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Zellen fahren gerne Fahrrad

Zellen fahren gerne Fahrrad

Titel: Zellen fahren gerne Fahrrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Halle
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seine Erkenntnis, wenn die Innenschicht des Gefäßes, die Endothelschicht, intakt ist. Schabt man diese jedoch ab und stimuliert das Gefäß wiederum mit Acetylcholin, so stellt sich anstatt einer Erweiterung (Dilatation)
eine Verengung (Konstriktion) des Gefäßes ein.
    Bild 48

    Quelle: pubmed
    Dem Forscherteam wurde anhand dieser Tatsache klar, dass sich ein Gefäß ohne die Endothelschicht offensichtlich nicht weiten kann. Und sie zogen daraus den Schluss, dass diese hauchdünne, jedes Gefäß auskleidende Schicht eine entscheidende Rolle spielen müsse.
    Diese Erkenntnisse waren derart revolutionär und weitreichend, dass die Laboruntersuchungen und wissenschaftlichen Ergebnisse bereits 1980 in einer der renommiertesten amerikanischen Fachzeitschriften, Nature , veröffentlicht wurden. 7 Dieser Artikel fand eine enorme Beachtung in der gesamten Wissenschaftswelt.
    Ein Gas namens NO
    Doch damit waren noch nicht die Mechanismen erklärt, die in dieser dünnen Gefäßschicht ablaufen, die die Gefäßfunktionen bestimmen und am Ende die Arteriosklerose verursachen.

    Bei weiteren Experimenten stellte sich heraus, dass das Endothel eine Substanz produziert, die das Weiten des Gefäßes bewirkt. Robert F. Furchgott bezeichnete sie zunächst mit dem Begriff »Endothelial Derived Relaxing Factor«, abgekürzt EDRF (etwa: »entspannender Faktor aus der Gefäßinnenschicht«). Das war die Größe, die nach seiner Erkenntnis die Gefäßinnenschicht und die Gefäße geschmeidig machte.
    Die Substanz bestand aus der chemischen Verbindung Stickstoffmonoxid, abgekürzt NO. Die Entdeckung dieses Gases war die eigentliche Sensation, denn das NO ist kein komplexes, verzweigtes Eiweißmolekül – so wie man es sonst fast überall wie zum Beispiel bei Hormonen, Gerinnungs- oder Entzündungsmolekülen findet –, sondern eine ganz einfache chemische Verbindung, die auch in der Luft vorkommt.
    Die Wissenschaftler waren mehr als überrascht über diese Entdeckung und glaubten anfänglich selbst nicht, dass ein so simples Gas wie dieses eine so entscheidende Aufgabe im Gefäßsystem von Mensch und Tier innehat. Doch je mehr auch andere Forscher das Ergebnis bestätigen konnten, wich das Misstrauen euphorischer Begeisterung.
    Bei weiteren Experimenten kristallisierte sich immer deutlicher heraus, dass NO nicht nur ein Signalstoff für den Querschnitt der Blutgefäße und seine Reaktion ist. Darüber hinaus ist NO an fast allen Vorgängen beteiligt, die die Gefäßgesundheit und -alterung betreffen, egal ob in den Gefäßen des Herzens, im Gehirn, den Nieren, im verzweigten Gefäßbett der Lunge oder in der Muskulatur.
    Stickstoffmonoxid-Moleküle (NO)
    Bild 49
    NO – Grundbaustein für Dynamit
    NO als chemische Verbindung war schon lange bekannt, hatte es aber in einem ganz anderen Zusammenhang zu weltweiter Berühmtheit gebracht: NO ist nämlich auch die chemische Grundsubstanz
von Nitroglyzerin und damit auch von Dynamit. Der Botenstoff, der in den Blutgefäßen die Energie für die so wichtige Weitstellung liefert, ist also gleichzeitig der chemische Grundbaustein für Dynamit.
    Ironie des Schicksals
    Erfunden wurde das Dynamit bekanntlich von Alfred Nobel, der mit dem Geld aus seiner Erfindung den Grundstock für den Nobelpreis stiftete. Alfred Nobel litt selbst an einer Arterienverengung der Herzgefäße, und sein Arzt verabreichte ihm Nitroglyzerin, weil auch er schon wusste, dass es die Herzgefäße weit macht und schmerzlindernd wirkt.
    Damals notierte Alfred Nobel in sein Tagebuch: »Es ist eine Ironie des Schicksals, dass mir mein Arzt Nitroglyzerin verordnet.«
    Noch heute wird Nitroglyzerin als Notfallmedikament bei akuten Herzproblemen wie Angina Pectoris (Brustschmerzen bei Durchblutungsstörung des Herzens) erfolgreich angewendet.
    Bild 73
    Der Nobelpreis
    Am 27. November 1885 hat Alfred Nobel in Paris sein berühmtes Testament verfasst, das die Vergabe des Nobelpreises bis heute sicherstellt. Darin heißt es:

    »Mit dem ganzen Rest meines Vermögens ist folgendermaßen zu verfahren: Das Kapital, von den Testamentsvollstreckern in sicheren Wertpapieren realisiert, soll einen Fonds bilden, dessen jährliche Zinsen als Preise denen zugeteilt werden, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben.«

    Dass es über 100 Jahre nach seinem Tod einem Forscherteam gelang, den Wirkstoff, aus dem er Dynamit hergestellt hatte, einem gesundheitserhaltenden Nutzen zuzuführen, hätte Nobel sicher mit

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