Zerfleischt - Der ultimative Thriller
war an einem Herzinfarkt gestorben, als sie fünf war, und obwohl sie sich nicht genau erinnern konnte, wie ihre Mom davor war, glaubte sie ziemlich sicher, dass ihre Mom damals keine Säuferin war. Dass sie in der Lage gewesen war, einen Job auch länger als zwei oder drei Monate durchzustehen. Und dass sie zu der Zeit nicht mit jedem, den sie zufällig in der Bar traf, geschlafen hatte.
Das hoffte sie zumindest.
Aber um ehrlich zu sein, war es inzwischen ziemlich schwer zu sagen, wer die Erziehung übernommen hatte. Es gab nur sie beide und Mom lief gewöhnlich verkatert herum, womit so ziemlich alles an Macy hängen blieb. Sie übernahm generell das Kochen, das Wäschewaschen und den Hausputz. Sie war diejenige, die das Haushaltsgeld verwaltete, wenn sie überhaupt Geld hatten. Wenn etwas gemacht werden musste, fiel es auf Macy. Sie kannte den Tratsch in der Nachbarschaft, das übliche Lästern, Mom sei eine betrunkene Hure und dass Macy ohne wirkliche elterliche Aufsicht bald genug in ihre Fußstapfen treten würde. Der Apfel fällt ja nicht weit vom Stamm, sagt man.
Aber sie lagen alle falsch.
Macy trank nicht, rauchte nicht, nahm nie Drogen – und mit 16 war sie im Gegensatz zu Chelsea Paris, Shannon Kittery und dem Rest dieser Tussi-Clique noch Jungfrau. Was die Jungfräulichkeit anging, nun, da hatte es ziemlich wenige Gelegenheiten gegeben, auch weil sie keine Sexbombe war, die schon in der 8. Klasse die ganze körperliche Entwicklung hinter sich hatte. Trotzdem, selbst wenn sie wie Chelsea oder Shannon gewesen wäre, glaubte sie nicht, dass sie so schnell wie sie mit jemandem in die Kiste gesprungen wäre. Das Gleiche galt für Alkohol und Drogen und die ganzen anderen verschiedenen Versuchungen, die Teenager üblicherweise ins Unglück führen.
Macy interessierten solche Dinge nicht, weil sie sich dagegen entschieden hatte.
Vielleicht besaß sie Selbstbeherrschung und vielleicht besaß sie Selbstachtung und vielleicht war sie emotional reifer als andere in ihrem Alter. Trotzdem setzte sie sich selbst einen hohen Maßstab und fragte sich manchmal, ob es an ihrer Mutter und ihrem Vater lag. Was ihre Mutter anging, schämte sich Macy wirklich – sie hatte kein Verlangen danach, wie sie zu sein. Und was Dad betraf, hatte Macy nie die Chance gehabt ihn richtig kennenzulernen, aber sie fühlte, dass sie es seinem Andenken schuldig war, einen Weg einzuschlagen, der ihn stolz gemacht hätte.
Natürlich gab Macy das vor keinem zu, geschweige denn vor Mom.
Denn Mom redete nicht gerne über Dad. Wann immer sein Name fiel, versank sie in einem ihrer Löcher und der Einzige, der sie da herausholen konnte, war Jim Beam. Macy dachte manchmal, Mom wollte, dass sie verlotterte, dass sie viel glücklicher wäre, wenn ihre einzige Tochter abstürzte und aufhörte so ein »Gutmensch« zu sein, wie sie sie oft nannte.
Verstand man das unter Erziehung?
Allerdings würde Mom ihre Freude daran haben, was heute vorgefallen war. Macy griff ein anderes Mädchen an und wurde suspendiert – lieber Gott, suspendiert – eine Ermittlung stand bevor. Macy hatte das seltsame Gefühl, dass Mom lachen würde, wenn sie es hörte, etwas Blödes sagen würde, wie tja, tja, du bist am Ende doch nur wie der Rest von uns, oder?
Und darum ging es doch, oder?
Macy wollte nicht wie der Rest sein.
Sie arbeitete hart, lernte viel, setzte sich hohe Maßstäbe … und jetzt war alles eingestürzt. Sie hatte Chelsea Paris angegriffen. Von allen unmöglichen, unerklärlichen Sachen ausgerechnet so was.
Das würde man ihr nie vergessen.
Als sie die 7. zur Hälfte hinuntergelaufen war, schaute Macy plötzlich auf.
Schaute auf und konnte nicht glauben, was sie sah …
14
Die Hack-Zwillinge Mike und Matt standen auf dem Gehsteig bei einem Steinhaufen und schleuderten lässig Steine auf einen am Bordstein geparkten Minivan. Macy stand nur da und beobachtete, wie die Jungs einen Stein nach dem anderen warfen. Die Fenster sahen durch die Einschläge aus wie Spinnennetze, die Türen und Seitenwände waren schon verkratzt und eingedellt.
Macy konnte es nicht glauben.
Sie hatte in den letzten drei Jahren als Babysitter ab und zu auf die beiden aufgepasst. Im Grunde genommen waren sie Monster, aber sie waren nicht mutwillig zerstörerisch wie in diesem Fall.
»Mikey!«, rief sie laut. »Matt! Was macht ihr denn da?«
Sie sahen zu ihr hinüber, lächelten und warfen weitere Steine. Die Einschläge waren laut genug, dass jeder in der
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