Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
Pears Augen.
    Coutts fuhr fort: »Die Trojan folgt mir natürlich. In Antigua kann eine volle Reparatur ausgeführt werden, bevor sie wieder zum Geschwader stößt. Ich werde dafür sorgen, daß man dort alles für sie tut und daß auch Ersatz beschafft wird für…«
    Pears unterbrach ihn barsch: »Für all die armen Teufel, die heute ihr Leben lassen mußten!«
    Coutts wurde rot, wandte sich aber weiterhin nur an Bolitho.
    »Ich habe Sie beobachtet, Sie sind aus dem richtigen Holz geschnitzt und besitze n die Fähigkeit, Menschen zu führen.«
    Bolitho sah in Pears grimmiges Gesicht und war erschüttert; es trug den Ausdruck eines Menschen, der soeben seine Verurteilung erfahren hatte.
    »Danke, Sir!«
    »Daher –«, das Wort hing in der feuchten Luft –, »biete ich Ihnen ein eigenes Kommando an, sowie Sie in Antigua eintreffen. Mit mir.«
    Bolitho starrte ihn an. Ihm wurde klar, was das für Pears bedeutete.
    Da Coutts in Antigua oder womöglich schon in New York eintreffen würde, bevor die Trojan den Hafen erreichte, hatte Pears dann niemanden außer Cairns, der für ihn aussagen konnte. Er sollte den Prügelknaben, den Sündenbock abgeben und dafür herhalten, Coutts kostspieliges Abenteuer zu decken.
    Bolitho wunderte sich selbst, daß er ohne zu zögern antworten konnte. Das Angebot bedeutete schließlich die Erfüllung alles dessen, was er sich immer gewünscht hatte: die Versetzung auf ein kleineres, schnelleres Schiff wie «die Vanquisher oder eine Fregatte.
    Mit Coutts Protektion hätte er die besten Beförderungschancen gehabt.
    »Ich danke Ihnen, Sir.« Er blickte Pears an. »Aber mein Platz ist hier unter Kapitän Pears. Ich möchte, daß es so bleibt.«
    Coutts musterte ihn erstaunt. »Was für ein seltsamer Mensch Sie doch sind, Bolitho! Ihre Sentimentalität wird Ihnen eines Tages noch den Hals brechen.« Er nickte kurz und endgültig. »Guten Abend.«
    Benommen stieg Bolitho die Treppe hinunter und in die Messe, die erstaunlicherweise keinerlei Spuren des Kampfes aufwies.
    Cairns folgte ihm einen Augenblick später, ergriff ihn am Arm und rief den Messesteward.
    »Mackenzie, Sie alter Gauner! Den besten Brandy für diesen Offizier hier!«
    D’Esterre erschien mit seinem Leutnant und fragte: »Was ist denn los?«
    Cairns setzte sich Bolitho gegenüber und betrachtete ihn aufmerksam.
    »Was los ist, meine Herren? Ich war soeben Zeuge, wie ein schlechtberatener, aber ehrenhafter Mann sich für das Richtige entschieden hat.«
    Bolitho wurde rot. »Ich – ich wußte nicht…«
    Cairns nahm die Flasche, die Mackenzie ihm reichte, und lächelte traurig.
    »Ich stand draußen und lauschte wie ein Schuljunge.« Er wurde plötzlich ernst. »Das war anständig von Ihnen. Obwohl Pears es Ihnen niemals danken wird, zumindest nicht mit vielen Worten.«
    Cairns hob sein Glas. »Aber ich kenne ihn besser als die meisten.
    Sie haben ihm etwas gegeben, was ihn ein bißchen entschädigen wird für das, was Coutts seinem Schiff angetan hat.«
    Bolitho dachte an den Schoner irgendwo leewärts der Trojan.
    Morgen früh würde er sie verlassen und seine Beförderungschance mit sich nehmen.
    Und er erlebte noch eine Überraschung: Es kümmerte ihn nicht mehr.

Noch eine Chance
    Bolitho stand im Schatten des gewaltigen Großmastes und beobachtete das geschäftige Treiben rund um das Schiff. Es war jetzt Oktober, und seit zwei Monaten lag die Trojan in English Harbour, Antigua, dem Hauptquartier des Karibischen Geschwaders. Eine Menge Schiffe waren hier versammelt und warteten auf Reparaturen und Überholung; bei den meisten sollten jedoch nur Abnutzungsschäden durch Sturm oder Alter ausgebessert werden. Die Ankunft der Trojan, deren Flagge wegen der vielen Toten auf halbmast wehte, hatte beträchtliches Aufsehen erregt.
    Wenn man jetzt ihre straffgespannte Takelage betrachtete, die neuen Wanten und ordentlichen Segel, die säuberlich ausgebesserten Decks, konnte man sich kaum mehr den Kampf vorstellen, der all diese Schäden angerichtet hatte.
    Er beschirmte die Augen, um zur Küste hinüberzublicken: verstreute weiße Gebäude, das vertraute Bild von Monk’s Hill. Eine wahre Prozession von Booten, Werftprähmen und Wasserleichtern war unterwegs, dazwischen die unvermeidlichen Händlerboote, die den unerfahrenen oder törichten Seeleuten ihre zweifelhaften Waren anboten.
    An Bord hatte es eine Menge Änderungen gegeben. Neue Leute kamen von anderen Schiffen, aus England und aus den karibischen Häfen, die alle

Weitere Kostenlose Bücher