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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Sie in Wirklichkeit empfinden.«
    Er wandte sich wieder den Geschützen zu, erstaunt darüber, daß er so ruhig sprach, da er doch in der nächsten Sekunde tot sein oder, noch schlimmer, festgeschnallt auf dem Operationstisch liegen konnte.
    Er sah sich die Stellung der feindlichen Rahen an, sie standen so, daß die beiden Fahrzeuge zwangsläufig kollidieren mußten. Die Geschütze legten keinerlei Feuerpause ein, obwohl sie auf kürzeste Entfernung einander direkt beschossen, zum Teil sogar mit glühenden Mündungspfropfen, die beinahe ebenso gefährlich waren wie die Kugeln.
    Plötzlich hörte er neue Geräusche: das ferne Knattern von Gewehrfeuer, das dumpfe Knallen von Einschlägen in Deck, Fallreep oder in den dichtgepackten Hängemattsnetzen.
    Aus dem Großmars hörte er das Bellen eines Schwenkgeschützes und sah eine Gruppe Scharfschützen aus dem feindlichen Kreuzmast stürzen, von einem Kartätschenhagel beiseite gefegt wie we lkes Laub.
    Jetzt konnte man auf der Argonaute einzelne Gesichter erkennen, und Bolitho sah einen Unteroffizier, der einen Scharfschützen auf ihn ansetzte. Der aber wurde von einem Marineinfanteristen gefällt, als er gerade seine Muskete auf Bolitho richtete.
    Er hörte Leute aus dem unteren Batteriedeck herbeieilen, hörte das Klirren von Stahl, als sie die Enterbeile, Entermesser und Piken ergriffen, die Balleine, der Bootsmannsmaat, an sie ausgab.
    »Wir kollidieren Bug gegen Bug.« Bolitho hatte laut gesprochen, ohne es zu wissen. »Nicht viel Zeit.« Er zog seinen Degen und schwang ihn über dem Kopf. »Backbordbatterie, her zu mir!«
    Eine einzelne Kugel krachte durch eine offene Pforte und köpfte einen Seemann, der gerade herbeieilen wollte. Der kopflose Körper stand noch einen Augenblick lang stocksteif da, als überlege er, was zu tun sei. Dann fiel er vornüber und war vergessen, als die Seeleute fluchend und Hurra rufend auf die Back stürmten und nichts anderes mehr sahen als die bereits über ihnen aufragenden fremden Segel und die roten Flammen des Gewehrfeuers.
    Bolitho starrte den ragenden Klüverbaum des Feindes an, der sich jetzt durch den Rauch bohrte und über ihre Back schob, als könne nichts ihn aufhalten. Schon feuerten die ersten Franzosen von oben auf die Trojan herab oder schwangen ihre Waffen, während unter ihnen ihre wildäugige Galionsfigur grimmig und drohend auf das Getümmel herabblickte.
    Mit einer heftigen Erschütterung krachten beide Schiffsrümpfe gegeneinander. Hauend, hackend und stechend schwärmten die Leute der Trojan aus, um die eindringenden Enterer zurückzuschlagen, während von achtern d’Esterres Soldaten ein wohlgezieltes, vernichtendes Feuer auf des Feindes Achterdeck legten.
    Bolitho sprang über einen gefallenen Seemann und schrie: »Hier kommen sie!«
    Ein französischer Enterer versuchte, über die Reling zu klettern, aber ein Schlag mit einem eisernen Belegnagel schleuderte ihn zur Seite; fast gleichzeitig warf ihn ein Lanzenstoß über Bord zwischen die beiden Schiffe.
    Bolitho sah sich plötzlich einem jungen Leutnant mit gezogenem Säbel gegenüber. Sein rechter Arm schoß hoch, die beiden Klingen kreisten trotz des wogenden Kampfes vorsichtig umeinander.
    Der französische Offizier machte einen Ausfall, doch im nächsten Augenblick weiteten sich seine Augen vor Schreck, als Bolitho auswich und den gestreckten Arm des Gegners mit seinem Degen zur Seite schlug. Der Ärmel wurde aufgeschlitzt, und das Blut schoß heraus wie rote Farbe.
    Einen Augenblick nur zögerte Bolitho, hieb dann aber mit voller Wucht auf den Halsansatz oberhalb des Schlüsselbeins und sah den Mann sterben, noch bevor er über Bord fiel und klatschend aufschlug.
    Mehr Seeleute eilten ihm jetzt zu Hilfe, aber bei einer kurzen Blickwendung sah er Quinn noch an derselben Stelle stehen wie vorher, als sei er gelähmt.
    Rauch wirbelte auf und hüllte die kämpfenden und keuchenden Männer ein. Bolitho stellte fest, daß der Wind auffrischte und die beiden Schiffe in ihrer fürchterlichen Umklammerung jetzt rascher vorwärts trieb.
    Eine weitere Gestalt blockierte ihm den Weg, wieder beherrschte der Klang von Stahl alles andere.
    Scharf beobachtete er das Gesicht seines Gegners, parierte distanziert, gefühllos jeden Schlag, erprobte seine Stärke und erwartete jeden Augenblick den tödlichen Stich in seinen Magen, wenn er das Gleichgewicht verlor.
    Andere kämpften neben ihm: Leutnant Raye von den Marineinfanteristen, Joby Scales, der Zimmermann, einen

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