Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
auf. »Und wie viele danach?«
Zwei Hände, von zwanzig.
»Eine Menge Kinder, die kein OI haben, lassen sich von einem Rollstuhl oder von eurem ungewohnten Aussehen abstoßen. Und es klingt vielleicht wie ein billiger Trost, aber glaubt mir: Mit diesen Kindern wollt ihr ohnehin nicht zusammen sein. Ihr wollt jemanden, den es mehr kümmert, wer ihr seid, als was ihr seid. Und selbst wenn ihr darauf warten müsst, wird es das Warten wert sein. Ihr müsst euch nur auf diesem Kongress umschauen, und ihr seht, dass auch Menschen mit OI sich verlieben, heiraten, Sex haben, schwanger werden … nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge.« Als der Raum wieder in Lachen ausbrach, ging sie durch die Reihen und verteilte Kondome und Bananen.
Vielleicht wurde doch nicht bloß geredet.
Ich hatte Paare gesehen, wo beide OI hatten, und Paare, wo das nur einer hatte. Wenn sich ein Gesunder in dich verknallte, wäre Mom vielleicht nicht mehr so gestresst. Würdest du noch mal auf so einen Kongress gehen und mit einem Jungen wie Adam flirten? Oder lieber mit einem der Typen, die die Rolltreppe unsicher machten? Ich konnte mir jedenfalls nicht vorstellen, dass das sonderlich einfach werden würde – nicht in der Praxis, nicht im Alltag und gefühlsmäßig auch nicht. Ein Typ mit OI hieß für dich doppelte Sorgen, um dich und um ihn.
Andererseits hatte das vielleicht gar nichts mit OI zu tun, sondern nur mit Liebe.
»Ich glaube, wir machen es zusammen«, sagte Adam, und mir blieb plötzlich die Luft weg. Dann wurde mir klar, dass er von der dämlichen Banane und dem Kondom redete. »Möchtest du zuerst?«
Ich riss das Päckchen auf. Kann man den Puls von jemandem sehen ? Meiner pochte jedenfalls wie verrückt.
Ich rollte das Kondom ein bisschen auseinander und stülpte es über die Bananenspitze. Es verhedderte sich total. »Ich glaube, so geht das nicht«, sagte Adam.
»Dann mach du es.«
Er nahm das Kondom wieder ab und öffnete ein zweites Päckchen. Ich sah zu, wie er die kleine Scheibe über der Bananenspitze balancierte und dann mit einer einzigen, fließenden Bewegung entrollte. »Oh Mann«, sagte ich. »Das machst du viel zu gut.«
»Das liegt daran, dass mein Sexleben im Augenblick nur mit Obst stattfindet.«
Ich grinste. »Das fällt mir schwer zu glauben.«
Adam schaute mir in die Augen. »Und mir fällt es schwer zu glauben, dass du keinen findest, der Sex mit dir haben will.«
Ich riss ihm die Banane aus der Hand. »Hast du gewusst, dass die Banane das Reproduktionsorgan der Pflanze ist, auf der sie wächst?«
Gott, ich klang wie ein Idiot. Ich klang wie du mit deinem unsinnigen Wissen.
»Hast du gewusst, dass Trauben explodieren, wenn man sie in die Mikrowelle tut?«
»Wirklich?«
»Aber sicher.« Er hielt inne. »Ein Reproduktionsorgan?«
Ich nickte. »Wie ein Eierstock.«
»Von wo kommst du?«
»New Hampshire«, antwortete ich. »Und du?«
Ich hielt die Luft an, hoffte, dass er vielleicht sogar aus Bankton kam und dort auf die Highschool ging, nicht mehr auf die Junior High, sodass ich ihn deshalb noch nicht gesehen hatte. »Anchorage«, antwortete Adam.
Das passte.
»Du und deine Schwester, ihr habt also beide OI ?«
Er hatte mich mit dir und deinem Rollstuhl gesehen. »Ja«, sagte ich.
»Muss nett sein, jemanden im Haus zu haben, der einen versteht, oder?« Er grinste. »Ich bin ein Einzelkind. Meine Eltern haben nur einen Blick auf mich geworfen und gleich mit der Tradition gebrochen.«
Ich lachte.
Sarah kam an unserem Tisch vorbei und deutete auf die Banane. »Wunderbar«, sagte sie.
Ja, das waren wir … abgesehen von der Tatsache, dass er glaubte, ich hieße Willow und hätte OI .
Hinter uns fand eine spontane Partie Kondomball statt, seit welche ihre Gummis aufgeblasen hatten. »Hey, heißt Willow nicht das Mädchen, dessen Mutter klagt, weil sie OI hat?«, fragte Adam.
»Woher weißt du das?«, fragte ich wie benommen.
»Die ganzen Blogs sind voll davon. Liest du die denn nicht?«
»Ich … ich war beschäftigt.«
»Ich dachte, sie wäre viel jünger, und …«
»Na, da hast du eben falsch gedacht«, unterbrach ich ihn.
Adam legte den Kopf auf die Seite. »Dann bist du es also, ja?«
»Könntest du bitte leise sein?«, drängte ich flüsternd. »Ich meine, ich möchte nicht so gerne darüber reden.«
»Darauf möchte ich wetten«, sagte Adam. »Das ist aber auch wirklich übel.«
Ich stellte mir vor, wie du dich fühlen musstest. Du hattest mal ein paar Dinge vor
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