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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Erholungspause zu benötigen und Lauras Anruf war genau im rechten Moment gekommen. Spontaneität hatte über seine Einsicht gesiegt. Jetzt mußte er eine gräßliche Mahlzeit in einem Restaurant essen, das deshalb so dunkel gehalten wurde, damit man den Dreck nicht sah, und alles wegen dieser kleinen Verkäuferin. Peterson zog eine Grimasse. Er war sicher, in dem Schummerlicht würde Laura es nicht sehen. Nun ja, immerhin sprang ein Essen dabei heraus; Treibstoff für die Arbeit, die ihm mit Sicherheit bevorstand. Und er mußte sich von Sir Martin erholen. »Hast du in der Nähe eine Wohnung?« fragte er.
    »Ja, Banbury Road. Mehr ein Einbauschrank, fürchte ich.«
    »Das macht mir bestimmt nichts aus.« Er lächelte in der Dunkelheit.

 
– 31 –
     
     
    Markham breitete seine Unterlagen auf dem kleinen Klapptisch aus. Ihm standen Stunden eines ermüdenden Atlantikflugs bevor, eingekeilt auf seinem Fensterplatz. Cathy Wickhams Gleichungen schwebten vor seinen Augen, Tensorindices, die darauf warteten, in diese oder jene Richtung verändert zu werden, eine verheißungsvolle, komplexe Formelsammlung.
    »Lunch, Sir«, sagte der Steward mit dem professionell leeren Gesichtsausdruck. Diese Höflichkeit garnierte die Art, wie er gleichgültig einen Pappkarton auf dem Klapptisch absetzte. Markham riß die keilförmigen Deckel auf, ein Regen von Päckchen ergoß sich über seine Papiere. Es waren die jetzt universellen, leicht zu handhabenden Nahrungseinheiten. Er wickelte eines aus und stieß auf das obligatorische Gummihühnchen. Widerwillig biß er hinein. Klebrig und sauer. Der einzige Vorteil bestand seiner Meinung nach darin, daß es keine Plastikverpackung war. Die Bombardierung der saudischen Ölfelder vor einigen Jahren hatte dem ein abruptes Ende gemacht und für die Rückkehr der schlichten Pappkartons gesorgt. Die graue Oberfläche der Verpackung erinnerte ihn an seine Kinderjahre, in denen der Kohlenwasserstoff noch nicht die Welt regierte. Die humanisierende Seite von Pappbehältern war die simple Tatsache, daß sie den Strich eines Kugelschreibers akzeptierten, eine Botschaft aufnahmen. Plastikhüllen widersetzten sich der Prägung durch ihre zeitweiligen Benutzer. Mit flüchtigen Bewegungen schrieb er die neuen Quanten-Feldgleichungen auf den Lunchkarton. Die eleganten Epsilons und Deltas breiteten sich stattlich über den Blockbuchstaben UNITED AIRLINES aus. Geistesabwesend kaute er. Die Zeit verging. Markham sah eine Möglichkeit, die Tensorelemente in mehreren verkürzten Gleichungen abzutrennen. Mit entschlossenen Strichen sonderte er die Feldkomponenten paarweise ab. Mit flüchtigen Nebenrechnungen überprüfte er seine Ableitungen. Nur am Rande nahm er die Bewegungen anderer Passagiere wahr. Nach einiger Zeit lagen die fünf neuen Gleichungen quer über dem gerippten Karton. Drei erschienen ihm wie alte Bekannte: die Einsteingleichungen mit Modifikationen für den Quanteneffekt, wenn die Längenskala klein genug wurde. Sie waren wohlbekannt. Die beiden anderen schienen mehr zu enthalten. Ein tieferes Verständnis der Quanteneffekte fügte hier einen neuen Begriff hinzu, dort ein Bündel von Tensoren. Es schien keine Möglichkeit zu geben, das System noch weiter abzuleiten. Nachdenklich klopfte Markham mit dem Kugelschreiber auf den Karton.
    »He, schaut mal!« rief der Mann neben ihm aus. Markham spähte zum Fenster hinaus. Vor ihnen trieb eine gewaltige Wolke, schwefelgelb und orange geädert. »Ich sehe zum erstenmal eine«, sagte der Mann aufgeregt. Markham war gespannt, ob der Pilot hindurchfliegen würde. Sekunden später wurden die Fenster von Wolkenfetzen vernebelt; Markham merkte, daß sie bereits durch einen tieferen Abschnitt der gelben Masse vor ihnen flogen. Ein Gewichtsschub drückte Markham in den Sessel, die Maschine ging in den Steigflug.
    »Direkt vor uns, liebe Fluggäste, ist eine der Wolken, von denen wir gehört haben. Ich überfliege sie, damit Sie einen besseren Blick haben.«
    Markham erschien diese Erklärung offenkundig falsch. Piloten änderten die Flughöhe nicht zum Vergnügen. Die Wolke schien irgendwie fester als die flaumigen weißen Kumuli um sie herum. Dunkelblaue, gewundene Fäden bohrten sich durch ihre Spitze und gaben ihr ein Kuppelprofil.
    Markham murmelte etwas vor sich hin und wandte sich wieder seinen Papieren zu. Er schrieb die neuen Gleichungen von dem Pappkarton ab und analysierte sie, während er versuchte, das leise Heulen der Motoren aus seinen Ohren

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