Zerwüteter Pakt (German Edition)

der Zeit ist. Ich alter´ zum Beispiel nur ganz langsam.« Gloria durchflutete plötzlich eine Idee, wollte sich jedoch nichts anmerken lassen. »Sag´ mal, gibt es eigentlich auch männliche Hexen?« Melina lachte. »Ja klar. Warum?« Gloria durchfuhr die Spannung bis in die Haarspitzen. Sollte sie Kirts Geheimnis an diesem unscheinbaren Tag auf die Schliche kommen? »Was machen Hexen denn überhaupt den ganzen Tag? Ich meine… Welches sind ihre Aufgaben?«
    »Tja, wie soll ich das am besten erklären? Hexen sorgen in der Tat für den Zauber in eurem Leben.« Dabei schmunzelte Melina, wodurch sich ein kleines Grübchen bei ihrem Kinn bildete. »Wir sind das Salz in der Suppe, der Zauber in den wichtigsten Momenten deines Lebens… Wir bringen erst so richtig Pepp ins Leben, verstehst du?« – Nein, eigentlich verstand Gloria so gar nicht, was Melina meinte. Sie fühlte sich vielmehr an die Aufgaben der Blutengel erinnert. Aber immerhin waren Blutengel soziale Wesen und außerdem kannte Melina Maribell!
    »Das Dasein als Hexe hat allerdings auch einen Haken.« Interessiert taxierte Gloria Melinas Blick und bohrte nach. »Ach ja…? Welchen?« »Wie ich schon sagte: Du alterst nur sehr langsam. Menschen sterben irgendwann, aber als zwischenirdisches Wesen lebst du schon etwas länger. Deswegen meide ich den näheren Kontakt zu Menschen – vor allem zur männlichen Sorte.« Sie grinste, doch dann formte sich plötzlich eine missmutige Miene auf ihr Gesicht. »Das macht leider nur Probleme. Man gehört weder zu den Menschen, obwohl man fast täglich unter ihnen lebt… Noch ist man bei den zwischenirdischen Wesen richtig zu Hause. Man hat ja kaum Berührungspunkte – zum Beispiel mit Engeln. Klar, ich weiß alles über sie und die Gesetze, aber ich bin eben nicht so etwas Großes wie ein richtiger Engel.«
    Unsicher schaute sie Gloria an und fuhr fort: »Engel bilden sich manchmal ganz schön was auf ihren Status ein. Maribell ist da anders, aber sie ist ja auch schon sehr alt. Vielleicht wird man im Alter ruhiger oder diplomatischer. Wahrscheinlich ist sie nicht ohne Grund zu einem waschechten Blutengel geworden.« Melinas Miene verriet einerseits einen Hauch von Sehnsucht, andererseits machte sie nicht den Eindruck, neidisch zu sein.
    »Fakt ist – als Hexe steht man immer zwischen den Grenzen.« Melina schien entmutigt, während Gloria sie anschaute. »Du wirkst nicht gerade stolz. Warum?« Melina zuckte mit den Schultern. »Na ja, wir sind ein bisschen wie Vagabunden: Überall und nirgendwo. Mal hier, mal dort. Du hast nichts und du bist nichts – zumindest wenn man sich mit Engeln vergleicht. Aber immerhin… zwischen-irdisch.« Sie zuckte wieder mit den Schultern und ergänzte: »Für mich reicht´s.« Gloria nickte. Kirt war ähnlich gewesen. Er kannte alle Gesetze der Welten. Er war im Stande, jegliche Grenze zu überschreiten, aber er hatte nie den Eindruck gemacht, als gehörte er zu den Engeln, die er ihr bis ins Detail erklärte.
    Melina riss Gloria aus ihren Gedanken: »Hab´ ich dich jetzt verschreckt?« Gloria schaute sie zögerlich an. »Warum?« »Du sagst nichts mehr…« »Ich habe nur nachgedacht… Ist es eigentlich egal, was für eine Art zwischenirdisches Wesen man ist? Ich meine… Können alle diese Wesen zusammenleben?« Melina lächelte. »Worauf willst du hinaus? Klar können alle Wesen zusammen sein. Wichtig ist nur, dass das Geheimnis dieser Welten gewahrt wird. Und genau das ist der Punkt, den ich bei dir nicht verstehe. Es gab noch nie einen Menschen, der so viel über uns wusste und trotzdem nicht Teil von uns war.«
    Melina schaute Gloria erstaunt an, doch Gloria wollte ihr As definitiv nicht aus dem Ärmel ziehen. Schließlich beantwortete Melina auch so ihre Fragen und Kirt kannte sie eh nicht. »Gibt es eigentlich eine Möglichkeit, zu einem zwischenirdischen Wesen zu werden? Ich meine… Du wurdest doch nicht zwischenirdisch geboren, oder?« Interessiert schaute Gloria Melina an, die den Braten sofort roch. »Vergiss es! Lass das lieber.« Gloria grinste und trieb Melina in die Enge. »Dann sag´ mir doch, warum du ein zwischenirdisches Wesen geworden bist.«
    Melina schaute Gloria nachdenklich an und wirkte regelrecht in sich gekehrt. »Im Nachhinein weiß ich nicht, ob ich ein zweites Mal eine Hexe sein wollte.« »Wieso?« Melina wirkte plötzlich regelrecht betrübt. »Ich hatte eine richtig schöne Familie. Aber wie du ja bereits weißt, gibt es einen dicken Haken am