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Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Titel: Zerelf (Von den Göttern verlassen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabina Schneider
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dem Morgen- und Mittagsunterricht saß Serena auf ihrem kleinen Baumstumpf abseits von der Holzhütte und dem Schulhof. Entfernt von den kleineren Kindern, die sich mit Spielen lachend die Zeit vertrieben. Weg von den Größeren, die sich zu erwachsen für die Kindereien hielten, gelangweilt herumstanden und heimlich neidisch die leuchtenden Gesichter der Jüngeren beobachteten. Serena wusste sie würde nie ein Teil dieser Gruppe sein. Sie war es nicht am ersten Tag gewesen, als Frau Schimmerlin sie geholt hatte, und würde es auch nicht am letzten Tag sein, wenn sie die Schule verließ.
    …
    Kurz nachdem Serenas Vater abgeführt worden war, kam Frau Schimmerlin in das kleine Holzhaus mit dem Fass und dem Spiegel, nahm das kleine Mädchen wortlos bei der Hand und brachte sie zu dem Haus auf dem Hügel. Wie auch die anderen Dorfbewohner mochte sie die Familie des Verräters nicht und die gefühllose Frau jagte ihr eiskalte Schauer über den Rücken. Ihr Pflichtgefühl als Lehrerin jedoch erlaubte es ihr nicht, ein kleines Mädchen für die Sünden ihres Vaters zu bestrafen und seine Erziehung dieser kalten Frau zu überlassen.
    So kam es, dass Serena ein Jahr zu früh eingeschult wurde und mit den älteren Kindern Schreiben und Lesen lernte. Sie meisterte beides schneller als je ein anderes Kind in Krem zuvor. Frau Schimmerlin wusste, dass sie richtig gehandelt hatte, konnte aber das Schaudern, das sie bei der Mutter hatte, auch beim Anblick des ernsten kleinen Mädchens nicht völlig abschütteln. Wer konnte es ihr verübeln? Wie auch die Augen ihrer Mutter, waren die des Mädchens, das nie lachte oder weinte, leer.
    …
    An einem Apfel kauend schaute Serena geistesabwesend aufs Dorf hinunter. Von der kleinen Erhöhung mitten in der Gemeinde, auf dem die Schule erbaut worden war, hatte man einen guten Überblick über die wenigen Häuser, Gärten und Felder, die sich innerhalb der Stadtmauern befanden.
    So schön der Ausblick auch war, wurde der kleine Hügel von den wenigsten Schülern geliebt. Vor allem den Jüngsten kam er wie ein riesiger Berg vor, den sie Tag für Tag neun Jahre lang erklimmen mussten. Neun Jahre war eine lange Zeit. Lesen, Schreiben und Rechnen hatten auch die langsamsten Schüler in der dritten, spätestens vierten Klasse im Blut. Und Frau Schimmerlin, wie ambitioniert sie auch sein mochte, konnte den jungen Leuten ihr ganzes Wissen in einem halben Jahr beibringen, wenn sie sich kurzfasste. Was ihr jedoch selten gelang.
    Die Eltern kannten es nicht anders und die Kinder waren zwischen ihrem sechsten und fünfzehnten Lebensjahr von Zuhause fort und gut in der Schule aufgehoben. Mit sechzehn waren die meisten schon unter der Haube und alt genug, dem jeweiligen Familiengeschäft nachzugehen. WAS sie in der Schule lernten, war nebensächlich, solang sie außer Haus waren, Ruhe im Haus herrschte und alle ihrem gewohnten Tagesablauf nachgehen konnten.
    Serena war bereits vierzehn und hatte nur noch ein Jahr vor sich. Bewusst war ihr das nicht und über die Zukunft machte sie sich keine Gedanken. In der Gegenwart verloren, schweifte ihr Blick von den Häusern, über die Felder zum Dunkelwald, der das Dorf in einem eisernen Griff umschloss. Er schien auch am Tag schwarz und undurchdringlich. Plötzlich wurde Serena aus ihrer Trance gerissen.
    „Ich wollte mich entschuldigen und einen Neuanfang versuchen.“
    Nicht, dass Serena über etwas Bestimmtes nachgedacht hätte. Meist lauschte sie einfach nur den Geräuschen ihrer Umgebung und sog das Gefühl der Sonne, des Windes oder des Regens auf ihrer Haut gierig ein. Wärme, Kälte und Nässe verstand sie und genoss es zu empfinden, wo sonst Leere war.
    Sie verbrachte den Großteil ihrer Zeit damit, Geräusche und Stimmen einzuordnen. Wie das Zwitschern eins Spatzen, das Gurgeln einer Taube oder das Krähen eines Raben, ordnete sie auch menschliche Stimmen nach ihrem Tonfall und ihrer Schwingung bestimmten Gefühlsregungen zu. Serena hatte es sich zum Sport gemacht, die Sprecher und ihre Launen an ihren Stimmen zu erkennen. Serena hatte schon immer Schwierigkeiten gehabt, Stimmungen und Gefühle zu deuten, da sie selbst kaum etwas empfand. Nur in extremen Situationen sendete ihr Körper Signale, die sie nicht verstand. Um ihre Umgebung etwas besser verstehen zu können, hatte sich Serena durch genaues Hinhören und Hinsehen einen Gefühlskanon zusammengestellt.
    Die Stimme, die sie aus ihrer Konzentration gerissen hat, verriet nichts. Sie war aalglatt

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