Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
sich umhören, welche von den Pächtersfrauen bereit ist, sich um die Kinder zu kümmern, und ein paar von ihnen herschicken, damit sie die Kinder hier in Empfang nehmen und nach Fontainebleau bringen können.«
»Ausgezeichnet!«, lobte Don Miguel meinen Vorschlag. »Francisco und ich werden die Kutschen organisieren. Es ist wichtig, dass wir bei unserem Angriff ausreichend Kutschen bereitstehen haben, um die Kinder schnellstmöglich fortzubringen. Unsere ›Aufräum-Aktion‹ können wir dann starten, sobald die Kinder in Sicherheit sind.«
»Somit hätten wir unsere grobe Vorgehensweise ja schon mal geklärt«, pflichtete Francisco ihm bei. »Die Details können wir ja morgen noch ausarbeiten.«
»Eine Frage ist allerdings noch offen«, wandte Don Miguel ein und Francisco sah ihn fragend an. »Wo bringen wir Mademoiselle Nymphéa und Mademoiselle Zenaïde unter, bis wir sie später als Gastgeschenke verwenden?«
»Bei uns im Keller«, bot Maddy sofort an. »Es ist warm und trocken dort, wir können ihnen zwei Pritschen aufstellen und die Dienerschaft kann sie mit Nahrung versorgen.«
»Wie wird euer Personal darauf reagieren, wenn plötzlich zwei Gefangene im Haus sind?«, fragte Francisco skeptisch.
»Die Dienerschaft ist uns treu ergeben«, entgegnete Maddy felsenfest. »Wenn ich Ihnen erkläre, wen wir da in unserem Keller gefangen halten, werden wir eher noch achtgeben müssen, dass sie den Mademoiselles kein Haar krümmen.«
Am nächsten Morgen berichtete ich Jean-Marc vom Le Terrain de Jeux und dass wir seine Hilfe zur Rettung der Kinder benötigten. Angesichts meiner Schilderung spiegelte sich auf seinem Gesicht zunächst Bestürzung und dann unermesslicher Zorn. Er versicherte uns seiner uneingeschränkten Unterstützung und machte sich umgehend reisefertig, um nach Fontainebleau aufzubrechen und dort alles für die Ankunft der Kinder vorzubereiten. »Mademoiselle, verratet mir doch noch eines«, bat er, als er mit einer kleinen Reisetasche in die Kutsche stieg, »Ihr werdet die Betreiber dieses Hauses doch nicht ungeschoren davon kommen lassen, oder?«
»Sie werden sich wünschen, nie gelebt zu haben«, versprach ich ihm mit zusammengepressten Zähnen.
Nach einer knappen Woche war Jean-Marc wieder in Paris zurück. Im Schlepptau hatte er sage und schreibe 24 Frauen aus Fontainebleau und den umliegenden Dörfern, die allesamt nur allzu gerne bereit waren, sich in Zukunft um die unglücklichen Kinder des Le Terrain de Jeux zu kümmern. Wir brachten sie provisorisch in unserem Stadthaus unter und erklärten ihnen, was am folgenden Abend von ihnen erwartet wurde: Jede von ihnen würde in einer Kutsche in der unmittelbaren Nähe des Le Terrain de Jeux warten. Sobald die Kutsche mit Kindern gefüllt war, würden sie sich darum kümmern, diese zu beruhigen und mit ihnen augenblicklich in Richtung Fontainebleau aufbrechen. Dort wollten sie sich dann nach besten Kräften bemühen, die Kinder ihr schreckliches Schicksal vergessen zu lassen.
Mehr brauchten und wollten die Frauen auch gar nicht erfahren.
Am nächsten Abend war es dann so weit. Francisco und Don Miguel hatten in der Zwischenzeit bereits ausgekundschaftet, dass die »Jäger und Sammler« die neuen Kinder Mademoiselle Zenaïde zur Begutachtung in einem Saal übergaben, der auf den Hinterhof des Le Terrain de Jeux hinausführte. Also schlugen wir dort zuerst zu. Mademoiselle Zenaïde war gerade im Begriff, die ersten Kinder auf ihre Gesundheit hin zu überprüfen, da stürmten Maddy, Don Miguel und ich in atemlosem Tempo in den Saal, schnappten uns je vier Kinder und brachten sie zu den Kutschen. Francisco verriegelte unterdessen den Saal und befahl den schockierten Anwesenden, sich nicht zu rühren. Die Kinder hatten kaum begriffen, was mit ihnen geschah, und so konnte die erste Kutsche bereits Richtung Fontainebleau aufbrechen, als wir innerhalb von wenigen Sekunden wieder zurück in den Ankunftssaal kamen. Nun brachten Francisco und Don Miguel die restlichen Kinder im Saal zu den Kutschen und überließen die verwirrten »Jäger und Sammler« sowie Mademoiselle Zenaïde Maddy und mir.
Mademoiselle Zenaïde schien sich am schnellsten von ihrem Schreck zu erholen und stürzte zur Tür, wahrscheinlich in der Absicht, Alarm zu schlagen. Doch noch ehe sie dort ankam, hatte ich in Windeseile einen der schweren Vorhänge in Streifen gerissen und sie damit an eine der Marmorsäulen gefesselt. Zusätzlich knebelte ich sie mit einem
Weitere Kostenlose Bücher