antworteten wir im Chor, während wir ihn ständig umkreisten, »und Hexen sollte man nicht erzürnen!« Wir taten einen Moment unachtsam und ließen ihn zur Tür heraus entwischen, nur um ihn gleich darauf am obersten Treppenabsatz wieder abzupassen.
»Du denkst doch nicht, dass du uns entkommen kannst, Emerson?«
Maddy packte ihn und warf ihn in hohem Bogen die Treppe herunter.
Ich war bereits unten und fing ihn auf. Lanark war diesmal noch nicht mal zu schreien imstande gewesen. Sein Gesicht hatte eine gräuliche Blässe und mit vor Panik geweiteten Augen sah er mich stumm an. Ehe er sich versehen konnte, hatte ich ihn wieder zu Maddy hochgeworfen. Nachdem wir auf diese Weise ein wenig Ball mit ihm gespielt hatten, setzte ich ihn langsam ab.
Er drehte sich um und übergab sich. Dann sank er vor uns auf die Knie. »Bitte!«, jammerte er weinerlich. »Bitte verschont mich! Ich werde alles tun, was Ihr verlangt!«
»Wirklich alles?«, fragte Maddy eindringlich.
Lanark nickte heftig. »Alles!«
»Nun denn«, begann Maddy, »du wirst von nun an deiner Gattin ein treusorgender Gemahl sein, so wie du es noch nie zuvor gewesen bist. Du wirst deine Finger von jungen Burschen lassen.«
Lanark nickte.
»Und du wirst deiner Gattin auf die bestmögliche Weise dienlich sein, indem du all deiner irdischen Güter entsagst und verschwindest«, setzte Maddy fort.
»Verschwinden?«, wiederholte Lanark verständnislos.
»Ja. Du wirst ins Kloster gehen.«
»Ins Kloster?«, echote er noch fassungsloser.
»Ja. Ins Kloster«, antwortete Maddy ruhig. »Oder möchtest du ewig unserer Verdammnis ausgesetzt sein?«
»Nein!«, rief Lanark angsterfüllt aus. »Ich gehe ins Kloster!«
»Schon morgen!«, befahl Maddy.
»Schon morgen«, bestätigte er fügsam.
Einen Wimpernschlag später waren wir verschwunden.
Maddy und ich gingen an der Küste entlang in die Stadt zurück und ließen uns ein wenig Zeit. Da es uns beide vor Lachen schüttelte, wären wir kaum in der Lage gewesen zu rennen.
»Hast du sein Gesicht gesehen?«, fragte ich und wischte mir die Lachtränen aus den Augen.
»Es sah ziemlich grün aus«, antwortete Maddy kichernd. »Kein Wunder, dass er sich übergeben hat.«
»Glaubst du, dass er wirklich ins Kloster gehen wird?«, fragte ich dann nachdenklich.
»Ich weiß nicht. Zumindest wird er wohl in der nächsten Zeit etwas vorsichtiger sein.«
Zurück in der Stadt wiederholten wir unser Schauspiel in vergleichbarer Form mit Reverend Crox und Angus Clerkenwell. Ihre Reaktionen waren der Sir Lanarks nicht unähnlich. Dann holten wir die Stute, mit der ich nach North Berwick gekommen war, luden ihr unser im Wald verstecktes Gepäck auf und machten uns auf dem Weg nach Edinburgh.
Maddy hatte sich entschlossen, einen Teil ihres weiteren Lebensweges mit mir gemeinsam zu beschreiten und der Gedanke, an der University of Edinburgh zu studieren, gefiel ihr sehr gut. Ihr war klar, dass sie sich zu diesem Zweck auch als Mann ausgeben musste, daher besorgte sie sich auf unserer Reise noch schnell die passende Kleidung und nannte sich von nun an »Matthew Kingsbury«.
Feurig
Meine Ersparnisse waren nicht annähernd so hoch wie die Maddys, aber für die Studiengebühren an der Universität reichte es gerade noch. Wir schrieben uns für Jura und Naturwissenschaften ein, Maddy für Botanik, ich für Mathematik. Maddy bestand darauf, für unsere Unterkunft aufzukommen und mietete eine große Wohnung für uns in Gladstone’s Land, einem Stadthaus vor den Toren des Edinburgh Castle und ganz in der Nähe der Universität. Wir gaben uns als die
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