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Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)

Titel: Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hope Cavendish
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Spanier.
     
    Auch in Charlestown spazierte ich nachts durch die Stadt, um mich nach möglicherweise hier lebenden Vampiren umzuschauen. Und tatsächlich hörte ich eines Nachts einen markerschütternden Schrei, als ich eine kleine Seitenstraße entlangging. Ich rannte in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war, und stieß im Hinterhof eines Wirtshauses auf einen enorm großen und kräftigen schwarzen Mann, der einen der Sklavenhändler, die ich am Vortag beobachtet hatte, an der Gurgel gepackt hatte. Obwohl der schwarze Mann bürgerliche Kleidung trug, wies ihn der eiserne Sklavenring um seinen Hals eindeutig als Sklave aus und er war offenkundig gerade dabei, dem Sklavenhändler das Blut auszusaugen.
    »Lass ihn los!«, rief ich warnend und stellte mich kampfbereit auf.
    Wütend schnellte der Schwarze herum, ohne dabei den Sklavenhändler loszulassen, der nun schlaff in seinen Armen hing. Seine Augen loderten feuerrot und sein rastloser Blick glich dem eines Wahnsinnigen. Sein weißes Hemd war besudelt mit dem Blut seines Opfers. So unkontrolliert, wie der Sklave sich bewegte, war er allem Anschein nach erst vor kurzem verwandelt worden.
    Als er mich entdeckte, ließ er den Sklavenhändler zu Boden fallen und stürzte sich mit einem Wutschrei auf mich. Ich wich zur Seite aus und er knallte mit solcher Wucht in eine Hauswand, dass er darin eine Delle hinterließ. Er schüttelte sich kurz und wandte sich mir erneut zu. Bevor er sich ein zweites Mal auf mich stürzen konnte, ertönte plötzlich der laute herrische Ruf einer Stimme aus dem Schatten einer Häuserwand hervor: »Bastien! Ça suffit!«
    Der Schwarze ließ ein unwilliges Knurren hören, hielt aber zögernd inne.
    Neugierig drehte ich mich um und sah, wie sich aus dem Schatten eine großgewachsene, elegant gekleidete Gestalt löste und mit amüsiertem Gesichtsausdruck auf mich zukam. »Junger Freund! Ihr habt mein kleines Experiment gerade auf das empfindlichste gestört«, sagte er vorwurfsvoll lächelnd.
    Für einen kurzen Augenblick hielt ich den Atem an. Vor mir stand der Vampir, den Maddy und ich im Séminaire de Québec bei der Schulung der Sybarites beobachtet hatten.
    Scheinbar zerknirscht senkte ich die Lider. »Tut mir leid, Mylord! Das lag nicht in meiner Absicht!«, log ich.
    Der Sybarit musterte mich interessiert. »Wer seid Ihr überhaupt? Und was macht Ihr zu so später Stunde auf der Straße?«
    Ich machte eine kurze Verbeugung und stellte mich vor. »Sir Gerald Galveston. Vor kurzem aus England in Charlestown eingetroffen. Ich war gerade auf der Suche nach etwas Nahrung.«
    Er erwiderte die Verbeugung. »Ich bin der Comte de Guilloncourt. Ich bin – wenn man so will – ein Forschungsreisender im Namen der Sybarites de Sang. Ich nehme an, Ihr habt bereits von uns gehört?«
    »Flüchtig«, antwortete ich leichthin. »Worin bestand denn Euer Experiment?« Ich warf einen Seitenblick auf den großen Sklaven, der sich seit Beginn meiner Unterhaltung mit dem Comte nicht von der Stelle gerührt hatte.
    Guilloncourt lächelte mich herablassend an. »Ihr seid recht neugierig, junger Freund! Aber nun gut, ich will es Euch verraten: Ich bin dabei zu untersuchen, inwieweit Rachsucht den Blutdurst eines Vampirs noch steigern kann. Mein Studienobjekt hier«, er tätschelte dem Sklaven nachlässig den Hinterkopf, was dieser stoisch hinnahm, »war gerade im Begriff, mir sehr anschaulich zu beweisen, dass der Hass auf seinen Peiniger ein geradezu vortrefflicher Antrieb ist. Kaum vorzustellen, wozu er noch imstande gewesen wäre, wenn Ihr ihn nicht unterbrochen hättet!«, fügte er vorwurfsvoll hinzu.
    Erneut musterte ich nachdenklich den Sklaven. »Und Ihr habt ihm den Namen ›Bastien‹ gegeben?«, fragte ich.
    »Ich habe ihn gekauft, verwandelt und abgerichtet, indem ich ihm deutlich gemacht habe, dass ich seine einzige Chance auf Rache bin«, antwortete Guilloncourt gelangweilt. »Seinen Gehorsam zu erzwingen ist einfacher, wenn man ihm einen Namen gibt.«
    »Und was habt Ihr mit Bastien vor, wenn Euer Experiment beendet ist?«, fragte ich ohne den Blick von dem Sklaven zu wenden, dessen stilles Verharren die Wut und den Hass, welche in ihm loderten, nicht verbergen konnte.
    »Was kümmert Euch das?«, fragte der Comte verblüfft. »Ich werde mich natürlich seiner entledigen. Wenn Ihr – wie Ihr sagt – bereits von den Sybarites gehört habt, solltet Ihr wissen, dass wir uns nie mit unnötigem Ballast abgeben. Und wo wir gerade dabei sind«,

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