Zero Day
wahr, Mrs. Baffle. Ich werde mich bessern.«
»Ich bete für Sie, Sam.«
»Danke, ich kann’s gebrauchen.«
»Geradezu dörfliche Verhältnisse, was?«, meinte Puller, während die Alte davonschlurfte.
»Mit allen Vor- und Nachteilen«, antwortete Cole. Sie setzten den Fußweg fort. »Wenigstens wissen wir schon einmal«, sagte sie gleich darauf, »dass die Mörder der Familie Reynolds es nicht auf die militärischen Unterlagen abgesehen hatten, sonst hätten sie den Laptop und die Aktentasche mitgenommen. Das dürfte ausschließen, dass wir es mit einem Spionagefall zu tun haben.«
Puller schüttelte den Kopf. »Man kann den Festplatteninhalt eines Laptops auf ein externes Speicherelement laden. Dann muss der Rechner nicht geklaut werden. Haben Sie rein zufällig gesehen, ob sich etwas in der Aktentasche befand?«
Cole mimte Befremden. »Du meine Güte, Puller, ich, ohne RGDB -Erlaubnis? So etwas käme mir nie in den Sinn. Man könnte mich des Hochverrats beschuldigen.«
»Na schön, geschieht mir ganz recht. Aber haben Sie was gesehen?«
»Die Tasche ist mit einem Zahlenschloss gesichert. Ich wollte es nicht knacken, es ist also in unberührtem Zustand.«
»Jemand beschattet uns«, sagte Puller, hielt den Blick jedoch nach vorn gerichtet. »Seit drei Häuserblocks. Zwanzig Meter hinter uns.«
Auch Cole schaute weiterhin nach vorn. »Vielleicht nehmen sie einfach den gleichen Weg wie wir. Wie sehen sie aus?«
»Älterer Mann im Anzug. Schwammiger Bursche über zwanzig in ärmellosem T-Shirt und mit großer Tätowierung am rechten Arm.«
»Gehen sie zusammen?«
»Sieht so aus. Die beiden saßen im Restaurant und haben uns die ganze Zeit beobachtet, allerdings von verschiedenen Tischen aus.«
»Folgen Sie mir.«
Cole wandte sich nach links und machte Anstalten, die Straße zu überqueren. Sie ließ ein Auto vorbei; dann spähte sie nach beiden Seiten, scheinbar um auf den Verkehr zu achten, und ging über die Straße. Puller folgte ihr. Auf der anderen Straßenseite wandten sie sich nach rechts und hielten sich in derselben Richtung wie vorher.
»Kennen Sie die Kerle?«, fragte Puller.
»Der Mann im Anzug ist Bill Strauss.«
»Und was treibt Bill Strauss?«
»Er ist Geschäftsführer bei Trent Exploration. Die Nummer zwei nach Roger.«
»Und der Massige?«
»Sein Sohn Dickie.«
»Dickie?«
»Von mir hat er den Namen nicht.«
»Und was macht Dickie? Arbeitet er auch bei der Trent Exploration?«
»Nicht dass ich wüsste. Eine Zeit lang war er in der Army.«
»Wissen Sie, wo?«
»Nein.«
»Na schön.«
»Was nun?«
»Ach, wir werden bald erfahren, was sie von uns wollen.«
»Wieso?«
»Sie holen auf«, sagte Puller.
Gewohnheitsmäßig drehte er den Oberkörper nach links und ließ den rechten Arm locker baumeln. Er senkte das Kinn, wandte den Kopf um fünfundvierzig Grad nach links und nutzte das seitliche Blickfeld zum Rückwärtslauern aus. Jetzt bewegte er sich auf den Fußballen vorwärts, verteilte sein Gewicht zu gleichen Teilen auf die Füße, um mit ausbalancierter Effektivität in jede Richtung agieren zu können. Wegen des Älteren sorgte er sich nicht. Bill Strauss war über fünfzig und ein Schwabbel. Puller hörte, dass dem Mann infolge des raschen Ausschreitens die Lunge pfiff.
Mit dem tätowierten Dickie verhielt es sich etwas anders, aber auch in ihm sah Puller keinen Anlass zur Beunruhigung. Er ging, wie er jetzt erkannte, auf die dreißig zu, maß augenscheinlich knapp über eins achtzig und wog wohl um die hundert Kilo. Nach dem Verlassen der Armee musste er gehörig Fett angesetzt haben, doch den Infanteristenhaarschnitt und ein paar Muskeln hatte er behalten.
»Sergeant Cole?«, schnaufte Strauss.
Puller und Cole drehten sich um und warteten. Strauss und sein Sohn kamen zu ihnen gestapft. »Hallo, Mr. Strauss«, begrüßte Cole ihn. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
Strauss hatte eine Größe von etwas unter eins achtzig und ungefähr fünfzehn Kilo Übergewicht. Er trug einen Canali-Streifenanzug mit weißem Oberhemd und losem blauem Schlips. Sein Haar war größtenteils weiß und länger als die Haare seines Sohnes. Er hatte ein faltiges Gesicht, besonders rings um den Mund. Seine Stimme klang heiser. Puller sah eine rot-weiße Packung Marlboro aus der Brusttasche des Jacketts ragen und Nikotinverfärbungen an seinen Fingern.
Lungenkrebs im Verzug, Mr. Schwabbel.
Sein Sohn hatte ein pummeliges Gesicht, und zu viel Sonnenstrahlung hatte die Wangen gerötet. Als
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