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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Erde verschwanden, stellte auch der große lunare Spiegel seine Sendetätigkeit ein.
    Vor dem Hintergrund dieser Spekulationen schaute ich nun aus den Fenstern
    meines Turmes; ich konnte sie natürlich nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen –
    denn Nebogipfel war nicht in der Lage, diese neue Menschheitsgeschichte bis ins Detail nachzuvollziehen – aber auf jeden Fall wurde das Schimmern dieses isolierten Spiegels auf dem Mond für mich zum bezeichnendsten Symbol des Untergangs der Menschheit.
    Das hervorstechendste Merkmal unseres Nachthimmels war jedoch weder der
    Mond noch das Fehlen der Sterne: es war die große, gazeartige Scheibe mit dem Durchmesser von einem Dutzend Monden, die ich bereits bei unserer Ankunft registriert hatte. Diese Struktur war außerordentlich komplex und belebt. Man stelle sich ein Spinnennetz vor, vielleicht hintergrundbeleuchtet, auf dessen Oberfläche glitzernde Tautropfen umherkullerten; dazu hundert winzige Spinnen, die langsam, aber wahrnehmbar über diese Oberfläche krabbelten, und die offensichtlich damit beschäftigt waren, die Struktur zu verstärken und zu erweitern – und dann lasse man den Blick über viele Meilen interplanetarischen Raumes schweifen! – und
    man kann ermessen, was ich zu sehen bekam.
    In den frühen Morgenstunden konnte ich die Spinnennetz-Scheibe am klarsten
    erkennen – vielleicht gegen drei Uhr morgens – und dann konnte ich geisterhafte Lichtfäden ausmachen – fragil und dünn –, die sich von der anderen Erdhälfte durch die Atmosphäre zu der Scheibe hochzogen.
    Ich erörterte diese Beobachtungen mit Nebogipfel. »Das ist wirklich außergewöhnlich... es ist, als ob diese Strahlen ein Netzwerk aus Licht bildeten, das die Scheibe an der Erde verankert, so daß die ganze Sache wie ein Segel wirkt, das die Erde in einem gespenstischen Wind durch den Weltraum zieht!«
    »Deine Rede ist zwar sehr bildlich«, kommentierte er, »aber dennoch veran—
    schaulicht sie dieses Unternehmen ziemlich gut.«
    »Was meinst du damit?«
    »Daß es ein Segel ist«, bekräftigte er. »Aber es zieht die Erde nicht: vielmehr dient die Erde als Grundlage für den Wind, der das Segel bläht.«
    Nebogipfel beschrieb diesen neuen Typ eines Raumschiffs. Es wurde im Weltraum gebaut, denn es war viel zu zerbrechlich, um von der Erde ins All gebracht werden zu können. Ihr Segel bestand im Prinzip aus einem Spiegel; und der
    ›Wind‹, der das Segel füllte, war Licht: Lichtpartikel, die auf eine reflektierende Fläche treffen, üben eine Schubkraft aus, genauso, wie sich aus Luftmolekülen eine Brise bildet.
    »Der ›Wind‹ kommt von Strahlen kohärenten Lichts, das von erdgestützten Pro—
    jektoren mit der Größe ganzer Städte erzeugt wird«, erläuterte er. »Es sind diese Strahlen, die du als ›Fäden‹ zwischen Planet und Segel beobachtet hast. Der Druck des Lichts ist zwar relativ gering, aber konstant, und hat einen sehr hohen Wir-kungsgrad – insbesondere dann, wenn man sich der Lichtgeschwindigkeit nähert.«
    Er meinte, daß die Konstrukteure nicht als Einzelindividuen in solchen Schiffen reisen würden, wie es Passagiere der großen Schiffe zu meiner Zeit getan hatten.
    Vielmehr würden sich die Konstrukteure selbst zerlegen, ihre Komponenten ausschwärmen und sich an das Schiff anlagern lassen. Am Zielort würden sie sich dann wieder zusammensetzen, und zwar in einer Form, die den Bedingungen auf
    der vorgefundenen Welt am ehesten entsprach.
    »Aber, was meinst du, wohin mag das Schiff wohl unterwegs sein? Zum Mond,
    oder einem der Planeten – oder...«
    In seiner nüchternen, undramatischen Morlock-Art entgegnete Nebogipfel:
    »Nein. Zu den Sternen.«
    Der Multiplizitäten-Generator
    Im Laufe der Zeit interessierte sich Nebogipfel zusehends für den Billardtisch. Er verbrachte viel Zeit damit, die Kugel über den Tisch rollen zu lassen. Dabei trat in der Mitte des Tisches wiederholt dieses seltsame Rasseln auf, das mir zuvor schon aufgefallen war, und mehrmals glaubte ich zu sehen, daß Billardkugeln – weitere Kopien unseres Originals – aus dem Nichts erschienen und mit der Bahn unserer Kugel interferierten. Manchmal erschien die Kugel nach diesen Kollisionen wieder und lief auf der Bahn weiter, die sie auch ohne den Zusammenprall verfolgt hätte; manchmal jedoch wurde sie auch auf einen anderen Pfad abgelenkt, und ein paarmal – beobachteten wir die Art von Zwischenfall, den ich schon früher beschrieben hatte, als eine stationäre Kugel von

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