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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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erlebt hatten. »An diesem Beispiel kann ich es vielleicht am prägnantesten festmachen. Die Kugel lag ruhig auf dem Tisch – nennen wir sie einmal unsere Kugel. Dann erschien aus einer Tasche eine Kopie unserer Kugel und stieß unsere weg. Unsere Kugel rollte zur Bande, prallte ab und fiel in die Tasche, wobei jetzt die Kopie in genau der gleichen Position wie das Original auf dem Tisch verharrte.
    Dann«, ergänzte Nebogipfel langsam, »reiste unsere Kugel in der Zeit zurück –
    verstehst du? – und tauchte in der Vergangenheit aus der Tasche auf...«
    »Und räumte sich dann selbst aus dem Weg und nahm wieder ihre eigene Position ein.« Ich starrte auf den unschuldig wirkenden Tisch. »Verdammt, Nebogipfel –
    jetzt verstehe ich! Es war wirklich dieselbe Kugel. Sie lag da auf dem Tisch – aber wegen der bizarren Möglichkeiten der Zeitreise konnte sie durch die Zeit springen und sich selbst wegschubsen!«
    »Richtig«, bestätigte der Morlock.
    »Aber weshalb hat sich die Kugel dann überhaupt erst bewegt? Es hat sie doch keiner von uns in Richtung Tasche angestoßen.«
    »Ein ›Stoß‹ war auch gar nicht notwendig«, meinte Nebogipfel. »Im Hinblick auf Zeitmaschinen – und das ist der eigentliche Punkt der Demonstration – mußt du deine bisherigen Vorstellungen von der Kausalität vergessen. Die Dinge liegen nicht so einfach! Die Kollision mit der Kopie war nur eine Möglichkeit für die Kugel, die der Tisch uns gezeigt hat. Verstehst du? Durch eine Zeitmaschine wird die Kausalität so verzerrt, daß sogar eine stationäre Kugel von einer infiniten Anzahl solcher bizarren Möglichkeiten umgeben ist. Deshalb sind deine Fragen nach dem ›wie es begann‹ auch irrelevant: es ist eine geschlossene kausale Schleife – es gab keine Initialisierung.«
    Ich war nicht ganz sicher, ob ich das alles verstanden hatte, aber ich beließ es mal dabei!
    »Kann schon sein«, wandte ich ein, »aber sieh doch mal: Ich komme damit noch immer nicht so ganz klar. Betrachten wir noch einmal die zwei Kugeln auf dem Tisch – bzw. die eine reale Kugel und ihre Kopie. Plötzlich ist doppelt soviel Materie vorhanden wie vorher! Wie kann das gehen?«
    Er musterte mich. »Du bist irritiert wegen der Verletzung der Erhaltungsgesetze
    – dem Zuwachs bzw. der Verringerung von Masse.«
    »Exakt.«
    »Solche Bedenken habe ich aber nicht registriert, als du auf der Suche nach deinem jüngeren Ich in die Zeit gereist bist. Das war nämlich eine weit größere Verletzung jeglicher Erhaltungsprinzipien.«
    »Nichtsdestoweniger«, opponierte ich, »ist der Einwand doch zulässig – oder?«
    »In gewisser Weise, ja«, konzedierte er. »Aber nur in einem begrenzten singulär-historischen Kontext.«
    »Die Universalen Konstrukteure haben diese Paradoxien der Zeitreise bereits seit Jahrhunderten untersucht«, sagte er. »Oder vielmehr offensichtliche Paradoxien.
    Und sie haben eine Art Erhaltungsgesetz formuliert, das für die höhere Dimension der Multiplizität der Historien gilt.
    Fangen wir mit einem Objekt an – zum Beispiel mit dir. Wenn du in einem gegebenen Moment eine Kopie von dir hinzufügst, die abwesend ist, weil du in die Vergangenheit oder Zukunft gereist bist – und dann alle doppelt vorhandenen Kopien abziehst, weil eine von dir in die Vergangenheit gereist ist – dann wirst du feststellen, daß die Gesamtsumme konstant bleibt – daß es dich ›wirklich‹ nur einmal gibt – gleichgültig, wie oft du in der Zeit hin-und herreist. Also haben die Erhaltungssätze eine gewisse Gültigkeit – obwohl es in jedem Moment in jeder gegebenen Historie den Anschein haben mag, daß die Erhaltungssätze gebrochen sind, weil du plötzlich zweimal oder überhaupt nicht mehr existierst.«
    Das sah ich nach einiger Überlegung ein. »Es besteht also nur dann eine Paradoxie, wenn man sein Denken auf eine einzige Historie beschränkt«, erkannte ich.
    »Die Paradoxie löst sich auf, wenn man in den Kategorien der Multiplizität denkt.«
    »Exakt. Genauso wie die Probleme der Kausalität vor dem größeren Hintergrund der Multiplizität aufgehoben werden.
    Wie du siehst, ist es das Potential dieses Tisches«, dozierte er, »aufgrund dessen wir eine Demonstration dieser außergewöhnlichen Möglichkeiten erleben können
    ... Er ist in der Lage, uns mit Zeitmaschinen-Technologie die Möglichkeit – nein, die Existenz – multipler, divergenter Historien auf der makroskopischen Ebene aufzuzeigen. Tatsächlich kann er nach Belieben

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