Zementfasern - Roman
Mimi, die in all den Jahren bisher immer neben Paolo gestanden hatte.
»Aber Paolo und Federico sind zusammen unschlagbar!«, protestierte Arianna, während sie die Badekappe, die sie kurz zuvor während des Sprungs getragen hatte, in der Luft schüttelte.
»Ich bin stärker als die beiden«, erklärte Mimi selbstbewusst.
Noch nass vom Schwimmen hörten Paolo und Federico der Diskussion zwischen Mutter und Tochter über die Aufstellung der Mannschaften stumm zu. Paolo bemühte sich, gerade zu stehen und den Bauch einzuziehen. Als kleines Kind war er zum Schwimmen geschickt worden, weil seine Schulterblätter wie Engelsflügel hervorstanden, doch ihm war diese Deformation nie besonders entwürdigend erschienen, oft schaute er sich im Spiegel an und bewegte nervös die Knochen, die aus der Schulter herausragten. Sie sahen aus wie die Knorpel eines Säuglingsengels, der sich noch entwickeln musste, dem aber ein phantastisches himmlisches Schicksal bestimmt war.
»Ariannas Mutter ist echt scharf«, sagte Federico wie nebenbei und berührte Paolos schmächtigen Rücken.
»Sie ist nicht scharf, sie ist schön.«
»Jedenfalls würde ich es tausendmal mit ihr machen.«
»Mir ist Arianna lieber.«
»Du kapierst wirklich gar nichts, Paolo, Mimi ist eine Frau, Arianna ist ein kleines Mädchen.«
»Sie ist aber auch scharf.«
»Ich will sie mir nicht großziehen, ich will sie erwachsen. Und meiner Meinung nach hat Ariannas Mutter sich hier schon viele großgezogen.«
Aber während Federico so redete, lächelte er der Tochter zu, nicht der Mutter.
»Meiner, meiner, meiner«, trällerte Arianna, die geschlossene Faust vor Federico schwingend. Er tat dasselbe. Nach wenigen Sekunden senkten beide die geöffneten Hände, um ihre Zahlen zu vergleichen.
»Drei.«
»Zwei.«
»Macht fünf. Eins, zwei, drei, vier, fünf, der Ball geht an uns.«
Mimi steckte die Spielmarke in den Schlitz und zog den Hebel zu sich heran. Klackend fielen die weißen Kugeln heraus.
Arianna zählte sie.
»Es sind neun.«
»Das gibt kein Unentschieden!«, rief Mimi siegessicher aus.
»Denken Sie schon an ein Unentschieden, Signora?«
»Nenn mich Mimi, Federico, und mach die Augen auf.«
Und über ihr Gesicht lief ein ungewohnter Schatten, das warnende Vorzeichen, dass sie während des ganzen Matches nicht mehr die hilfsbereite, großzügige Mutter ihrer Freundin sein würde, sondern eine Gegnerin.
Die Spieler nahmen ihre Plätze ein, Mimi suchte sorgfältig den ersten Ball aus, drückte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger, als wäre er aus Gummi, schlug ihn an der Kante auf und warf ihn ins Spiel.
Mimi hielt die Stangen des Mittelfelds und des Angriffs, doch kaum landete der Ball auf der Seite der gegnerischen Angriffsspieler, nahm Federico ihn in Besitz, zielte, ließ die Figuren losschnellen und traf.
»Arianna, heute bist du schwach.«
»Ich weiß nicht, wie man die Verteidigung spielt, Mama.«
»Halt den Torwart fest und beweg ihn nicht, beweg nur die Verteidiger, zieh nicht an der Stange, sonst bleibt das Tor unbewacht, lass mich nur machen.«
Aber Mimis Ratschläge schienen in den Wind gesprochen.
Beim 4:1 stand ihr Entschluss fest.
»Wir wechseln die Plätze, Töchterchen. Bist nicht in Form heute.« Es kam im Dialekt und schroff heraus, Arianna reagierte beleidigt.
Mimi stand nun am Tor, aber auch Paolo auf der anderen Seite des Spielfelds war ein bisschen schlaff, es genügte, am Heer von Federicos Spielern vorbeizukommen. Ein Heer, ja, denn sie waren so stark, schnell und erbarmungslos, dass es Dutzende zu sein schienen. Aber Mimi kannte einen geheimen Trick. Nachdem sie ein paar Bombenschüsse versucht hatte, die nichts bewirkten, außer Federicos Mittelfeld Ehre zu machen, schickte sie den Ball durch ihren Torwart auf eine lange, gekrümmte Bahn. Es war fast ein Pass, bei dem der Ball sich jedoch um sich selbst drehte. Federico staunte und ließ den Ball durchrollen, damit Paolo ihn spielte, doch die Kugel hatte einen so starken Drall, dass Paolo sie nicht einmal streifen konnte. 4:2. Zwei weitere angeschnittene Schüsse und ebenso viele Tore später bückte sich Mimi vor dem schwarzen Spalt des Spieltischs, wo die letzte weiße Kugel herausrollte. Sie nahm sie, küsste sie und legte sie auf den Rand.
»Wer jetzt trifft, gewinnt, um was wetten wir?«
»Ein Bier, Mimi, kaufst du uns ein Bier?«, bettelte Federico und versuchte mit Ellenbogenstößen, Paolos Zustimmung zu bekommen, aber der rührte sich nicht.
»Und
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