Zeitlos
solche Einstellungen drehen konnte. Beachtlich!«
In dieser Nacht suchten ihn wirre Träume heim. Er träumte von den Stummfilmsequenzen, sah Bilder von überdimensionierten Uhrenzeigern, gewaltigen Maschinenhallen, gefolgt von modernen Bildern der digitalen Welt: Büromenschen vor ihren Monitoren, klimatisierte Serverräume mit turmhohen Serverwänden, Anzeigetafeln der Weltbörsen, und zwischendurch immer wieder diese türkisfarbene, beruhigende Dünung der Meeresbrandung, die sie in ihrer ersten Gruppenvision mit Corona de Luz gesehen hatten.
Schweißgebadet wachte er viel zu früh in der Nacht auf. Der Traum stand ihm augenblicklich vor Augen. Es war als fühlte er, dass Coratscha ihn rief. Ihm schauderte. Er dachte an den Kristallschädel, sah ihn im Geiste vor sich, schimmernd, das ihn umgebende Licht auf geheimnisvolle Art und Weise reflektierend. Bergkristall, SiO 2 , Siliziumdioxid, Mohs-Härte: 6,5,trigonale Symmetrie, Siliziumdioxid … ?
Plötzlich war er hellwach: Siliziumdioxid, Schädel aus Bergkristall, Mayaspeicher für Erinnerungen und Gefühle für ein ganzes Jahrtausend, beseelt von Coratscha, die ihren physischen Körper hergab, um ihrem Volk zu dienen. Siliziumdioxid, aus dem über neunzig Prozent aller Computerchips gefertigt werden. Chips, die als Speicher der digitalen, kalten Datenwelt des binären Zahlensystems, bestehend aus unendlichen Aneinander-Reihungen von Nullen und Einsen, dienten und dadurch erst den schnellen Datenaustausch ermöglichten.
Lag darin der Schlüssel für seine vermutete, eigene Wechselwirkung mit dem Hauptprozessor seines Bürocomputers und dem seiner Schreibtischuhr? Sprach Brayasil nicht von der Legende der bevorstehenden Finalen Schädelzeremonie? Davon, dass die Schädel miteinander interagierten wenn man sie zusammenbrachte?
Nun erinnerte er sich der Fotos aus dem Internet, auf die er bei seinen Recherchen gestoßen war. Sie waren mit einer Photonenkamera aufgenommen worden, die Energiefelder ablichten konnte. Es gab bereits Experimente, bei denen man zwei Schädel zusammengebracht hatte und die entstehenden Wechselwirkungen mit dieser Technik nachweisen konnte. In der Tat schienen die Schädel miteinander zu interagieren. War dafür wirklich räumliche Nähe ein unabdingbarer Faktor? Markus griff zu Stift und Notizblock, die er immer auf seinem Nachttisch liegen hatte, um gute nächtliche Ideen nicht wieder zu vergessen. Im Dunkeln, ohne Licht zu machen, notierte er nur vier Zeichen: SiO 2
Danach drehte er sich zur Seite und fiel fast augenblicklich in entspannten Schlaf, denn er wusste nun, was als nächstes zu tun war.
07.08.2011; Samstag; 19.47 Uhr/Ortszeit Mexiko-Tlahuac; Villa Sabiduria
Dieser Deutsche war kühn, dachte neue Gedanken, inspirierte ihn. Wie gut, dass er ihn damals im Flugzeug angesprochen hatte. Das Problem war nur, sie hatten nicht genügend Zeit. Von allen Maya-Räten war übereinstimmend der Beginn des maximal acht Jahre dauernden Zeitfensters des Endes der Zeit auf den 9. November 2007* festgelegt worden. Wenige Tage zuvor, am 24. Oktober, war der Komet Holmes explodiert und hatte urplötzlich seine Leuchtkraft von einem Tag auf den anderen um das 500.000-fache gesteigert. Seine Korona dehnte sich mit rasender Geschwindigkeit aus, so dass sie am 9. November sogar die Größe der Sonne übertrumpfte und somit für einige Tage das größte mit bloßem Auge zu beobachtende Himmelsphänomen darstellte. Größer als die Sonne und mit blauer Sphäre, genau wie vorausgesagt.
Jetzt befanden sie sich in der Mitte dieses Zeitfensters; jeder neue Tag konnte die Zeitenwende einläuten. Aber der Deutsche hatte mit seiner Sicht der Dinge einen wunden Punkt bei ihm getroffen, der, wie er zugeben musste, auch ihn seit geraumer Zeit beschäftigte.
*Anmerkung: Das Ende der Zeit ist laut der Mayaprophezeiung ein ungefähr 8 Jahre dauernder Zeitabschnitt, der mit dem Erscheinen eines blauen Himmelsphänomens, größer als die Sonne, angekündigt und eingeläutet wird, Quelle: http://www.fgk.org/wp-content/uploads/2009/12/maya2012 drunvalo 29709 a.pdf Seite 16/53. Suchwort "Holmes",
Natürlich gab es diesen offensichtlichen Widerspruch: Die Menschheit entwickelte sich auf Gebieten wie Forschung und Technik rasend schnell, aber gleichzeitig war unübersehbar, dass im Gegenzug große Teile der Menschheit sich seelisch, emotional und sozial mit derselben Geschwindigkeit zurück entwickelten. Bisher erschien es so
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