ZEITLOS - Band 3 (German Edition)
während des Unterrichts einfach in die Kissen sank und für wenige Minuten einschlief.
Spotten taten sie jedoch schon bald darauf nicht mehr, denn sie fanden schnell heraus, dass es nützlicher war, sich mit Lara gut zu stellen und sie zur Freundin zu haben. Die Kinder, die mit ihr freundlich waren und in Harmonie zu ihr standen, kamen deutlich schneller im Lehrstoff voran als die wenigen, die am Ende des zweiten Schulhalbjahres diesen Zusammenhang noch immer ignorierten.
Da waren vor allem der etwas ungelenke Ole zu nennen und dessen Kumpel Malte, der neben ihm saß. Die Zwei hatten das Nachsehen, denn sie konnten es einfach nicht lassen, weiterhin über Laras Anderssein zu lästern. Die wehrte sich nicht, sah den beiden Widersachern, wenn sie ihnen nicht ausweichen konnte, nur gelassen in die Augen, dann mussten diese, wie unter einem geheimen Zwang, das Feld räumen und sich trollen.
Dass sie keine Angst vor ihnen hatte, wurmte Ole und Malte über die Maßen, wie gern hätten sie Lara doch bewiesen, dass Jungs nun mal mehr Kraft und Köpfchen hatten und überhaupt viel mehr drauf hatten als sie. Die Mädchen um Lara herum kicherten dann albern und fühlten sich in deren Nähe sehr stark.
Frau Breidenbach, die Klassenlehrerin, zeigte großes Interesse an Laras sonderbaren Fähigkeiten und sprach mehr als einmal mit Kolleginnen über ihr Indigokind . Sie erntete daraufhin nicht selten Widerspruch, bekam zu hören, dass diese Bezeichnung offensichtlich nicht passen konnte, da Lara ja keineswegs durch Unkonzentriertheit oder Hyperaktivität auffiel. Eher sei das Gegenteil der Fall, da Lara die Gelassenheit in Person war.
Ganz besonders auffällig fand Frau Breidenbach die zu beobachtenden Entwicklungssprünge ihrer Schülerin. Sie glaubte schon sehr frühzeitig in den Persönlichkeitsschwankungen ein Muster zu erkennen; ihrer Beobachtung nach erfolgten sie sehr regelmäßig: einen Schritt vor, dann wieder einen zurück, nach dem Muster: A, B, A, B, - und doch lernte Lara in beiden Zuständen viel schneller als andere. Frau Breidenbach kam am Ende des ersten Schuljahres für sich zu dem Schluss, dass das Kind höchstwahrscheinlich an einer besonderen Form von Schizophrenie litt.
Da das Kind aber durchgängig freundlich und umgänglich war, man sich lediglich mit dessen Besonderheiten arrangieren musste, sah sie keinen Handlungsbedarf. Zudem schienen die Eltern schon alles Mögliche an Untersuchungen an dem Kind hinter sich zu haben - wie es aussah, ohne Erfolg - weshalb sie die Schulleitung wohl darum gebeten hatten, möglichst wenig Aufhebens davon zu machen.
Nun gut, Frau Breidenbachs Klasse hatte jetzt am Ende des ersten Schuljahres jedenfalls ein erstaunliches Leistungsniveau erreicht. Heute Nachmittag fand eine Leseveranstaltung statt, da konnten die Kollegen dann ja sehen, dass sie mit ihrem Indigokind recht hatte.
Danach standen erst einmal die Sommerferien an. Beim Gedanken daran huschte ein erwartungsfrohes Lächeln über Frau Breidenbachs Gesicht.
***
Warum war Mama nur so nervös? Bestimmt, weil sie doch morgen endlich sieben wurde. Rico würde gleich hier sein, mit seiner Mutter. Sie wusste das, obwohl Mama daraus eine große Überraschung für sie machen wollte.
Lara ließ sie in dem Glauben. Mama wollte ja ohnehin nichts von ihren Geschichten hören. Deshalb hatte sie sich angewöhnt, nicht mehr davon zu reden. Ricos Mama war jedenfalls nicht nervös, die freute sich auf sie und Rico auch.
Ihre Mutter deckte den Kaffeetisch. Paps würde gleich hier sein und den Kuchen mitbringen. Er brauchte die Gäste diesmal nicht vom Bahnhof abzuholen, weil sie ein Auto der Universität zur Verfügung hatten.
Vor dem Haus hörte man Türenklappen und Stimmen. Sie waren da! Mama überprüfte noch einmal im Spiegel, ob sie schön genug war. Lara hatte keine Geduld, rannte an ihr vorbei und riss die Haustür auf.
Da standen Markus und Birte. Simon half Ricos Mutter beim Aussteigen. Kerstin saß noch im Bus und sammelte ihre Taschen zusammen. Lara bekam das nur am Rande mit, sie hatte nur Augen für Rico. Der stand ein wenig hilflos da, versuchte ein Lächeln, das seltsam erwachsen aussah.
Seine Augen! Sie sahen aus wie ihre eigenen - seine Haare auch! Die Kinder gingen aufeinander zu, ernst, beinah feierlich, als sähen sie sich nach langer Zeit zum ersten Mal wieder.
Als sie einander gegenüberstanden und sich in die
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