Zerfleischt - Der ultimative Thriller
sich die Leute durch Kannibalismus, Kopfjagd und durch Ritualmord so attackiert – ja, es war natürlich etwas Kulturelles, ein Tabu. Und es war tabu, weil genau das in der menschlichen Vergangenheit geiferte. Der Mensch hatte sich endlich davon befreit, hatte es ausgemerzt, war davon entsetzt. Denn jeder sadistische Mord, jeder kannibalische Akt war eine Erinnerung an unsere Vergangenheit, an unsere Entstehung und dorthin wieder zurückzufallen, davor hatten wir Angst.
Aber wie war es passiert? Wie konnte die Dunkelheit der Vergangenheit zurückkehren? Wie hatte die düstere Erinnerung der Menschheit die zivilisierte Welt verschluckt und sie in diese Degeneration hineingetaucht?
Vielleicht ist die Regression in den Primitivismus einfach natürlich. So wie in Europas dunklem Zeitalter, das auf den Zusammenbruch des römischen Reiches folgte und bis zur Renaissance Dinge wie Kultur und Bildung verdrängte. Vielleicht ist das irgendwie vorherbestimmt. Vielleicht war die innere Bestie immer aktiver, als der Mensch dachte, viel näher an der Oberfläche als angenommen, mit gefletschten Zähnen und ausgefahrenen Krallen, zum Angriff bereit. Für die Bestie war es doch einfach, oder? Die Bestie mit ihren grundlegenden Bedürfnissen wie Fressen und Ficken, Jagen und Vermehren, nur vom einen auf den anderen Tag zu leben, um die simplen Triebe der Aggression, der Fortpflanzung und der instinktiven Begierde zu befriedigen.
Die Welt war zu einer Welt von Wilden geworden, von Stammeszugehörigen. Der Beginn eines neuen dunklen Zeitalters war eingeläutet worden. Als hätte die Menschheit die Nase von der Belastung der Zivilisation voll, von Fortschritt und Kultur und Gesetzen, von Habgier und Neid, von religiöser Intoleranz und politischer Korruption; sie wollte in eine Zeit zurückkehren, in der alle Menschen als vollkommen gleich angesehen wurden … in der man nur so erfolgreich wie seine letzte Jagd war, wie die Kinder, die man gebar, wie die Waffen, die man mit seinen eigenen zwei Händen herstellte. Ja, der Ruf der Wildnis. Ein atavistisches Verlangen in jedem Mann, in jeder Frau und in jedem Kind, zurückzukehren in ein Zeitalter der fundamentalen Schlichtheit, in dem das Feuer, das Fleisch röstete und die Höhle wärmte, auch die Welt erleuchtete.
Das Gesetz des Dschungels.
Das Überleben des Stärkeren.
Darwinismus in seiner einfachsten Form.
Das alles ging Macy durch den Kopf. Sie hatte immer intellektuelle Neigungen gehabt und war stolz darauf gewesen. Jeder dämliche Idiot konnte auf dem Spielfeld punkten und jedes Flittchen konnte auf und ab springen und jubeln, aber Denken, richtiges Denken, das war eine Gabe, die mentale Stärke, Disziplin und Energie erforderte. Und als sie das realisierte, realisierte, dass sie immer noch eine Intellektuelle war, wusste sie, dass sie nun absolut am Arsch war.
In dieser neuen Welt der Dunkelheit gab es keinen Platz für Denker.
Sie starrte vor sich hin, beobachtete sie. Man konnte nicht viel mehr tun. Der Rauch hatte sich etwas verzogen und sie wünschte, dass er es nicht getan hätte. Jetzt wurden Dinge sichtbar, die sie nicht anschauen wollte. Über dem Feuer, an einem Dreifuß von etwas, das wie Aluminiumzeltstangen aussah, die mit Isolierband an deren Spitzen gesichert wurden, hing die Leiche eines Jungen. Er wurde geräuchert und anhand des Geruchs – dieses widerlichen Gestanks von angeschwärztem Fleisch – kochte er schon eine Zeit lang.
Macy krümmte sich. Sie hatte Dinge gesehen, Dinge erlebt, war erniedrigt worden, geschlagen und missbraucht worden, aber das konnte sie nicht anschauen … ein Kind, das über dem Feuer räucherte.
Und was als Nächstes passierte, war weitaus schlimmer.
Ein Mann und eine Frau traten an das Feuer. Der Mann hielt ein Messer und die Frau einen Metalleimer in der Hand. Er stupste die Leiche des Jungen mit dem Messer an, ließ sie mit einer langsamen, grausigen Bewegung vor- und zurückschwingen. Das Fleisch des Jungen war stellenweise schwarz verkohlt, sein Bauch war pink-gelb aufgedunsen und glänzte wie der eines Spanferkels. Der Mann stieß das Messer in ihn hinein und heißer Saft floss ins Feuer und brutzelte. Mit dem Messer begann der Mann Fleischscheiben abzuschneiden, indem er sie absägte. Diese warf er in die Menge. Er hackte die Genitalien des Jungen ab und ließ sie in den Eimer fallen. Dann löste er das Fleisch von dem Bauch und der Brust, tranchierte es vorsichtig, bis es sich in einer einzigen Scheibe
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