ZEITLOS - Band 3 (German Edition)
Tag 1; Stunde 1; 5. Welt; Eckernförde-Borby; Petersberg;
Markus Stettner blinzelte und fuhr sich verblüfft mit einer Hand über die Augen. Konnte das tatsächlich Realität sein? Eine neue, unglaublich, kaum fassbare Realität? Nein, es musste sich um einen Traum handeln!
Eine andere Erklärung konnte es dafür nicht geben, dass er sich mit den vielen staunenden Menschen, die hier um die Borbyer Kirche versammelt standen und die Sterne anstarrten, weit mehr als nur emotional verbunden fühlte. Es schien beinah so, als seien sie durch gemeinsame Nervenbahnen miteinander verwoben! In seinem Innern nahm er Stimmen und überwältigende Glücksgefühle wahr, die nicht nur seine eigenen waren.
Neben sich wusste, fühlte, atmete er seine Familie: Birte, Svenja, Kim, Brigitte Nicolai und die Freunde ... Zu diesem nie erlebten Gefühl fiel ihm nur eine Metapher ein: Süße! Wie kam er nur auf diesen Unsinn?
Erneut sah er sich um. Diesmal blieb sein Blick an Kerstin hängen, die noch immer mit ausgestreckten Armen auf das ringsumher funkelnde Sternenband der Milchstraße wies. Sie stand nur wenige Meter von ihm entfernt. Etwas drängte ihn, sie zu rufen. Doch bevor er diesem Gedanken Worte folgen lassen konnte, drehte sie sich bereits zu ihm um und antwortete: >Ja, Markus, du hast recht, es ist unglaublich schön! Du träumst nicht, wir erleben das Wunder wirklich!<
Klar und deutlich vernahm er ihre Worte, obwohl ihre Lippen sich nicht bewegten. Seine Brust fühlte sich so weit und geöffnet an wie noch nie zuvor. Plötzlich wusste er, dass sein Erstaunen, seine Gedanken, seine Gefühle nicht nur sein eigenes Erleben waren, sondern dass sich hierin das Empfinden aller um ihn herum Versammelten widerspiegelte. Er war er und gleichzeitig alle - unvorstellbar!!
>In La’k’esh< >In La’k’esh< >In La’k’esh<
Die Stimmen in seinem Innern, die anfangs noch deutlich unterscheidbar waren, fanden zu einem Raunen zusammen, erinnerten Markus an die sanften, türkisen Meereswellen, die Coratschas Visionen vorangingen. Dann verdichteten sie sich, wirbelten umeinander, verschlangen sich, gerieten allmählich in sich verstärkende Resonanz, das zu einem Singen wurde und höher und höher stieg. Aus der anfänglichen Sanftheit wurde Drang, Tosen, Urgewalt! Mit einem Mal kristallisierte daraus eine unglaublich reine Harmonie. Die gesungenen Worte:
>In La’k’esh, In La’k’esh, In La’k’esh, In La’k’esh<
verwandelten sich in einen reißenden Strom nie gefühlter Energien. Während dieses unerhörten Vorgangs klang gleichzeitig Kerstins Stimme wie ein Obergesang in allen Köpfen und Herzen. Sie dankte der Großen Kraft für die Gnade der Transformation und beschwor die Menschen, dass sie dieses Gefühl der Einheit, das sie jetzt erlebten, unwiderruflich in ihren Herzen speicherten, so dass sie es jederzeit wieder erinnern und neu hervorbringen konnten.
Die Zeit schien während dieser ersten Morgenstunden in der fünften Welt anderen Gesetzen zu gehorchen. Obwohl es nicht lange gedauert haben konnte, mussten dennoch bereits einige Stunden vergangen sein, da nun alle eine tiefe, hoffnungsvolle Sehnsucht nach dem ersten Sonnenaufgang verspürten.
Als riefe dieses Drängen ihrer Herzen das Zentralgestirn erst auf die Weltenbühne, begann es im Osten über den Wassern der Eckernförder Bucht zu dämmern. Dem Schwarz der Nacht folgte Grau, dann Indigo. Der heller werdende Horizont überstrahlte langsam den Glanz des schimmernden Sternenbandes, machte es unsichtbar, verwandelte sich in flammendes Rot, verblasste zu Rosa und wurde zu ... vergeblich suchte Markus' Verstand nach einem Wort für diese Farbe, dann wusste er es: Sinta! Verwundert über sich selbst und dieses Wort, das er bisher nie gedacht, nie gehört, nie verwendet hatte, wusste er: Diese neuartige Farbe war SINTA!
Unbewusst hielt Markus Stettner den Atem an, gleich musste das erste Licht der aufgehenden Sonne über den Horizont blitzen ... Jetzt: Ihrer aller Atem setzte für Sekunden aus, als der erste sintafarbene Sonnenstrahl über das Wasser sprang, die Netzhäute ihrer Augen erreichte und diese mit einer ungeheuren Flut von Informationen, Gefühlen, Liebe und Geborgenheit tränkte. Beinahe so, als schütte ein allmächtiger Weltengott sein Füllhorn heiligen Wissens über sie alle aus! Diese eine Sekunde änderte alles! Sie erfüllte die Empfänger mit neuem Wissen, neuer
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