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Zenjanischer Lotus (German Edition)

Zenjanischer Lotus (German Edition)

Titel: Zenjanischer Lotus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad
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zurücksinken. Das Bett drehte sich um ihn. Für ein paar Atemzüge war er zu dankbar, dass sein Magen
sich beruhigt hatte, um klar denken zu können. Erst dann blinzelte er mühsam.
    Fragen glitten wie treibende Wolken durch seinen Kopf: „Wo bin ich? Wie bin ich hierher gekommen? Wo ist der Angreifer? Warum habe ich keine Schmerzen? Und verdammt noch mal, warum bin ich
am Leben?“
    Die letzte Frage stellte ein Mysterium dar, das dringend der Klärung bedurfte. Hatte jemand ihn gefunden, bevor es zu spät war? Offensichtlich.
    Sothorn war nicht sicher, ob er sich darüber freute. Einmal sterben hatte ihm gereicht. Der Gedanke, in naher Zukunft ein zweites Mal in einen Zustand vager Todessehnsucht zu geraten,
behagte ihm nicht.
    Er wollte aufspringen und sich umsehen, fand aber nicht ausreichend Kraft. Die Schwäche in seinen Gliedmaßen hatte etwas Erschreckendes. Sie lähmte ihn. Im Nachhinein wusste er
nicht, wie es ihm gelungen war, sich zum Spucken aufzurichten.
    Sothorns Zunge klebte wie ein totes Tier an seinem Gaumen. Er brauchte etwas zu trinken. Hilflos drehte er den Kopf, entdeckte neben sich auf dem Nachttisch einen Krug und bediente sich mit
zitternden Händen. Quellwasser trieb ihm den üblen Geschmack aus dem Mund, traf aber auf einen beleidigten Magen, sodass er Mühe hatte, die Flüssigkeit bei sich zu halten.
    Nach gewonnener Schlacht griff er nach der Wolldecke, die seinen Körper bedeckte, und zog sie fester um sich. Es war keine gute Idee, in einer fremden Umgebung zu schlafen. Doch Sothorn
baute in seiner Schwäche darauf, dass seine Retter ihn nicht zu sich nach Hause gebracht hatten, um ihn im Schlaf zu erdolchen.
    Er versank in den Kaskaden seiner Träume.
    Drei Mal dämmerte er aus dem Schlaf ins Licht, bevor er sich besser fühlte. Jedes Mal war der Eimer neben dem Bett sauber und der Wasserkrug neu gefüllt. Einmal glaubte er, im
    Halbschlaf jemanden seine Decke zurückschlagen zu spüren, aber es gelang ihm nicht, die Augen zu öffnen. Bei einer anderen Gelegenheit wurde ihm ein Gefäß an die Lippen
    gesetzt, aus dem eine zähe Flüssigkeit in seinen Mund rann. Irgendjemand schien ein Interesse daran zu haben, dass er sich erholte. Vermutlich eine gutmütige Bauersfrau, die nicht
    wusste, wen oder was ihr Mann ins Haus gebracht hatte.
    Das Getöse sich zankender Seemöwen riss Sothorn endgültig aus der Umarmung des heilsamen Schlafes. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Durch das in den Stein geschlagene
Fenster drangen Sonnenlicht und die Gerüche des Meeres in den fremden Raum.
    Zum ersten Mal seit seinem vermeintlichen Tod konnte er sich ohne Schwindelgefühle aufsetzen. Seine verklebten Augen tränten, als sie versuchten, seine Umgebung zu erfassen.
    Er befand sich in einer Kammer, deren Wände aus beschlagenem Granit bestanden. Im ersten Augenblick glaubte er, zurück im Anwesen seines Herrn zu sein, der ihn aufgrund seiner
Verletzungen in einem der Gästezimmer untergebracht hatte. Aber das Fenster war zu klein, die Bearbeitung der Wände zu grob, die Möbel zweckmäßig und gepflegt, doch nicht
kostbar genug.
    Jemand hatte sich große Mühe gegeben, dem Zimmer einen freundlichen Anstrich zu geben. Die Matratze in Sothorns Rücken war angenehm weich, die Kissen und die Decke sauber. Wenn
es Ungeziefer gab, hatte es ihn bisher nicht entdeckt. Die Vorhänge am Fenster und am Bett selbst waren mit bunten Kordeln zurückgebunden. Es gab einen winzigen Nachttisch –
kaum mehr als ein Hocker – und eine Kommode mit massiven Schubladen. Direkt unter dem hoch liegenden Fenster duckte sich ein rundes Tischchen, auf dem eine Schale Obst auf ihn
wartete.
    Sothorn runzelte die Stirn, als er die Sträuße getrockneter Wildblumen bemerkte, die vom wollweißen Himmel des Bettes herabhingen. Sie sonderten einen starken, aber nicht
unangenehmen Duft ab.
    Es war warm. Zu warm für eine Kammer im Stein, in der es keine Feuerstelle gab und deren Fenster nur von zwei dünnen Bahnen Stoff abgeschirmt wurde.
    Mit einem eigenartigen Gefühl in der Bauchgegend biss Sothorn sich auf die Unterlippe. Von einem solchen Ort hatte er früher geträumt. Von einem Ort, der nicht von Feuchtigkeit
durchzogen war, an dem es Sonnenlicht gab und frischer Wind die Gerüche der Nacht vertrieb. Nach einem solchen Bett hatte sich sein Rücken verzehrt, wenn er mit schmerzenden Knochen auf
seinen Lumpen lag und der kalte Stein seinem Leib jede Wärme entzog.
    Die Versuchung, sich

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