Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
Bein zerquetscht hatte.
    Der arme Kerl jammerte und bettelte noch immer: »Nicht mein Bein, Sir!«
    Eine Flasche wurde ihm zwischen die Zähne geschoben, und als er den Kopf nach hinten fallen ließ, noch würgend an dem unverdünnten Rum, steckte man ihm einen Lederriemen zwischen die Zähne.
    Bolitho sah das Messer aufblitzen und wandte sich ab. Es war grauenhaft, daß ein Mensch so leiden mußte, schreiend und fast an seinem eigenen Erbrochenen erstickend, während seine schrecke rstarrten Kameraden schweigend zusahen.
    Thorndike knurrte: »Zu spät. Schafft ihn an Deck.« Dann griff er wieder zur Flasche. »Der nächste!«
    Neben Bolitho kniete ein Seemann, dem einige große Holzsplitter aus dem Rücken gezogen wurden. Es war der Ausgucksmann Buller.
    Er zuckte vor Schmerz, sagte aber: »Ich habe heute noch mal Glück gehabt, Sir.« Das war alles, was er von sich gab, aber es sprach Bände.
    »Sind Sie in Ordnung, Sir?« Das war Fähnrich Couzens. »Mich schickt der Erste Offizier.« Er wandte sich voller Schrecken um, als jemand tierisch zu schreien begann. »O Gott, Sir!«
    Bolitho reichte ihm die Hand. »Helfen Sie mir auf. Ich muß hinaus.
    « Mühselig taumelte er auf die Füße und klammerte sich wie betrunken an des Jungen Schulter. »Das hier werde ich nie vergessen!
    «
    Stockdale kam ihnen mit vor Sorge zerfurchtem Gesicht entgegen und duckte sich unter dem Decksbalken hindurch.
    »Ich übernehme ihn!«
    Der Weg nach oben war ebenfalls ein Alptraum. Im unteren Batteriedeck hing noch immer Rauch und verbarg barmherzig die schlimmsten Spuren des Kampfes.
    Plötzlich sah er Dalyell mit seinen zwei verbliebenen Fähnrichen Lunn und Burslem. Die drei besprachen mit den Geschützführern, was zu tun war.
    Als Dalyell ihn entdeckte, kam er herübergelaufen, sein offenes Gesicht leuchtete vor Freude.
    »Gott sei Dank, Dick! Ich hatte gehört, du seist tot!«
    Bolitho versuchte zu lächeln, aber der Schmerz in seinem Schädel verhinderte das.
    »Dasselbe habe ich von dir gehört.«
    »Aye. Eine Kanone explodierte, von dem Schlag wurde ich besinnungslos.
    Ohne die Leute neben mir wäre ich jetzt tot.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Der arme Huss! Er war ein braver Junge.«
    Bolitho nickte nachdenklich. Mit neun Fähnrichen waren sie von England abgefahren. Einer war befördert worden, einer in Gefangenschaft geraten, und jetzt war einer gefallen. Das Fähnrichslogis würde in Zukunft ein trauriger Ort sein.
    Dalyell wandte den Blick ab. »Das ist aus des Admirals Strategie geworden. Ein sehr hoher Preis für das, was wir erreicht haben.«
    Bolitho setzte mit seinen beiden Helfern den Weg zum oberen Batteriedeck fort, stand dort einen Augenblick still, atmete tief die frische Luft ein und blickte zum klaren Himmel über dem verstümmelten Fockmast auf.
    Weitere Verwundete wurden hinuntergetragen, und Bolitho fragte sich, wie lange Thorndike wohl noch so weitermachen konnte: schneiden, sägen, nähen, stundenlang. Ihn schauderte. Andere wurden unter die Laufplanken geschleppt, wo sie steif und namenlos darauf warteten, daß der Segelmacher und seine Maaten sie für ihre letzte Reise in Hängematten aus Segeltuch einnähen würden. Was hatte Bunce gesagt? Das Wasser war hier rund dreitausend Meter tief. Eine lange, dunkle Fahrt, aber vielleicht fanden sie dort unten Frieden.
    Bolitho schüttelte sich und wand sich vor stechendem Schmerz.
    Wieder verschwamm alles vor seinen Augen. Das mußte aufhören.
    Cairns erschien, total erschöpft. »Gut, Sie zu sehen, Dick. Ich könnte etwas Hilfe brauchen–«, er zögerte –, »wenn Sie sich kräftig genug fühlen.«
    Bolitho nickte, gerührt davon, daß Cairns, der jetzt so viel um die Ohren hatte, sich die Zeit genommen hatte, im Lazarett nach seinem Befinden fragen zu lassen.
    »Es wird mir nur guttun.«
    Er blickte über das aufgerissene, zersplitterte Deck, wo er noch vor kurzer Zeit gestanden hatte: umgestürzte Geschütze, große Stapel von herabgefallenem Tauwerk und zerrissenen Segeln.
    Männer, die sich wie Überlebende auf einem Wrack ihren Weg durch diese Trümmer bahnten. Wie konnte überhaupt jemand überlebt haben? Angesichts dieses Chaos’ mußte sich das jeder fragen.
    »Wie geht es James?« erkundigte sich Bolitho.
    Cairns Augen blickten finster. »Der Vierte Offizier ist am Leben, glaube ich.« Er klopfte Bolitho auf die Schulter. »Ich muß weiter.
    Sie bleiben hier und unterstützen den Bootsmann.«
    Bolitho ging zur ersten Division der

Weitere Kostenlose Bücher