Zenjanischer Lotus (German Edition)
obwohl ich weiß, dass du der bessere Kämpfer bist?“
Wieder nickte Sothorn und fragte sich, worauf dieses Gespräch hinauslief. Er schätzte es nicht, wenn man mit ihm spielte. Schon gar nicht angesichts seines Todes. Aber es tat ihm auf
lächerliche Weise gut, dass der Fremde seine Meisterschaft im Kampf anerkannte.
Nachdenklich griff der Wargssolja sich ans Kinn: „Weißt du was? Ich mag mein Leben. Und ich werde es nicht für dich in den Staub treten.“
Blitzschnell griff er in sein Wams und holte ein längliches Objekt hervor. Sothorn stockte der Atem, als sich das Blasrohr auf ihn richtete. Er suchte nach Deckung, aber die Lichtung war
ein schutzloser Präsentierteller, den er sich zu seiner Schande selbst ausgesucht hatte.
Das kann nicht sein, heulte es in ihm auf. Das kann er nicht tun.
Aber der Fremde konnte. Er setzte das Blasrohr an den Mund und spie einen Hagel winziger Stacheln in Sothorns Richtung. In der Luft fächerten sie sich auf. Es war unmöglich, ihnen
allen auszuweichen.
„Du Schwein!“, schrie Sothorn, als er die ersten Bisse der Dornen spürte.
Ein Großteil der Stacheln prallte an seiner Lederkleidung ab, doch einige bohrten sich an Hals, Gesicht und Armen in seine Haut. Sofort wurden die getroffenen Stellen taub. Er wusste, dass
ihm die Zeit aus den Fingern rann und ihm nur die Rache blieb.
Blind schleuderte er seine Dolche in Richtung des triumphierenden Mörders; voller Hass, dass dieser sich nicht an den Kodex der Assassinen gehalten und ihn aus der Ferne angegriffen hatte.
Feigling.
Anschließend riss er hektisch die Stacheln aus seiner Haut. Doch es war zu spät. Das Gift kreiste in seinem Blut und benebelte seine Sinne. Aus weiter Ferne hörte er einen
Aufschrei und wusste, dass eine seiner Klingen sein Ziel gefunden hatte.
Stolpernd flüchtete er sich in den Schutz der Insa-Büsche. Er zweifelte daran, dass die Göttin, nach der sie benannt waren, ihm Schutz und Heilung gewähren würde.
Er rollte sich zusammen, während das Gift sich unerbittlich durch seinen Körper fraß. Es tat nicht weh, aber es machte müde.
Als sich der Schleier des Vergessens über ihn senkte, war er nicht einmal unglücklich, auf eine solch ehrlose Weise abzutreten. Ein Gefühl von Frieden ergriff von ihm Besitz. Er
lächelte zaghaft. Es gab schlimmere Orte, um zu sterben.
Während er äußerlich erblindete, sah er vor seinem geistigen Auge die Sümpfe, in denen er seine Kindheit verbracht hatte. Sothorn glaubte, die Stimmen seiner Geschwister zu
hören, die mit seiner Mutter ein Weblied sangen. Seine Mutter. Er konnte sie sehen. Sie und ihre wilde Mähne roter Haare, die seiner so ähnlich war. Ihre festen Arme, die gut rochen
und sich noch besser anfühlten, wenn man sich einen Dorn in den Fuß eingetreten hatte und weinte. Ihre freundlichen Augen, die trotz harter Arbeit weich geblieben war.
Fast konnte er ihre Hand spüren, die ihm über die Stirn strich. Sie sagte etwas, aber er konnte sie nicht verstehen. Dann war sie fort.
Für Sothorn blieben nur der Abgrund und die Dankbarkeit, dass er während seines letzten Atemzuges nach Hause zurückgekehrt war.
Der Bau
Das Universum schwankte und zerbarst in Myriaden funkelnder Saphirsplitter. Feuchtigkeit vermengt mit den scharfen Kanten splitternden Holzes in einem verlorenen Bewusstsein. Der Gestank von
frischem Teer, ein brutaler Angriff auf Nase und Haut. Das Heulen kosmischer Winde über dem Schrei des Raubvogels.
Flüsternde Stimmen der Vergangenheit, heiseres Raunen der Gegenwart.
Sichtbare Schmerzen, hörbare Düfte, zu riechende Laute. Keine Luft in den Lungen, der sehnsüchtige Sprung ins Meer, die Umarmung der Klippen. Splitternde Knochen, platzende
Lungen. Zerstörung des Körpers, Befreiung des Geistes.
Die mannigfaltigen Grüntöne des Sumpfes, gefangen in einem Kaleidoskop des Irrsinns, sich beständig drehend, einen Stollen formend, der gnadenlos in die Tiefe des Ozeans
führte.
Kein Frieden, bevor der Körper nicht den Meeresboden küsste.
Übelkeit.
Verschwitzt fuhr er in die Höhe, beugte sich zur Seite und erbrach sich in den wartenden Holzeimer. Galle und Magensäure rannen ihm durch die Nase, während sein Bauch krampfte und
sein Kreislauf versuchte, dem Wanken seiner Welt Einhalt zu gebieten. Das ungefärbte Leinen des Lakens klebte an seinen nackten Beinen. Ihm war kalt, und gleichzeitig lief ihm der
Schweiß über den Körper.
Als der Würgereiz nachließ, ließ Sothorn sich in die Kissen
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