Zeitgenossen - Gemmas Verwandlung (Bd. 1) (German Edition)
hat, habe ich mich gefragt, ob Ihr nicht eventuell für ausgesprochen anspruchsvolle Kunden, noch ein ganz besonderes Bonbon im Angebot habt?«, übernahm Francisco nun wieder das Gespräch.
»Das habe ich in der Tat«, antwortete Mademoiselle Nymphéa mit einem vermeintlich bescheidenen Lächeln. »Wenn jemand den beispiellosen Genuss einer Liebesnacht mit einer noch unberührten, aber dennoch in Liebesdingen eklatant erfahrenen Jungfrau wünscht, hat er die Option, auf eine Nacht mit mir zu bieten. Der Höchstbietende erhält das Privileg, mich zu entjungfern. Der Zweite erhält zum Preis eine Nacht mit meiner Cousine Zenaïde, die ebenfalls noch Jungfrau ist.«
Ich blähte kurz meine Nasenflügel, um Mademoiselle Nymphéas Geruch zu erhaschen und erkannte, dass sie die Wahrheit sprach und Francisco somit Recht gehabt hatte.
Daraufhin warf ich einen Blick auf eine kunstvoll verzierte Wanduhr und wandte mich dann an Mademoiselle Nymphéa. »Leider ist die Zeit schon so weit fortgeschritten«, erklärte ich Bedauern heuchelnd. »Wir müssen nun aufbrechen, da wir alle zu einer Soirée eingeladen sind. Aber ich bin überzeugt auch für meine Freunde hier zu sprechen, wenn ich sage, dass Euer Rundgang einen überwältigenden Eindruck bei uns hinterlassen hat. Ich kann Euch daher aufrichtig versichern, dass wir schon in nahester Zukunft einen lohnenden Besuch im Le Terrain de Jeux abstatten werden.« Mit der grimmigen Gewissheit, dass dieser letzte Satz von mir noch nicht einmal gelogen war, verabschiedeten wir uns von Mademoiselle Nymphéa.
Zuhause machte ich meiner gewaltigen Abscheu dann endlich Luft. »Ich dachte bislang, ich hätte schon allerlei Abschaum gesehen, aber ich bin unter den Menschen noch keiner so widerwärtigen Kreatur begegnet, wie dieser Mademoiselle Nymphéa!«
»Sie schafft es, an Grausamkeit und Skrupellosigkeit ja fast die Sybarites zu übertreffen«, bestätigte Maddy verbittert.
»Und genau deswegen geben sie, ihre Cousine und dieser ganze ekelerregende ›Kinderspielplatz‹ ja so geeignetes Material für uns ab«, erklärte Francisco mit eiskalter Entschlossenheit.
»Stimmt.« Ich zwang mich zur Ruhe und setzte mich auf ein Kanapee. »Du sagtest vorhin, dass du einen Plan hättest. Erzähl ihn uns!«, forderte ich Francisco auf.
»Gut.« Er sah uns alle eindringlich an. »Wir wissen jetzt mit Sicherheit, dass Mademoiselle Nymphéa und Mademoiselle Zenaïde beide noch Jungfrauen und allem Anschein nach adliger Herkunft sind und dass sie beide unvorstellbar unmenschlich agieren. Dies macht sie zu perfekten Gastgeschenken für Miguel und mich. Darüber hinaus verkehren im Le Terrain de Jeux offenbar noch etliche weitere Gestalten – sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden – die den beiden Mademoiselles in Sachen Grausamkeit in nichts nachstehen. Diese Leute stellen wiederum reichlich geeignetes Material für euch dar, um das Blutsaugen am menschlichen Objekt zu üben. Daher würde ich vorschlagen, dass wir im Rahmen eines nächtlichen Übergriffes die Kinder befreien, den Abschaum vernichten und die Mademoiselles bis zu ihrer Verwendung als Gastgeschenke in unsere private Verwahrung nehmen.«
»Nein!«, widersprach ich und alle sahen mich überrascht an. »Es sollte kein nächtlicher Übergriff sein, sondern eher um sechs Uhr abends stattfinden, weil wir dann auch die ›Jäger und Sammler‹ mit erwischen«, erläuterte ich meinen Einspruch.
Maddy nickte zustimmend. »Aber wie sollen wir die Kinder in Sicherheit bringen? Und vor allem: Wo bringen wir sie hin?«, gab sie zu bedenken.
»Wir könnten sie nach Fontainebleau bringen«, überlegte ich, »oder genauer gesagt: nach Gut Larchant. Das Herrenhaus steht ohnehin leer und die Kinder hätten dort reichlich Platz. Es gibt in Fontainebleau und unter euren Pächtern doch etliche Frauen, die sich sicherlich gerne um die Kinder kümmern würden, zumal einige von ihnen selbst kinderlos sind. Und Jean-Marcs früherer Hauslehrer könnte die Kinder unterrichten.«
»Gemma, das ist eine wundervolle Idee!«, stimmte Maddy mir erfreut zu. »Fontainebleau ist auch weit genug weg von Paris, dass die Kinder dort vielleicht eine Chance hätten, die schrecklichen Erlebnisse hier zu vergessen.«
»Ich könnte Jean-Marc nach Fontainebleau schicken, damit er Gut Larchant dort entsprechend herrichten lässt«, schlug ich vor. »Es müssten ja zum Beispiel noch etliche Zimmer verändert und ausreichend Betten besorgt werden. Dann soll er
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