Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
und zerstörten, um die dort gelagerten Weizenkrumen zu ergattern. Nackte Frauen, schlammfarben und mit mageren Brüsten, waren auf Mimosenbäume gestiegen, um die jungen, grünen Triebe für ihre Suppe abzuschneiden. Kinder sammelten Dornensträucher und ähnliches, um die Feuchtigkeit herauszukauen. Bäume wurden ihrer Rinde beraubt und an den Wurzeln angeknabbert. Weißgebleichte Skelette neben brackigen Wasserlöchern.
    Die Methodologen der Prophetie waren erblaßt und hatten sich abgewandt.
    Als Junge hatte er das National-Geographic- Programmim Fernsehen gesehen; die fast mythischen Tiere in Afrika waren ihm wie Freunde erschienen, die am Horizont der Welt spielten. Löwen, mächtig und träge, Giraffen, die steifhalsig davontrabten und in der Ferne zu zitternden Bildern wurden. Er empfand die verträumte Liebe eines kleinen Jungen für sie. Jetzt waren sie fast verschwunden. In Afrika hatte er eine Lektion gelernt. Bald würde es auf dem Planeten nichts geben, das größer als der Mensch wäre, außer den Kreaturen, die schon zum Haustier gemacht worden waren. Ohne die Riesen wäre die Menschheit allein mit den Ratten und Wanzen. Oder, noch schlimmer, allein mit sich selbst. Dieses vage Problem hatte die Futurologen nicht beschäftigt. Sie schwätzten über Butterberge hier, gegen Hungersnöte da und verschrieben jeder ihr eigenes Rezept. Theorien liebten sie mehr als die Welt. Forrester, der seine Zahlenphantasien wie Perlen an einer Schnur rasseln ließ; Heilbroner, der die Menschheit in ein Gefängnis drängte, damit alle genug zu essen hätten; Tinbergen, der glaubte, eine vernünftige Krise würde uns alle zurechtstutzen; Kosopalov, dessen marxistischer Optimismus geduldig auf die Metallsäge wartete, die den Kapitalismus amputierte, als sei die Armut nur ein Schnupfen der Zivilisation und keine ernsthafte Krankheit; seine Gegner, die Jünger Kahns, mit der anmaßenden Zuversicht, daß ein paar Kriege und Hungersnöte zu höherem Pro-Kopf-Einkommen führten; Schumachers Schüler mit seinem scheuen Glauben daran, die Kohlenwasserstoffkartelle würden beschließen, Kleinindustrien wären schließlich die beste Lösung; und Remuloto, der Prediger der Dritten industriellen Revolution, der das Heil in unseren Sternsatelliten sah.
    Lächelnd erinnerte Peterson sich daran, daß das amerikanische Innenministerium 1937 eine gründliche Voraussage zukünftiger Trends unternommen hatte: Atomenergie, Computer, Radar, Antibiotika und der Zweite Weltkrieg hatten darin einfach gefehlt. Aber sie machten alle mit ihren einfältigen linearen Extrapolationen weiter, trotz beträchtlicher Computerkapazität, um die Zahlen zu verfeinern, was letztlich nur eine neue Methode war, auf teure Art dumm zu sein. Und sie hatten alle ein Rezept. Sorgt für mehr menschliches Mitgefühl, dann geht es uns besser. Um jetzt zu überleben, mußte der Mensch geduldig sein, langfristige rationale Lösungen globaler Probleme bevorzugen und sein altes irrationales Bedürfnis nach kurzfristigen, örtlich beschränkten Ergebnissen aufgeben. Sie alle wünschten sich einen Lockeschen Zukunftstraum, ein Naturgesetz, das menschliche Rechte und menschliche Pflichten gleichzeitig definierte. Ein ungeschriebenes Gesetz, aber durch Vernunft erkennbar. Eine Mythologie stoischer Leidensfähigkeit würde es schaffen, uns aus der Klemme befreien. Aber wer hatte eine im Angebot? Der säkulare Glaube an die technologische Lösung war in Astrologie und Schlimmerem versickert. Jeffersons Abkömmlinge nahmen sich alle Freiheiten, die sie bekommen konnten, und hinterließen den Nachkommen einen verbrauchbaren Müllhaufen. Au revoir, Etats-Unis! Überprüfe deine trüb gewordene Vision an der Tür! Peterson blickte auf einen Wandschmuck, der nicht dorthin paßte, ein jahrhundertealtes Stichtuch:
     
Alle Natur ist Kunst, dir unvertraut;
Aller Zufall Ziel, von dir nicht erschaut;
Alle Zwietracht Einklang, ungehört;
Alles einzelne Arg im Ganzen Wert;
Trotz Stolz und irrender Geistesglut,
Eine Wahrheit ist klar: Was ist, ist gut.
     
    Er lachte, als das Telefon läutete.
    »Hallo, Ian?« Kiefers Stimme war dünn und piepsig.
    »Freut mich, daß Sie anrufen«, sagte er mit gekünstelter Herzlichkeit.
    »Ich glaube, in einer Minute werden Sie sich nicht mehr freuen.«
    »Oh?« Kiefer hatte nicht mit dem erwarteten Scherz reagiert, der üblicherweise solche Gespräche eröffnete.
    »Wir haben den Prozeß entdeckt, der der Kieselalgenblüte zugrunde liegt.«
    »Gut, dann

Weitere Kostenlose Bücher